Veröffentlichungen der "Selfpublisher" Selbst ist der Autor
Auf der Frankfurter Buchmesse präsentieren die Verlage ihre Neuerscheinungen. Doch immer mehr Autoren verlegen ihre Werke selbst - wofür es gute Gründe gibt.
Einmal im Leben selbst ein Buch schreiben, davon träumen viele Menschen. Und immer mehr machen es auch. Doch viele schreiben nicht nur ein Buch, sondern bringen es sogar noch selbst auf den Markt. Sie heißen "Selfpublisher" - und ihre Zahl wächst.
Einer von ihnen ist Joachim Engel aus Schweinfurt. Er hat bisher fünf Romane und Kurzgeschichten in Mundart geschrieben - und er veröffentlicht seine Werke eigenständig. Sein Manuskript einfach an einen Verlag zu senden, erschien ihm aussichtslos. "Verlagshäuser werden mit Texten überschwemmt, man kann vermuten, dass sie dort nicht einmal mehr gelesen werden", sagt er.
Ohne Agent ist es schwer
Und Engel sah noch eine weitere Hürde. "Ich habe oft gehört, dass man seine Bücher ohne einen Agenten überhaupt nicht mehr auf den Markt bringen kann." Das bestätigt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
Bei 70.000 Neuerscheinungen pro Jahr mache die Hilfe eines Agenten Sinn, der "in der Branche bereits Fuß gefasst hat und einen Verlag für einen Autor anspricht", so der Landesverband Bayern.
Besser auf eigene Faust
Für seinen ersten Roman wollte Engel noch mit einem kleinen Verlag in Franken kooperieren. "Doch der Verleger verlangte 2.500 Euro Startkapital." Im Gegenzug sollte Engel für jedes verkaufte Exemplar einen Euro bekommen. "Damit hätte ich mehrere Tausend Bücher verkaufen müssen, um zumindest meine Investitionen auszugleichen." Das erschien Joachim Engel weder realistisch noch lukrativ, zumal er selbst noch Werbung und Vertrieb seines Buches organisieren sollte.
Seitdem setzt er auf "Book on Demand" (BoD). Für ihn ist das nicht anders, als "wenn man ein Fotobuch erstellt und ausdruckt". Engel macht alles selbst, auch die Gestaltung und das Cover. "Am Ende ein Klick, ich zahle 25 Euro an BoD, werde bei Amazon gelistet, und anschließend kann jeder mein Buch dort oder bei einer Buchhandlung kaufen." Dazu kommen später noch Kosten, um die Daten für die Druckvorlage zu erhalten.
Verband gewinnt viele Mitglieder
Engel ist seit vier Jahren auch Mitglied in der "Gruppe Schweinfurter Autoren", die seit fast 30 Jahren existiert. Keiner der zehn Mitglieder ist Profi-Schriftsteller. Wer Selfpublishing betreibe, "will einfach, dass sein Buch auf den Markt kommt", sagt Johanna Bonengel, Sprecherin der Gruppe.
Wie viele Autorinnen und Autoren ihre Bücher, wie Joachim Engel, mittlerweile selbst auf den Weg bringen, ist schwer zu beziffern. Nach Auskunft des Verbandes der Selfpublisher gibt es dazu keine genauen Zahlen. Ein Fingerzeig sei allerdings die wachsende Zahl ihrer Mitglieder. Sie stieg im ersten Halbjahr 2023 von 1.200 auf 1.440 Autoren. "Ein deutlich höherer Anstieg als in den Vorjahren", sagt Tamara Leonhard, Vorsitzende des Verbands.
"Für alles findet sich ein Publikum"
Nach ihren Beobachtungen überlegen auch Autoren, die normalerweise in Verlagen veröffentlichen, nun immer häufiger, ein neues Projekt als Selfpublisher zu realisieren. "Es wird selbstverständlicher, mal so und mal so zu publizieren", so Leonhard.
Bei Selfpublishern handele es sich "um eine Entwicklung, die sich nicht aufhalten lässt", heißt es auch vom Börsenverein. Der Verband geht davon aus, "dass sich ein Publikum für alle finden lässt". Verlage hätten sich mit der "Konkurrenz" bereits arrangiert.
Kernproblem Finanzierung
Kernproblem für Selfpublisher bleibt die Finanzierung. Wie Joachim Engel tragen die meisten ihre Kosten selbst. "Es gab aber auch Autoren, die ein erfolgreiches Crowdfunding für ihr Werk betrieben haben", erklärt Tamara Leonhard. Immerhin muss ein Autor "keinen Verlag gründen und braucht auch keinen Gewerbeschein, um sein Werk zu veröffentlichen" - sofern er nicht selbst einen Shop für Bücher unterhält. Da Engel nicht vom Ertrag seiner Bücher lebt, sei er "ein Kleinstunternehmer", erklärt der pensionierte Polizeibeamte.
Immer wieder nehmen Verlage auch Selfpublisher in ihr Programm auf. Laut Börsenverein beschäftigen große Verlage Scouts, die "den Markt beobachten und nach Perlen suchen, um sie für sich zu gewinnen". Und eine "Perle" ist, wer als Selfpublisher erfolgreich ist.
Mehr oder weniger Erfolg
Einer Selfpublisherin sei es bereits gelungen, ihre vierteilige Reihe an Netflix zu verkaufen, so Leonhard. "Andere sehen bereits einen Erfolg darin, wenn sie eine Auflage von 2.000 Exemplaren verkauft haben."
Engel will mit seinen Büchern keinen großen Gewinn erzielen. "Ich schreibe und produziere Bücher in erster Linie für mich selbst", sagt er. Trotzdem geht die Rechnung für ihn auf. Ein Drittel vom Verkaufspreis bekommt er, das zweite Drittel kassiert "Book on Demand", das letzte Drittel der Buchhandel. Regelmäßige Lesungen in Buchhandlungen und Seniorenheimen helfen beim Verkauf der Bücher. Und auch der örtliche Buchhandel unterstützt ihn.