Bio-Landwirtschaft Der Safran-Bauer vom Oderbruch
Gerade in Großstädten verkaufen sich regionale Bio-Produkte gut. Gut genug, um auch kleinen und exquisiten Nischen Platz zu bieten. Ein Einmannbetrieb in Brandenburg produziert das Edelgewürz Safran.
Tobias Fahlberg beugt sich über den reifbedeckten Ackerboden und begutachtet seine Schützlinge. Mit einer Hand wischt er die dünne Schneedecke beiseite und legt eine der Pflanzen frei. Zum Vorschein kommt ein unscheinbares grünes Gewächs: Der Safrankrokus - aus dem eines der teuersten Gewürze der Welt gewonnen wird. Safran ist vor allem aus dem Orient bekannt. Fahlberg baut ihn im Oderbruch an, kurz vor der polnischen Grenze im Osten Brandenburgs.
Landwirt - im Kleinformat
Seine Pflanzen haben offenbar keine Probleme mit der Witterung, "anspruchslos und robust", wie Fahlberg ihn beschreibt. "Die Vegetationsperiode ist im Winter. Der Vorteil ist: keine Insekten!" Es ist kalt, bald soll es Schnee geben, aber Fahlberg macht das nichts aus. Eigentlich ist er gelernter Bauingenieur, "das heißt Zeichnen und Rechnen - vor allem Rechnen", wie er sagt. Nach einigen Jahren am Schreibtisch habe er gemerkt: "Ich musste raus." So wurde er zum Landwirt - im Kleinformat.
Sein Feld ist - verglichen mit herkömmlicher Landwirtschaft - geradezu winzig: 2000 Quadratmeter. Fahlberg hat noch zwei weitere, insgesamt kommt er auf gerade einmal einen halben Hektar. In einem Jahr soll die Anbaufläche gut doppelt so groß sein - und genug Einkommen für ihn und seine Familie einbringen. "Wir haben eine sehr hohe Flächenwertschöpfung", sagt Fahlberg.
Jedes Gramm ist wertvoll
Safran ist vielfältig verwendbar: in Tee oder Limonade, als Gewürz für Hühnchen oder auch Kuchen. Außerdem soll es die Abwehrkräfte stärken und sogar antidepressiv wirken, sagt Fahlberg: "Und: als Aphrodisiakum. Das kann man auch mal testen. Wenn man 0,1 Gramm Safranfäden im Mund zerkaut und mit einem Glas Wasser runterspült."
Die weltweite Jahresproduktion an Safran beträgt gerade einmal rund 200 Tonnen, 180 davon stammen aus dem Iran. Fahlberg hat im vergangenen Jahr 500 Gramm geerntet. Jedes einzelne davon ist kostbar. Käufer im Supermarkt zahlen rund fünf Euro für ein Zehntel Gramm.
Es ist eine potentiell sehr lukrative Marktnische, die Fahlberg entdeckt hat. Safranbauern sind in Deutschland eine Seltenheit. "Unsere Kunden wollen Bio, Regional und sind bereit, dafür auch Geld auszugeben", sagt er. Diese Kunden findet man vor allem in Berlin und anderen Großstädten. Bisher hat Fahlberg seine Ernte in seinem Online-Shop oder direkt an Restaurants verkauft. Seit dieser Woche gibt es seinen Safran nun auch in einigen Berliner Filialen einer Supermarktkette.
Bio in Handarbeit
Das Bio-Siegel hat er bereits. Fahlberg verdient es sich buchstäblich mit seinen Händen - etwa bei der Unkrautbekämpfung. "Keine Chemikalien", betont er. Stattdessen lässt er seinen Acker vor der Aussaat umpflügen und auflockern, um Unkraut loszuwerden. Sind die Pflanzen dann im Boden, rückt er dem Unkraut zwischen den Setzlingen auf Knien zu Leibe. "Das zupfe ich per Hand aus. Da schafft man höchstens zwei bis drei Reihen pro Tag. Das ist auch ehrliche Arbeit."
Geerntet wird ebenfalls von Hand, indem jede Blüte einzeln mit den Fingern herausgepflückt wird. Danach beginnt die Verarbeitung. Fahlberg beschreibt seinen Landwirtschaftsbetrieb so: "Die Produktionsstätte ist: ein Raum, ein Tisch, ein Stuhl. Und eine Goldwaage." Aus den Blüten zupft er behutsam das eigentliche Gewürz: den dreiteiligen Stempel, der die orangeroten Safranfäden liefert.
Alles Handarbeit: von der Unkrautbekämpfung bis zur Ernte und Verpackung.
Dann werden diese getrocknet, wobei sie bis zu 80 Prozent ihres Gewichts verlieren. Was übrigbleibt, ist seine Ware. Die hat Fahlberg zertifizieren lassen, mittels Spektralanalyse von einem französischen Speziallabor. Das Ergebnis: Sein Safran entspricht der obersten Güteklasse.
Die getrockneten Fäden wiegt er ab und verpackt sie in Spezialfolie, UV-abschirmend, für die Haltbarkeit - einzeln, jeweils 0,1 Gramm, per Hand. Auch den Versand übernimmt er selbst. Mehr Biobauer geht kaum.