Verhandlungen in Budapest Ungarn hofft auf Milliardenhilfen von EU und IWF
Ungarn kämpft seit Monaten gegen die Staatspleite an und hofft auf Hilfen von EU und IWF. Doch die Geber stellen Bedingungen, wie jüngst beim umstrittenen Notenbankgesetz. Die Regierung Orban fügte sich zähneknirschend - und machte den Weg frei für neue Verhandlungen.
Ungarn kämpft seit Monaten gegen die Staatspleite an und hofft auf Hilfen von EU und IWF. Doch die Geber stellen Bedingungen, wie jüngst beim umstrittenen Notenbankgesetz. Die Regierung Orban fügte sich zähneknirschend - und machte den Weg frei für neue Verhandlungen.
Christoph Peerenboom, ARD-Hörfunkstudio Südosteuropa
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban ist es merklich unangenehm, dass sein Land so dringend Geld von außen braucht. Er, der sonst so gerne die Stärke und Unabhängigkeit Ungarns betont, will auf keinen Fall als Bittsteller erscheinen - und auch nicht selbst verantwortlich sein für die Finanzmisere. Die Schuld dafür sucht Orban daher woanders: "Die Frage heißt doch, wie wird die Eurokrise von den europäischen Ländern gemanagt. Diese Krise ist nicht von uns ausgegangen, sondern von der Eurozone, und zu der gehören wir nicht. Trotzdem leiden wir unter dieser Krise."
Ungarn leidet, auch ohne den Euro
In der Tat: Ungarn leidet, auch ohne Euro. Der Staatshaushalt steckt tief in den roten Zahlen, die Wirtschaft schrumpft, die Rating-Agenturen haben das Land auf Ramschniveau heruntergestuft. Entsprechend hohe Zinsen muss Ungarn am Kapitalmarkt zahlen.
Somit traf es die ungarische Regierung hart, als Europäische Union und Internationaler Währungsfonds die Gespräche über neue Kredite vor einigen Monaten auf Eis legten. Grund für den Abbruch damals waren die vielen Konflikte, die Orbans Regierung mit Brüssel austrug. Vor allem die Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank war in den Augen von EU und IWF in Gefahr. Frisches Geld sollte erst wieder fließen, wenn das umstrittene Gesetz geändert wird. Und genau das hat das Parlament in Budapest Anfang des Monats getan. Der Druck in Sachen Zentralbank hat also gewirkt.
Der "Wir sind zu der Einsicht gekommen, dass wir nicht weiterverhandeln können, ohne die Forderungen zu erfüllen. Deswegen haben wir reagiert und einen Kompromiss erreicht, der für alle Seiten günstig ist", sagte der Chefunterhändler der ungarischen Regierung in Sachen IWF, Mihaly Varga. Auch EU und IWF sehen das so: Sie halten die Zentralbank wieder für ausreichend gestärkt gegenüber der Politik.
Wenig kompromissbereit in Justizangelegenheiten
Und deshalb wird nun weiterverhandelt über neue Finanzhilfen. Auch wenn der Streit zwischen Brüssel und Budapest auf anderen Gebieten noch lange nicht beendet ist, bei der Unabhängigkeit der Justiz und der Datenschutzbehörde zum Beispiel. Hier zeigt sich Regierungschef Orban nämlich weit weniger kompromissbereit als in Sachen Zentralbank.
Und auch die Gespräche über die neuen Kredite könnten noch schwierig werden, sagt der ungarische Finanzanalyst Istvan Madar. Denn de facto wolle die Regierung zwar das Geld - aber sich in ihre Haushaltspolitik nicht hineinreden lassen. Was wohl nicht funktionieren wird, meint Madar: "Ungarn kann sich vom IWF genauso einen Kredit erhoffen, wie wir ihn schon 2008 erhalten haben. Und genauso wird Ungarn dann vierteljährlich kontrolliert. Die Wirtschaft und die Wirtschaftspolitik werden genau unter die Lupe genommen."
Ministerpräsident Orban jedenfalls versuchte kürzlich, die Bedeutung der internationalen Finanzhilfen insgesamt herunterzuspielen. "Wir brauchen den Kredit, um unsere Position zu verbessern - und nicht zum Überleben", sagte Orban. Die Verhandlungen dürften noch eine ganze Weile dauern.