Reaktionen auf deutsch-französischen Vorstoß Juncker und Lagarde loben Merkel und Sarkozy
Die deutsch-französischen Vorschläge zur Bewältigung der Schuldenkrise im Euro-Raum sind positiv aufgenommen worden. Euro-Gruppenchef Juncker sagte, andere Länder müssten nicht von einer Stabilitätsunion überzeugt werden. IWF-Chefin Lagarde nannte die Initative äußert wichtig, forderte aber mehr.
Die IWF-Generaldirektorin Christine Lagarde und der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, haben die deutsch-französischen Beschlüsse zur Stärkung der Haushaltsdisziplin in Europa begrüßt. Die von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel präsentierten Vorschläge zur Reform der europäischen Verträge seien "äußerst wichtig", aber allein "nicht ausreichend", sagte Lagarde in einer Rede im European Institute in Washington.
"Es bedarf sehr viel mehr, damit die gesamte Situation geregelt wird und das Vertrauen zurückkehrt" bei den Märkten, den Investoren und den Konsumenten, betonte Lagarde in ihrer Rede. Überall in der Welt werde sie derzeit als Erstes zu Europa und den Auswirkungen der Schuldenkrise auf die Weltwirtschaft gefragt.
"Willkommen im Club"
"Willkommen im Club", sagte Juncker im ZDF-"heute-journal" zu den Beschlüssen von Merkel und Sarkozy. Die Zustimmung zu den Beschlüssen werde keines Kampfes bedürfen, so der luxemburgische Ministerpräsident. Die anderen Länder müssten nicht erst von beherzten Schritten zu einer Stabilitätsunion überzeugt werden, da viele Mitgliedsländer der Währungsunion geringere Schuldenstände hätten als Paris und Berlin.
Laszlo Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung und Soziales, erklärte dagegen, automatische Sanktionen seien "ein Witz". Eine Fiskalunion brauche "kollektive, demokratische Entscheidungsprozesse".
Rösler mit Vorschlag zufrieden
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler begrüßte dagegen den gemeinsamen deutsch-französischen Vorstoß. Europa müsse zu einer Stabilitätsunion und nicht zu einer Transfersunion werden. "Hier sind wir mit den deutsch-französischen Vereinbarungen einen entscheidenden Schritt nach vorne gekommen", sagte er "Financial Times Deutschland". Sanktionen gegen Defizitsünder müssten "automatisch greifen, damit sie nicht in politischen Gremien verwässert werden können".
Der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, war von den Vorschlägen Merkels und Sarkozys nicht überzeugt. "Es ist doch offenkundig, dass Vertragsänderungen mehr Zeit benötigen, als für die Rettung des Euros noch zur Verfügung steht", sagte er "Handelsblatt Online". Zudem sei die Zustimmung vieler Mitgliedsländer ungewiss.
Sanktionen für zu hohe Staatsverschuldung
Merkel und Sarkozy hatten unter anderem einen automatischen Strafmechanismus bei hoher Neuverschuldung auf die Tagesordnung des EU-Gipfels Ende der Woche in Brüssel gesetzt. Deutschland und Frankreich wollen ihren Vorschlag vor dem Treffen des Europäischen Rates am Donnerstag und Freitag in einem Brief an EU-Ratspräsident Hermann van Rompuy erläutern.
Mitgliedsländer, deren Defizit die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreitet, sollen künftig mit direkten Sanktionen rechnen müssen. Das wollen Deutschland und Frankreich in die EU-Verträge schreiben. Beide bevorzugen einen neuen Vertrag aller 27 EU-Staaten. Sie sind aber entschlossen, notfalls einen Vertrag nur der 17 Euro-Länder abzuschließen. Dem könnten sich auch Nicht-Euro-Länder anschließen. Die Verhandlungen sollten bis März abgeschlossen sein.
EuGH soll Schuldenbremsen überwachen
Zudem fordern Merkel und Sarkozy einheitlich definierte Schuldenbremsen in Europa, die in die Verfassungen der Einzelstaaten geschrieben werden sollen und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft werden können. Deutschland hat bereits eine Schuldenbremse im Grundgesetz verankert, andere Länder wie Österreich stehen davor.
Merkel stellte klar, dass der EuGH nicht die Haushalte einzelner Staaten für ungültig erklären, sondern nur die Schuldenbremsen überwachen solle. Statt dessen soll er prüfen können, ob die geforderten nationalen Schuldenbremsen in den Verfassungen der 17 Euro-Länder eine ausreichende Verpflichtung für die Einhaltung des Stabilitätspakets darstellen. Vor allem Frankreich hatte sich dagegen gewehrt, dass EU-Institutionen zu stark in die nationale Budgethoheit eingreifen könne.
Monatliche Treffen als "Wirtschaftsregierung"
Merkel und Sarkozy schlugen weiterhin vor, als eine Art gemeinsamer Wirtschaftsregierung bis zum Ende der Finanzkrise Treffen abzuhalten. Die Staats- und Regierungschefs sollen regelmäßig zusammenkommen. Laut Merkel will die Euro-Gruppe monatlich zusammenkommen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu überprüfen und Wachstum anzukurbeln.
Außerdem solle der Start des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM von 2013 möglichst schon auf Ende 2012 vorgezogen werden. Im Rahmen des ESM sollen Merkel zufolge Beschlüsse nicht mehr einstimmig gefasst werden müssen, damit nicht einzelne Länder nicht "den gesamten Zug" aufhalten können.