Regierung krempelt Finanzsektor um Spanien nimmt die Banken in die Pflicht
Die spanische Regierung will die Krise im eigenen Land endlich in den Griff bekommen und krempelt dafür den eigenen Banken-Sektor um. In Zukunft soll jedes Institut seine faulen Papiere in eine eigene Bad Bank auslagern - und zusätzlich deutlich höhere Rücklagen bilden.
Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid
Auf die spanischen Banken kommen zusätzliche Belastungen zu - und sie müssen innerhalb eines Monats darlegen, wie sie die neuen Auflagen erfüllen wollen. Experten der spanischen Notenbank sollen dann einschätzen, ob die vorgelegten Sanierungspläne realistisch sind. Im Notfall wird der Staat Not leidenden Instituten mit Krediten aushelfen.
Das ist einer der beiden großen Aspekte der neuerlichen Reform des spanischen Finanzsektors, die Wirtschaftsminister de Guindos nach der Kabinettssitzung vorstellte. "Was wir hier tun ist - wie ich glaube - wirkungsvoll, weitreichend und entschieden Vorsorge zu treffen, auch für Kredite, die zur Zeit nicht als ausfallgefährdet im Immobiliensektor eingeschätzt werden. Was wir tun, ist eine hypothetische Verschlechterung dieser Portfolios vorweg zu nehmen, um so alle Zweifel auszuräumen", sagte de Guindos weiter.
30 Milliarden Euro zusätzliche Rückstellungen
Spanische Banken sind bereits verpflichtet, sich gegen den endgültigen Ausfall so genannter toxischer Kredite im Immobilienbereich durch Rückstellung in Höhe von gut der Hälfte deren Wertes abzusichern. Nicht-toxische Kredite mussten bisher nur zu sieben Prozent abgesichert werden. Diese Quote erhöht die Regierung nun auf 30 Prozent.
Die zusätzlichen Rückstellungen würden die Bilanzen der spanischen Banken voraussichtlich mit gut 30 Milliarden Euro belasten, so der Wirtschaftsminister. Sollten Institute die Rückstellungen aus eigener Kraft nicht erreichen können, ohne dass ihre Eigenkapitalquote unter die vorgeschriebenen acht bis zehn Prozent sinke, werde der spanische Bankenrettungsfonds mit Krediten einspringen.
Die Zinsen dafür sollen etwa doppelt so hoch liegen, wie die, zu denen sich Spanien derzeit Geld an den Märkten beschaffen kann. Dies gehe aber nicht zu Lasten der Steuerzahler und erhöhe auch nicht das Haushaltsdefizit, so de Guindos: "Die etwa fünf Milliarden Euro, die der Rettungsfonds derzeit umfasst, sind bereits in den Haushalt eingerechnet. Wir schätzen, dass wir deutlich weniger in den Bankensektor schießen müssen, als die 15 Milliarden Euro der Vorgängerregierung."
Banken sollen Verluste im Immobiliengeschäft auslagern
Die zweite wesentliche Komponente der Reform betrifft die tatsächlichen Immobilienwerte, die die Banken nach dem Platzen der Immobilienblase angehäuft haben und die sie zu den ursprünglich kalkulierten Preisen nicht auf den Markt bringen können.
Diese physischen Werte sollen in externe Gesellschaften ausgegliedert werden und so samt Risiko aus den Bilanzen der Banken verschwinden. Jede Bank soll in Zukunft verpflichtet sein, eine Gesellschaft einzurichten, die die physischen Immobilienwerte aus der Bilanz nehmen soll, so de Guindos.
Bisher hatten es viele Finanzinstitute vermieden, Verluste zu realisieren. Stattdessen spekulierten sie darauf, ihre Immobilien in einigen Jahren mit weniger Verlust verkaufen zu können.
Experten sollen Spaniens Banken durchleuchten
Aus diesem Grund sind die Haus- und Wohnungspreise in Spanien nach dem Platzen der Immobilienblase weit weniger gesunken, als von Experten angenommen. Die Regierung will die Banken jetzt zwingen, die Wohnungen zu niedrigeren Preisen anzubieten und Verluste aus den bisherigen Rückstellungen zu kompensieren.
Nicht zuletzt auf Druck der EU-Kommission will die Regierung außerdem die gesamte Kreditabsicherung der spanischen Banken von unabhängigen Experten durchleuchten lassen, erklärt de Guindos: "Zwei Prüfer werden sämtliche der in den spanischen Banken vorgesehenen Absicherungen für Kreditausfälle untersuchen. Es wird nicht ein, sondern zwei Gutachten geben, was unterstreicht, dass die spanische Regierung überzeugt von der Liquidität der Banken ist."