Brandenburger CDU-Kandidat Redmann Wahlkampf auf der Holzbank
Jan Redmann gibt sich im Brandenburger Landtagswahlkampf als nahbarer Anpacker. Mit einer Holzbank zieht der CDU-Kandidat von Auftritt zu Auftritt. Wie kommt er damit an? Und wie stehen seine Chancen?
Der 44-jährige Rechtsanwalt Jan Redmann ist Spitzenkandidat der CDU in Brandenburg. Wenn es nach ihm ginge, soll die seit der Wende ununterbrochene Riege von SPD-Ministerpräsidenten enden und er die Regierung anführen. Das Problem: Redmann kennen viele noch nicht, und die CDU in Brandenburg gilt von jeher als eher schwach.
In Umfragen liegt die Partei an dritter Stelle. Die AfD führt. Redmann möchte eine strengere Migrationspolitik, legt auf innere Sicherheit wert und fordert eine verpflichtende Vorschule. Und wenn er auf die Politik der Ampel schimpfen kann, dann macht er das auch.
Anpacken mit Zuversicht
Redmann zeigt sich gern als Ärmelaufkrempler. Wahlweise im weißen oder auch im blauen Hemd, und das im Zusammenhang mit dem Motto: "Dein Land kann's besser". Er spricht von Zuversicht fordert Aufbruchstimmung, davon scheint das Land gerade weit entfernt.
Der mit 44 Jahren vergleichsweise junge Spitzenpolitiker will dem SPD-Politiker Dietmar Woidke das Amt des Ministerpräsidenten abjagen. Es mutet an wie David gegen Goliath. Die SPD stellt, seitdem es das Bundesland Brandenburg überhaupt gibt, den Ministerpräsidenten. Eine ungewöhnliche Kontinuität in der Landesregierungs-Landschaft.
Die Brandenburger CDU galt schon immer als vergleichsweise schwach, zumal die Brandenburger SPD mit Manfred Stolpe, Matthias Platzeck und nun Woidke Politiker mit Strahlkraft präsentieren konnte. Da konnte die CDU, abgesehen von dem einstigen Politikhaudegen Jörg Schönbohm, nicht mithalten.
Doch dieses Duell gehört ohnehin der Vergangenheit an. Bei den Umfragen führt die AfD, die erfolgsverwöhnte SPD liegt auf Platz zwei. Erst dann folgt die CDU mit lediglich 16 Prozent.
Wahlkampf mit der Holzbank
Redmann versucht gar nicht erst, den charismatischen Politiker zu geben. Das ist nicht sein Naturell. Er spricht sachlich, neigt nicht zu Übertreibungen. Der promovierte Rechtsanwalt, der auch in einer Berliner Kanzlei gearbeitet hat - als einziger Ossi, wie er betont -, gibt sich bodenständig.
Er bekennt sich offensiv zu seiner Heimatregion, der Ostprignitz im Nordwesten Brandenburgs, einer strukturschwachen Region. Auf der Website des Brandenburger Landtags steht: Er engagiert sich für die Wittstocker Stadtmauer, die Wittstocker Blasmusik, die niederdeutsche Sprache. In Wittstock ist er zur Schule gegangen.
Auch sein Wahlkampf passt zum bodenständigen Bild. Er zieht mit einer robusten Holzbank durch Brandenburg von Auftritt zu Auftritt. "Die stand früher mal bei Redmanns in der Küche und ich saß da mit meiner Mutter drauf", erzählt er. "Bei uns gibt es die geübte Praxis, dass man die Dinge offen anspricht."
Der Wahltaktauftakt war in der kleinsten Gemeinde Brandenburg: Kleeßen-Görne. Auch das gehört zu seiner Strategie, ein nahbarer Politiker auf dem Lande zu sein.
Seine parteipolitische Vita ist so wie sie sein muss, wenn man an die Spitze kommen will: Vorsitzender der Jungen Union, Stadtverordneter, Landtagsmandat - so arbeitete er sich allmählich nach oben. Und nun will er Ministerpräsident werden.
Redmann lebt seit fast 20 Jahren mit einem Mann zusammen. Auf seiner Website steht davon zwar nichts, aber ein Geheimnis ist es auch nicht. Das Comingout in den 1990er-Jahren sei ihm schwergefallen, und sein Vater hatte sich damit am Anfang wohl auch schwer getan, wie er in einem Interview erzählte.
Auf seiner Facebookseite, am 26. Januar, also ein Tag vor dem Holocaust-Gedenktag, zeigt ein Foto ihn kniend vor einem in Regenbogenfarben gehalten Gedenkkranz. Dazu schrieb er: "Seit 18 Jahren bin ich mit meinem Mann Peter zusammen, in Zeiten des Nationalsozialismus wäre das undenkbar gewesen." Das Thema Diskriminierung beschäftigt ihn vielleicht mehr, als er zeigt.
Betrunken auf dem Roller
Für etwas Farbe in seiner Vita sorgt auch ein kapitaler Fehler, der ihn die Spitzenkandidatur hätte kosten können. Ausgerechnet zu Beginn seines Wahlkampfes wurde er mit 1,3 Promille auf einem E-Scooter erwischt. Der Polizei war wohl die unkontrollierte Fahrweise aufgefallen. Er gab sich zerknirscht, sprach von einem Fehler, den er gemacht habe und warb für Verständnis: Jeder mache Fehler.
Tatsächlich hat ihn dieser Fehler womöglich am Ende eher genutzt als geschadet. Abgesehen von einem mindestens sechsmonatigen Führerscheinentzug und der Zahlung von 8.000 Euro.
Man nahm es ihm offenbar nicht übel, womöglich half es sogar bei seinem Problem der mangelnden Bekanntheit. Die Geschichte machte die Runde: der betrunkene Politiker auf dem E-Scooter. Menschen haben nun weniger Hemmungen ihn anzusprechen, erzählt er selbst. Mit seinem angestrebten Image als Law-and-Order-Politiker verträgt sich die Alkoholfahrt allerdings weniger.
Politische Schwerpunkte
Was aber will er mit der Brandenburger CDU? Einen restriktiveren Umgang mit illegaler Migration. Wie viele andere Christdemokraten geht er auf Distanz zur Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Nach dem Attentat in Solingen, bei dem ein mutmaßlicher Islamist drei Menschen ermordete, sprach er davon, dass die CDU zu wenig getan habe, um auf die Probleme zu reagieren.
Auch die Bildungspolitik macht er zu einem zentralen Wahlkampfthema. Eine verbindliche Vorschule und eine möglichst frühe Vergabe von Noten an die Schülerinnen und Schüler fordert er.
Auch für das Handwerk hat er eine Idee: Der Staat müsse die berufliche Entwicklung zum Meister finanziell mehr unterstützen. Während Studierende für den Bachelor nichts zahlten, koste der Weg zum Meisterbrief mehrere tausend Euro.
Und mit wem lässt es sich regieren?
Die Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD betont Redmann. Beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zeigt er sich elastischer als einige seiner Parteikollegen. Einen Tag nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sprach er von inhaltlichen Schnittmengen mit dem Bündnis, etwa innere Sicherheit und Migration.
Die CDU ist Teil der Brandenburger Regierung in einer Dreier-Koalition mit der SPD und den Grünen. Eigenes Profil hat sie dabei nicht gewonnen. Obwohl auch Redmann die Grünen politisch häufig angreift, ist es möglich, dass die Konstellation auch in der künftigen Legislaturperiode regieren wird - sollten die Grünen nicht an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.