Generalstreik in Portugal "Basta mit Ausbeutung"
Busse und Bahnen blieben in den Depots, viele Behörden öffneten erst gar nicht: In Portugal hat ein eintägiger Generalstreik gegen den Sparkurs der Regierung den öffentlichen Dienst teilweise lahmgelegt. Selbst die Arbeitgeber äußerten Verständnis für den Streik.
Ein neuer, eintägiger Generalstreik gegen die Sparpolitik hat das Euro-Krisenland Portugal teilweise lahmgelegt. Zahlreiche Angestellte und Beamte folgten dem Aufruf der beiden größten Gewerkschaften CGTP und UGT, die damit gegen die Sparpolitik der Mitte-Rechts-Regierung von Pedro Passos Coelho protestieren wollten. Es ist bereits der vierte Generalstreik binnen zwei Jahren.
Vor allem der öffentliche Nah- und Fernverkehr, die Postzustellung und die Müllabfuhr kamen nach Medienberichten nahezu völlig zum Erliegen: Züge und U-Bahnen fuhren nicht, der Luftverkehr war gestört und viele Behörden waren wegen des Streiks geschlossen. Die Leitung des Volkswagenwerks Autoeuropa bei Lissabon setzte vorsorglich die Produktion aus. "Ich habe nicht protestiert, weil ich sonst entlassen werde, aber bei einem Nettogehalt von 380 Euro ist mir bald auch alles egal", sagte die Verkäuferin Tania. Auch die Fluglinien Ryanair und Easyjet sagten mehrere Flüge ab. Wegen der Einstellung eines Großteils des öffentlichen Nahverkehrs gab es zahlreiche Staus in der Hauptstadt.
Hohe Beteiligung bei Staatsbediensteten
Die Beteiligung sei vor allem unter Staatsbediensteten sehr hoch gewesen, hieß es. Auch in öffentlichen Krankenhäusern und im Bildungswesen war der Streik deutlich zu spüren. Im ganzen Land gab es zudem viele friedliche Kundgebungen.
Man werde die Regierung schwächen, die in zwei Amtsjahren 300.000 Stellen vernichtet habe, sagte CGTP-Gewerkschaftsboss Arménio Carlos. Seine 800.000 Mitglieder starke Organisation fordert: "Basta mit Ausbeutung und Verarmung, weg mit dieser Regierung!". Den Rücktritt von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho, Neuwahlen sowie eine neue Wirtschafts- und Sozialpolitik will auch die gesamte Opposition.
Sogar Verständnis von den Arbeitgebern
Die Arbeitgeber schlossen sich in einem ungewöhnlichen Schritt der Kritik der Gewerkschaften an der Sparpolitik der Regierung an. "Der Streik ist Ausdruck von Unzufriedenheit. Man muss den sozialen Dialog verstärken", sagte Arbeitgeberpräsident Antonio Saraiva. Verständnis für die Protestaktion äußerten auch die Verbände der Agrarunternehmer (CAP), des Tourismus- (CTP) und des Handels- und Dienstleistungssektors (CCP).
Kritiker werfen Ministerpräsident Passos Coelho seit längerem vor, dass er die Sparvorgaben der internationalen Gläubiger-Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds allzu buchstabengetreu umsetzt.
Arbeitslosenquote auf Rekordniveau
Portugal verpflichtete sich als Gegenleistung für das 2011 gewährte 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket gegenüber den Geldgebern zu einem strengen Sparkurs. Die Arbeitslosenrate kletterte unterdessen auf das Rekordniveau von 18 Prozent, und das Land steuert auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu.