EU-Kommissionschef will Direkthilfen für Griechenland Barroso auf Konfrontation zur Bundesregierung
In der Debatte um Finanzhilfen für Griechenland hat EU-Kommissionschef Barroso die EU-Mitgliedsstaaten erstmals zu direkter Kreditvergabe aufgefordert. Das Geld käme dann nicht von der Union und somit würde nicht gegen EU-Recht verstoßen. Barroso geht mit dieser Idee auf Konfrontation zu Deutschland.
Die EU-Kommission hat Deutschland und andere Mitgliedsstaaten erstmals ausdrücklich zu bilateralen Finanzhilfen für Griechenland aufgefordert. Die Unterstützung für Athen sei notwendig, "weil wir die gegenwärtige Situation nicht verlängern können", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel.
Griechenlands Regierung lobt Barrosos Vorstoß
Barroso sprach von "koordinierten bilateralen Krediten", die nicht sofort ausgezahlt werden müssten. Eine solche Bereitschaft zur Unterstützung Griechenlands würde den Finanzmärkten aber signalisieren, dass die EU-Staaten zusammenstünden, um ihre Währung zu verteidigen. Der griechische Regierungssprecher Giorgios Patalotis bezeichnete Barrosos Vorstoß als "positive Entwicklung".
Barroso sieht Einklang mit EU-Recht
Barroso sieht seinen Vorschlag nicht im Widerspruch zu den EU-Verträgen. Das Geld für Griechenland käme dann von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten, nicht von der Union. Damit stünde die Hilfe aus der Sicht Barrosos auch nicht im Widerspruch zu der Klausel, die die Übernahme von Schulden anderer Staaten verbietet.
Deutschland gegen Direkthilfen
Mit dem Vorschlag geht die Kommission auf Konfrontation mit Deutschland: Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt weiterhin eine finanzielle Unterstützung der EU für Griechenland ab.
Stattdessen brachte sie durch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm den Internationalen Währungsfonds als "Feuerwehr" ins Spiel. Die griechische Regierung habe Beistand seitens des IWF nicht ausgeschlossen, sagte er in Berlin. Entscheidungen über einen Beitrag der EU und Deutschlands seien noch nicht gefällt und stünden derzeit auch nicht an.
Reaktion der EU-Staaten auf Barroso-Vorstoß offen
Bisher ist es völlig offen, ob die EU-Staaten auf dem EU-Gipfel in der kommenden Woche Barrosos Plan zustimmen werden. Anfang der Woche hatten sie sich im Grundsatz bereits auf bilaterale Kredite für Griechenland verständigt, falls dies nötig sein sollte.
Nach dem Treffen gab es jedoch unterschiedliche Interpretationen der Vereinbarung. Bundeskanzlerin Merkel hatte sich gegen vorschnelle Finanzhilfen für Griechenland ausgesprochen und angekündigt, strengere Regeln beim Euro-Stabilitätspakt und Änderungen im EU-Vertrag durchsetzen zu wollen. Notfalls sollten Euro-Sünder aus der Eurozone ausgeschlossen werden können.
Griechenland benötigt weitere 54 Milliarden Euro
Die griechische Regierung muss in diesem Jahr noch 54 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten aufnehmen, 20 Milliarden davon im April und Mai. Wegen der Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit haben sich die Zinskonditionen massiv verschlechtert. Mit einer klaren Unterstützung der EU, so hofft Griechenland, könnte es das Kapital zu niedrigeren Zinsen aufnehmen.
Parallel zur Aufnahme neuer Kredite hat die griechische Regierung ein massives Sparprogramm beschlossen. Es hat einen Umfang von 4,8 Milliarden Euro und löste in der Bevölkerung heftige Proteste aus.