Spitzentreffen im Kanzleramt Koalition auf Kurssuche
Finanzhilfen für die Regierung in Athen? Spielräume für Steuerentlastungen? Beim zur Stunde tagenden Koalitionsgipfel im Kanzleramt ist die Liste offener Fragen lang. Zurückhaltend reagierte die Bundesregierung bereits auf die Forderung von EU-Kommissionspräsident Barroso nach bilateralen Hilfen für Griechenland.
CDU-Chefin Angela Merkel ist am Abend zu einem Treffen mit dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer im Kanzleramt zusammengekommen. Die Spitzen der schwarz-gelben Koalition wollen bei ihren Gesprächen wichtige Fragen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik klären. Ein zentrales Thema ist dabei der Umgang mit den Schuldenproblemen Griechenlands.
Merkel sagte dazu im Deutschlandfunk, dass Griechenland derzeit nicht zahlungsunfahig sei und derzeit kein Geld brauche. Der EU-Gipfel am kommenden Donnerstag in Brüssel werde deshalb auch keine Entscheidungen über die finanzielle Unterstützung der Regierung in Athen treffen. "Die beste Lösung für den Euro ist, wenn Griechenland alleine seine Probleme löst, natürlich mit der politischen Unterstützung der europäischen Staats- und Regierungschefs."
Schäuble sieht Hilfen für Griechenland skeptisch
Die Bundeskanzlerin machte damit ebenso wie zuvor bereits Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ihre Skepsis hinsichtlich der von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erhobenen Forderung nach bilateralen Hilfen für Griechenland deutlich. "Für EU-Hilfen gibt es kein Gemeinschaftsinstrument. Also kämen im äußersten Fall nur bilateral koordinierte, also freiwillige Hilfen infrage", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag". Griechenland selbst sehe diesen Fall aber nicht als gegeben, fügte er hinzu.
Barroso rief die Bundesregierung jedoch erneut auf, beim EU-Gipfel am Donnerstag einem EU-Finanzierungsinstrument für Griechenland zuzustimmen. "Es liegt im deutschen Interesse, die Stabilität in der Europäischen Währungsunion zu sichern. Ich bin mir daher sicher, dass Deutschland einen konstruktiven Beitrag zur Lösung der aktuellen Krise leisten wird", sagte er dem "Handelsblatt".
Die Bundesregierung wies in diesem Zusammenhang einen Bericht des Magazins "Der Spiegel" über einen Streit zwischen Kanzleramt und Finanzministerium über Hilfen für Griechenland zurück. "Es findet täglich ein intensiver Austausch zwischen der Bundeskanzlerin und dem Bundesfinanzminister und ihren Häusern zum Thema Griechenland statt", betonte ein Regierungssprecher. Merkel und Schäuble werden eventuelle Entscheidungen demnach einvernehmlich treffen.
Spitzentreffen mit Partei- und Fraktionschefs
Der Bundesfinanzminister nimmt am Treffen der Koalitionsspitzen teil. Zunächst will Merkel in einem Sechs-Augen-Gespräch mit Westerwelle und Seehofer beraten. Später sollen neben Schäuble auch Unionsfraktionschef Volker Kauder und die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger zu der Runde stoßen.
Neben den möglichen Hilfen für Griechenland geht es offiziell vor allem um die Neuregulierung der Finanzmärkte. Dagegen erklärte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Freitag ausdrücklich, dass die geplante Steuerreform nicht auf der Tagesordnung stehe. In Koalitionskreisen wurde jedoch nicht ausgeschlossen, dass es bei den Gesprächen auch um die angestrebten Steuerentlastungen gehen könne.
Kauder und Merkel: Steuerschätzung abwarten
Nach derzeitigem Stand sollen diesbezügliche Pläne erst nach der neuen Steuerschätzung und der Landtagswahl im Mai bekannt gegeben werden. Unionsfraktionschef Kauder unterstrich dies im Bericht aus Berlin: "Wir sollten dabei bleiben, was wir vereinbart haben."
In der Koalition gab es zuletzt jedoch auch Stimmen, die auf eine Veröffentlichung des Konzepts der Koalition im Vorfeld der NRW-Wahl drängten. Merkel bekräftigte allerdings im Deutschlandfunk: "Alle Antworten werden wir vor dem 9. Mai und der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen nicht geben können." Sie könne für den Haushalt 2011 keine abschließenden Aussagen machen, bevor nicht die Steuerschätzung auf dem Markt sei.