Abwertung durch Ratingagentur S&P Frankreich verliert sein AAA
Die Agentur Standard & Poor's hat Frankreich das AAA-Toprating entzogen. Auch Österreich wird nur noch mit AA+ bewertet. Sieben weitere Euro-Länder wurden ebenfalls heruntergestuft, darunter Italien und Spanien. Deutschland behält hingegen sein AAA. Experten reagierten gelassen.
Die US-Ratingagentur Standard & Poor's bewertet Frankreich nicht mehr mit dem bisherigen Toprating AAA. Das teilte sie auf ihrer Internetseite mit. Frankreich erhält von S&P jetzt nur noch ein AA+. Auch acht weitere Euro-Länder wurden herabgestuft.
Zuvor hatte schon Frankreichs Finanzminister Francois Baroin die Herabstufung angekündigt. Diese sei keine Katastrophe - Frankreich lasse sich zudem von den Ratingagenturen nicht seine Politik diktieren, fügte der Minister hinzu. Die Herabstufung bedeute, dass Frankreich seine Reformen ausweiten müsse. Es werde allerdings kein neues Sparpaket geben. Die französische Budgetministerin Valérie Pécresse sagte dem Fernsehsender BFMTVF, Frankreich sei "ein sicherer Wert, es kann seine Schulden zurückzahlen und das Defizit hat sich zuletzt besser entwickelt als erwartet".
Spitzenvertreter der französischen Regierung waren vor der Bekanntgabe zu Beratungen im Elysée-Palast zusammengekommen. Die Herabstufung könnte auch die Chancen des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy bei der Präsidentschaftswahl im April gefährden.
Auswirkung auf Euro-Rettungsschirm?
Frankreich ist ein zentraler Akteur in den Rettungsbemühungen für die Eurozone. Die Abstufung könnte Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Euro-Rettungsschirms EFSF haben, die sich an der Bonität der beteiligten Staaten orientiert.
Das Land war schon in den vergangenen Monaten stark unter den Druck der Ratingagenturen geraten. Als Gründe gaben die Agenturen die hohe Staatsverschuldung und die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise an. Die Regierung legte bereits zwei Sparpläne mit einem Gesamtvolumen von mehr als 70 Milliarden Euro auf, um das hohe Haushaltsdefizit zu drücken.
Berichte über die bevorstehende Abstufung Frankreich und mehrerer anderer europäischer Staaten hatten schon am Nachmittag an den Börsen für Verunsicherung gesorgt. DAX, Dow Jones und die meisten europäischen Börsen drehten ins Minus; der Eurokurs fiel um zwei Cent gegenüber dem Dollar.
Auch Österreich betroffen - Deutschland aber nicht
Auch Österreichs Bewertung verschlechterte sich von der Bestnote AAA auf AA+. Die Bonität von Italien, Spanien, Portugal und Zypern ging gleich um zwei Stufen in den Keller. Malta, die Slowakei und Slowenien büßten eine Stufe ein. Als Grund nannte von S&P, dass die bisherigen politischen Maßnahmen unzureichend seien, um die anhaltenden Spannungen in der Eurozone wie etwa schwaches Wachstum zu beseitigen.
Deutschland sowie Finnland, die Niederlande und Luxemburg behielten hingegen ihr AAA-Toprating. Zudem wurde Deutschlands Ausblick als "stabil" bewertet, das heißt, dass keine Herabstufung in nächster Zeit zu erwarten ist.
Die US-Agentur hatte Anfang Dezember den Ausblick für das Rating von 15 Euro-Ländern auf "negativ" gesetzt und damit eine Herabstufung binnen drei Monaten vorbereitet. Sie hatte ihre Entscheidung vom Dezember mit der besorgniserregenden Entwicklung der Schuldenkrise begründet. Deren Lösung werde durch die Uneinigkeit der Regierungen behindert. Es bestehe eine "systemische Vertrauenskrise" mit Rezessionsgefahren.
Ökonomen reagieren überwiegend gelassen
Ein schlechteres Rating kann - muss aber nicht - für die betroffenen Länder höhere Finanzierungskosten in Form steigender Zinsen nach sich ziehen. So können sich die USA trotz der Abstufung vor einem halben Jahr weiterhin günstig Geld leihen.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Nachmittag, die Herabstufung irritiere zwar kurzfristig die Märkte, sei aber kein großes Problem in einer Welt, in der auch die USA und Japan nicht mehr über das Spitzenrating AAA verfügten: "Dreifach-A ist ohnehin eine aussterbende Spezies". Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater sagte "Handelsblatt Online", der Druck der Ratingagenturen verschärfe zwar generell die Notwendigkeit zu Strukturreformen. Die Auswirkungen einer Ratingabstufung seien aber überschaubar, weil sie an den Kapitalmärkten "mehr und mehr erwartet worden ist und bereits langsam Eingang in die Preise gefunden hat".
Der Chefvolkswirt von Barclays Capital Deutschland, Thorsten Polleit, sieht dagegen einen Rückschlag für die Rettungsbemühungen in der Schuldenkrise. "Die Schultern der vermeintlichen finanzstarken Länder sind zu schwach, als dass sie die Lasten der maroden Länder übernehmen könnten", sagte er ebenfalls "Handelsblatt Online". Die drohenden Herabstufungen signalisierten, dass sich die miserable Finanzlage der Staaten nicht "durch neue Kredittöpfe und Schuldenkollektivierung" bereinigen lasse.
Schäuble: Ratingagenturen nicht überschätzen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte vor der Herabstufung, er sehe ihr gelassen entgegen: "Wir haben uns ja in den letzten Monaten zunehmend weltweit darauf verständigt, wir sollten die Rating-Agenturen auch nicht überschätzen in ihren Beurteilungen", sagte der CDU-Politiker dem Fernsehsender RTL. Dass es eine große Verunsicherung bei den Finanzmärkten gegenüber der Euro-Zone insgesamt gebe, sei ja nicht neu.
Die Meldungen über eine Herabstufung trieben Anleger zum Kauf deutscher Staatspapiere. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future durchbrach am Nachmittag erstmals die Marke von 140 Punkten. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel im Gegenzug bis auf 1,74 Prozent. In den fünf- und dreißigjährigen Laufzeiten sanken die Renditen auf historische Tiefststände.