Landtagswahl in Brandenburg Regieren - aber mit wem?
Brandenburg wird seit 34 Jahren von der SPD regiert - mit wechselnden Koalitionspartnern. Wie könnte das nach der Landtagswahl am Sonntag aussehen? Das hängt auch davon ab, wie viele Parteien ins Parlament einziehen.
Der neue Landtag in Brandenburg könnte eine übersichtliche Veranstaltung werden. Laut aktuellen Umfragen schaffen es möglicherweise nur vier Parteien sicher über die Fünf-Prozent-Hürde: AfD, SPD, CDU und BSW.
Die AfD scheidet für alle anderen Parteien als Koalitionspartner aus. Würde sich das Stimmungsbild so im Wahlergebnis niederschlagen, dürfte es auf eine SPD-CDU-Koalition hinauslaufen. Sollte es aber anders kommen, wird es komplizierter.
Sozial- und Christdemokraten kennen sich bereits aus der aktuellen Landesregierung, einem rot-schwarz-grünen Bündnis. Eine Fortführung - nur eben ohne die Grünen - könnte die Sache womöglich noch einfacher machen. Bei einem entsprechenden Wahlergebnis erscheint diese Konstellation fast als Selbstläufer.
Eine der vielen Unbekannten aber sind die Grünen. Sie liegen knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Doch selbst mit einem Ergebnis knapp darunter könnten sie es in den Landtag schaffen - wenn sie ein Direktmandat holen. Denn laut Brandenburgischem Wahlgesetz reicht bereits das Erlangen eines einzigen Direktmandats dafür, dass die zugehörige Partei weitere Sitze im Parlament erhalten kann - gemäß ihrem landesweiten Zweitstimmenanteil.
Insbesondere in der Landeshauptstadt Potsdam rechnen sich die Grünen gute Chancen auf ein Direktmandat aus. Eine Fortführung von Rot-Schwarz-Grün scheint auch daher möglich.
Flickenteppich an Möglichkeiten
Alle anderen Wahlergebnisse dürften die Regierungsbildung schwieriger machen. Zunächst einmal liegen zwei weitere Parteien nah an der Fünf-Prozent-Hürde: die Freien Wähler und die Linke. Beide hoffen zudem ebenfalls auf ein Direktmandat. Der Brandenburger Landtag könnte also durchaus mit sieben statt vier Parteien gefüllt sein.
Die Freien Wähler sitzen seit 2014 im Landtag - einmal über den Umweg Direktmandat, einmal, indem sie die Fünf-Prozent-Hürde übersprangen. Regierungsverantwortung trugen sie bislang nicht. Bis auf eine Zusammenarbeit mit den Grünen und der AfD hat Parteichef Peter Vida keine Variante einer möglichen Regierungsbildung ausgeschlossen.
Komplizierter wird es mit der Linken. Sie war bislang stets im Landtag vertreten, kam zuletzt in Umfragen aber nur auf rund vier Prozent. Hinzu kommt: Zwar haben die Linken bereits Regierungsverantwortung in Brandenburg getragen - doch dieses Mal könnte es ohne Beteiligung der CDU rechnerisch schwierig werden.
Hier kommt der Unvereinbarkeitsbeschluss der Christdemokraten ins Spiel, der eine Zusammenarbeit mit AfD und der Linken ausschließt. Seit den Wahlen in Sachsen und Thüringen aber scheint dieser nicht mehr völlig unumstößlich zu sein. Eine mögliche Regierung unter Beteiligung der Linken scheint unter dem Strich also eher eine theoretische Option zu sein.
BSW - die große Unbekannte
Größere Chancen kann sich hingegen die Abspaltung der Linkspartei, das Bündnis Sahra Wagenknecht, ausrechnen. Erst Ende Mai hat sich der Brandenburger Landesverband des BSW gegründet - und es binnen kürzester Zeit auf zweistellige Umfragewerte gebracht.
Der rasante Aufstieg könnte in einer Regierungsbeteiligung münden, etwa wenn das BSW rechnerisch gebraucht wird. SPD und BSW schließen gegenseitig keine Zusammenarbeit aus und ein Unvereinbarkeitsbeschluss wie zur Linken liegt von der CDU zum BSW nicht vor. Möglich also, dass eine zukünftige Brandenburger Landesregierung eine neue Farbenlehre einführt.
Rot-Schwarz und Orange? Oder doch dunkelrot? Das BSW ist so neu, dass in den Umfragebalken noch nicht einmal eine einheitliche Symbolfarbe für die Partei definiert ist. Das jedoch dürfte das geringste Problem einer möglichen neuen Regierung sein. Die Schwierigkeiten dürften eher inhaltlicher Natur sein. Denn dort liegen zwischen BSW und beispielsweise der CDU Welten.
"Frieden in Russland" für Koalition in Brandenburg?
So hat Brandenburgs BSW-Chef Robert Crumbach bereits eine Bedingung für eine mögliche Regierungsbeteiligung gestellt: Von Brandenburg müsse ein "deutliches Signal" an die Bundesrepublik ausgehen, "dass es zu einem schnellen Frieden in Russland kommt".
Mit "Frieden in Russland" meint Crumbach den Krieg, der fast ausschließlich auf ukrainischem Territorium stattfindet. Ein Affront für potenzielle Koalitionspartner, noch bevor die Landtagswahl überhaupt stattgefunden hat.
Die letzte Unbekannte in der Brandenburger Wahlrechnung kommt ausgerechnet von der großen Konstante der Brandenburger Landespolitik. SPD-Spitzenkandidat und Ministerpräsident Dietmar Woidke hat nämlich auch eine Bedingung aufgestellt. Er will nur Mitglied der Landesregierung bleiben, wenn seine SPD die meisten Stimmen bei der Wahl holt - sprich: auch vor der AfD liegt.
Sollte die AfD als Wahlsieger aus der Abstimmung hervorgehen, könnte es gut sein, dass die in diesem Fall voraussichtlich zweitplatzierten Sozialdemokraten eine Regierung aus anderen Parteien anführen. Nur: unter welchem Ministerpräsidenten? Das müsse man sehen, wenn der Fall eintrete, so Woidke.