Schäuble verteidigt seine Politik Euro-Hilfen auf dem Prüfstand
Bundesfinanzminister Schäuble hat die Milliarden für notleidende Euro-Staaten vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigt. Die Rettungspakete seien notwendig, um die Euro-Stabilität zu sichern, argumentierte er. Die Kläger werfen der Regierung gleich mehrere Rechtsbrüche vor.
Von Klaus Hempel, SWR
Es steht viel auf dem Spiel für die Bundesregierung. Dennoch machte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der persönlich nach Karlsruhe gekommen ist, vor Beginn der Verhandlung einen relativ gelassenen Eindruck. "In Karlsruhe sind wir immer entspannt. Die Badener sind so", sagte er.
Schäuble schien jedenfalls guter Dinge zu sein, dass er die Vorwürfe der Kläger entkräften kann. Sie halten die Milliardenhilfen für Griechenland für verfassungswidrig. Ebenso den 750-Milliarden-Euro schweren Rettungsschirm, der überschuldeten Euro-Ländern finanziell unter die Arme greifen soll. Der Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Hankel, der bereits gegen die Einführung des Euro in Karlsruhe geklagt hatte, befürchtet schlimme Folgen für Deutschland: Das Land könnte verarmen, wenn die Zahlungen an Griechenland und andere Länder nicht gestoppt würden, warnt er. "Das wollen wir verhindern", sagt Hankel.
Vorwurf: Verstoß gegen europäisches Recht
Nach Ansicht von Hankel und seinen Mitstreitern, darunter auch der bayerische CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, verstoßen die Milliardenhilfen gegen europäisches Recht. In den europäischen Verträgen sei klar festgelegt, dass überschuldete Euro-Länder mit ihren finanziellen Problemen alleine fertig werden müssten, und sie keinen Anspruch darauf hätten, dass ihnen andere Euro-Länder aus der Patsche helfen.
Vorwurf: Verstoß gegen das Grundgesetz
Weiterer Kritikpunkt: Die Milliardenhilfen würden irgendwann zu einer Geldentwertung, zu Inflation führen. Darin sehen sie einen Verstoß gegen Artikel 14 Grundgesetz, der den deutschen Staat verpflichte, das Eigentum der Bürger, der Steuerzahler zu schützen.
Vorwurf: Demokratie in Gefahr
Außerdem sagen die Kläger: Die Demokratie stehe auf dem Spiel, weil das Parlament entmachtet würde. Hintergrund: Der Bundestag hatte per Gesetz Bundesfinanzminister Schäuble ermächtigt, Bürgschaften von fast 148 Milliarden Euro zu erteilen. Sollten die Bürgschaften fällig werden, kann das der Bundestag nicht mehr verhindern.
Der Tübinger Wirtschaftswissenschaftler Joachim Starbatty, der ebenfalls geklagt hat, sieht den Bundestag dadurch in seinen Rechten beschnitten. Das sei verfassungswidrig. "Wenn der Bundestag nicht mehr über die Gelder, die über Steuern hereinkommen, entscheiden kann, dann kann er das wichtigste Recht, das Budgetrecht, nicht wahrnehmen", erklärt Starbatty. Der Bundestag sei schließlich von den Bürgern gewählt worden, um diese Aufgabe wahrzunehmen. Es sei nicht Sinn der Währungsunion, dass Experten die Demokratie übernehmen. Starbatty und die anderen Kläger fordern, dass der Bundestag zumindest über jede einzelne Hilfszahlung abstimmen muss.
Schäuble verteidigt Hilfen
Bundesfinanzminister Schäuble hält das schlichtweg für unpraktikabel. Bei der heutigen Verhandlung versuchte er die Richter davon zu überzeugen, dass die Milliardenhilfen notwendig waren und sind, um den Euro stabil zu halten. Dies, so Schäuble, sei auch für Deutschland von überragender Bedeutung. "Wir sind ganz sicher, dass wir das Notwendige und Richtige getan haben, um unsere gemeinsame europäische Währung zu sichern und zu verteidigen", sagt Schäuble.
Urteil nach der Sommerpause erwartet
Nach der Sommerpause werden die Richter voraussichtlich ihr Urteil verkünden. Egal wie es ausfällt, es wird wegweisend sein für die weiteren Schritte in Sachen Euro-Krise. Im Herbst wird der Bundestag über den neuen Euro-Rettungsschirm beraten und entscheiden, der 2013 in Kraft treten soll. Daran werden weitere Milliarden geknüpft sein, die Deutschland dann bereitstellen muss.