Kritik am neuen Rating mehrerer Euro-Länder Verfolgt S&P anglo-amerikanische Interessen?
Politiker aller Lager vermuten, dass Standard & Poor's mit der Abstufung der Kreditwürdigkeit wichtiger Euro-Staaten bestimmte Motive verfolgt. Während der CDU-Politiker Brok "anglo-amerikanische Interessenpolitik" vermutet, sprach der SPD-Europapolitiker Schulz von einem "Angriff auf die Stabilität" des EFSF.
Nach der Abstufung der Kreditwürdigkeit wichtiger Euro-Staaten haben deutsche Politiker der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) eine Interessenpolitik vorgeworfen. CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs sprach in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" von "Attacken auf den Euro". Man lenke "mit solchen Attacken auf den Euro von der schlechten Haushaltssituation in den Vereinigten Staaten ab", sagte er. Fuchs verwies darauf, dass die Ratingagenturen den angelsächsischen Raum offenbar mit anderen Kriterien bewerteten als den Euro-Raum.
Der CDU-Europa-Politiker Elmar Brok sagte, die Herabstufung käme in der Konsequenz "fast einem Währungskrieg" gleich. In der gleichen Zeitung äußerte er den Verdacht, das die US-Ratingagenturen "anglo-amerikanische Interessenpolitik" betrieben.
Zuvor hatte bereits EU-Währungskommissar Olli Rehn von einer "inkonsistenten" Entscheidung gesprochen. Das neue Rating komme zu einer Zeit, in der die Länder "an allen Fronten entschlossen auf die Schuldenkrise reagieren".
Weitere Aufrufe zur Gelassenheit
Der Vorsitzende der Sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz, sprach in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sogar von einem "gezielten Angriff auf die Stabilität des europäischen Rettungsschirms". Gleichzeitig fordert der Sozialdemokrat, mit Gelassenheit auf die Herabstufung zu reagieren. Die europäischen Regierungen müssten die Sanierung der öffentlichen Haushalte fortsetzen und Investitionen für Wachstum tätigen.
Auch der FDP-Haushalts- und Finanzexperte Otto Fricke warnte davor, das Urteil von Ratingagenturen überzubewerten. Er bezeichnete den Schritt gleichzeitig als Signal mit möglicherweise heilsamer Wirkung. Ein "ehrliches Rating" erhöhe den Druck für die Politik in den betreffenden Ländern, keine unrealistischen Versprechungen bei den Ausgaben mehr zu machen.
Was folgt für den EFSF?
Durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit wichtiger Euro-Staaten wird nun auch die Abstufung des Rettungsfonds EFSF immer wahrscheinlicher. S&P kündigte bereits eine Neubewertung an. Der EFSF hatte seine gute Benotung bislang auch aus der hohen Bonität Frankreichs und Österreichs bezogen, über die diese nun nicht mehr verfügen.
Rezessionsrisiko und großer Finanzbedarf
Standard & Poor's hatte am Freitagabend Italien, Spanien, Portugal, die Slowakei, Slowenien, Malta und Zypern herabgestuft, Frankreich und Österreich verloren die Spitzennote "AAA". Deutschland behielt sein Spitzenrating von AAA, sogar mit einem stabilem Ausblick. Zur Begründung schrieb S&P: "Die Benotung spiegelt unsere Einschätzung von Deutschlands moderner, hoch diversifizierter und wettbewerbsfähiger Volkswirtschaft wider und die Erfolgsbilanz der Regierung mit Blick auf eine vernünftige Haushaltspolitik und Ausgabendisziplin."
Die Abstufung der Länder wurde mit dem Risiko einer Rezession sowie mit dem großen Finanzbedarf Italiens und der Banken in den kommenden Monaten begründet. Außerdem sei das Resultat des EU-Gipfels vom Dezember verantwortlich für die Entscheidung, so Europa-Chef Moritz Krämer.
Demnächst wird mit neuen Bewertungen der Euro-Staaten durch die beiden anderen großen US-Ratingagenturen, Moody's und Fitch, gerechnet.