Fälliger Kredit wird nicht bedient Ukraine stoppt Rückzahlung an Russland
Mehr als drei Milliarden Dollar müsste die Ukraine am Sonntag an Russland zurückzahlen. Doch die Regierung in Kiew beschloss nun, kein Geld zu überweisen. Den von der Ukraine geforderten Schuldenschnitt lehnt der Kreml aber ab und will klagen.
Die Ukraine hat die Rückzahlung der am Wochenende fälligen Kredite an Russland gestoppt. Die russische Regierung betrachtet die Ukraine damit faktisch als zahlungsunfähig. In der Regel wird von einem Staatsbankrott gesprochen, wenn die führenden Ratingagenturen die Zahlungsunfähigkeit eines Landes feststellen. Dies geschieht aber meist nur, wenn fällige Zahlungen an private Geldgeber nicht fristgerecht erfolgen.
Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk erklärte in einer Kabinettssitzung, dass sein Land die Rückzahlung der am 20. Dezember fälligen Milliardensumme aussetze, bis Russland einer Umschuldung zustimme. "Vom heutigen Tage an werden die Rückzahlungen dieser Schulden in einer Gesamthöhe von 3,582 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 3,31 Milliarden Euro) eingestellt", sagte Jazenjuk. Der Großteil von 3,075 Milliarden US-Dollar bezieht sich auf Euro-Anleihen, die Moskau im Dezember 2013 erworben hatte. Die neue ukrainische Regierung erkennt diese Schulden nicht an. Sie deutet den Kredit als Gefälligkeit Russlands für den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Der Rest sind Schulden des Raketenbauers Piwdenne und des staatlichen Straßenbauunternehmens Ukrawtodor.
Streit um Beteiligung an Schuldenschnitt
Die ukrainische Regierung verlangt von Russland, sich an einem Schuldenschnitt in Höhe von 20 Prozent zu beteiligen, der mit einer Gruppe privater westlicher Gläubiger vereinbart worden war. Diese erhalten dafür höhere Zinsen und Anteile am erwarteten Wirtschaftswachstum über einen Zeitraum von 20 Jahren. Russland beharrt dagegen auf der Rückzahlung der kompletten Summe. Das im November vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vorlegte Angebot, die Rückzahlung unter westlichen Garantien auf drei Jahre zu strecken, hatte die Ukraine abgelehnt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) räumte der Ukraine im März Kredithilfen in Höhe von 17,5 Milliarden Dollar ein. Um dieses Geld auch im Falle einer ausbleibenden Rückzahlung des russischen Kredits fortsetzen zu können, änderte der IWF Anfang des Monats seine Kreditregeln. Bislang durfte der Währungsfonds einem Land kein Geld leihen, das Kredite einer anderen Regierung nicht zurückzahlt. Wenn die Ukraine ihre russischen Schulden nicht fristgerecht begleicht, hätte der IWF also seinen eigenen Kredit aussetzen müssen. Dies ist nach den neuen Regeln nicht mehr vorgeschrieben.
Beide Seiten vor drohendem Rechtsstreit entschlossen
Sollte die Ukraine die am Sonntag fälligen Anleihen nicht fristgerecht an den Kreml zurückzahlen, kann Russland binnen zehn Tagen vor Gericht ziehen. Das Präsidialamt in Moskau kündigte bereits juristische Schritte gegen die Regierung in Kiew an. Der Rechtsstreit müsste in London ausgetragen werden. "Wir sind bereit für gerichtliche Prozeduren mit der russischen Seite", sagte Jazenjuk. Der russische Vize-Finanzminister Sergej Stortschak erklärte: "Als beklagte Seite haben die ukrainischen Kollegen keine Chance, den Prozess zu gewinnen."