Vorschläge der EU-Kommission nach "Luxleaks" Brüssel will mehr Steuertransparenz
Vier Monate nach der "Luxleaks"-Affäre knöpft sich die EU-Kommission Steueroasen für Konzerne in Europa vor. Die EU-Staaten sollen sich über ihre Steuerzusagen an Unternehmen austauschen. Kritiker halten das für nutzlos.
Die EU-Kommission hat heute Vorschläge präsentiert, wie sie Unternehmenssteuern in Europa transparenter machen will. Durch den Steuerskandal „Luxleaks“ kam im vergangenen Jahr ans Licht, dass Großkonzerne in den meisten EU-Länder kaum Steuern zahlen. Kritiker halten das für nutzlos.
Von Karin Bensch, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Kommission will Licht in dunkle Steuersysteme bringen. Und zieht damit eine erste Konsequenzen aus der "Luxleaks"-Affäre. Vergangenes Jahr wurde aufgedeckt, dass Luxemburg über 340 Unternehmen massive Steuervorteile gewährt, um sie ins Land zu holen. Darunter Großkonzerne wie Ikea, Amazon, Pepsi, FedEX und die Deutsche Bank. Sie bezahlen in Luxemburg zum Teil weniger als ein Prozent Steuern. Und das ganz legal.
Austausch über "tax rulings"
Solche moralisch umstrittenen Steuermodelle gibt es nicht nur in Luxemburg, sondern in den meisten europäischen Ländern. Deshalb will die EU-Kommission nun mehr Steuertransparenz schaffen: In Zukunft sollen sich die Mitgliedsländer gegenseitig über ihre Steuerregeln für die Unternehmen, sogenannte "tax rulings", informieren, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. "Mit dem automatischen Informationsaustausch müssen alle Mitgliedsstaaten Einzelheiten ihrer Steuerregeln miteinander teilen. Das soll alle drei Monate geschehen."
Der Informationsaustausch soll mithilfe eines Standardformulars geschehen. Geplant ist, darin die Namen der Unternehmen und ihrer Mutterkonzerne aufzulisten, die von den Steuerabsprachen profitieren. Auch Einzelheiten zu den Vergünstigungen sollen genannt werden: "Der Informationsaustausch über die Steuersysteme für Unternehmen soll sich auf die vergangenen zehn Jahre beziehen. Diese rückwirkende Maßnahme ist wichtig, weil das Transparenz schafft", so Moscovici.
Gewinne nicht mehr über Grenzen verlagern
Der automatische Informationsaustausch soll dafür sorgen, dass internationale Konzerne ihre Gewinne nicht mehr über Grenzen verlagern und damit ihre Steuerlast verringern können. Dennoch: Die Steuergesetze sind nationale Gesetze. Die Steuererleichterungen, die Länder Unternehmen gewähren, bleiben damit legal. Der Unterschied ist nur, dass die bislang geheimen Steuersysteme in der EU in Zukunft offen gelegt werden.
"Ein Verbot oder eine Vereinheitlichung der Steuererleichterungen für Unternehmen wäre nie von allen Mitgliedsstaaten akzeptiert worden. Weil die Staaten keiner Einschränkungen ihrer nationalen Steuerautonomie zustimmen würden", sagte Moscovici. Er hofft darauf, dass sich in den Ländern etwas tun wird, wenn sie einsehen können, welche Steuererleichterungen andere Länder Großkonzernen gewähren.
Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein?
Kritiker bezeichnen den Vorschlag der Kommission als Tropfen auf den heißen Stein. Zu ihnen gehört Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im Europaparlament: "Nach wie vor, gibt es keinen Vorschlag, wie Unternehmen in welchem Land wie viele Gewinne erwirtschaften und wie viele Steuern zahlen. Es gibt keine europäischen Mindeststeuersätze. Die EU-Kommission hält an ihrer Ordnungsvorstellung des Steuerwettbewerbs in Europa grundsätzlich fest."
Nach dem Willen der Kommission sollen die neuen Regeln bereits Anfang nächsten Jahres gelten. Vorher müssen sie allerdings noch alle EU-Regierungen und das Europaparlament zustimmen.