Gemeinschaftsdiagnose Institute senken BIP-Prognose auf minus 0,6 Prozent
Führende Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen mit einem Schrumpfen der Wirtschaft. Sie senkten ihre Prognose für die Entwicklung des BIP gegenüber dem Frühjahr um 0,9 Prozentpunkte auf minus 0,6 Prozent.
Hohe Inflation, maue Weltwirtschaft, steigende Zinsen: Die führenden Institute haben ihre Konjunkturprognosen angesichts des schwierigen Umfelds gesenkt. Statt dem bislang erwarteten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent wird nun für das laufende Jahr ein Rückgang von 0,6 Prozent vorhergesagt.
Das geht aus der Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung hervor. Diese Gemeinschaftsdiagnose dient der Regierung als Basis für ihre eigenen Projektionen, die wiederum die Grundlage für die Steuerschätzung bilden.
Konsum erholt sich langsamer als gedacht
"Der wichtigste Grund dafür ist, dass sich die Industrie und der private Konsum langsamer erholen, als wir im Frühjahr erwartet haben", erklärte der Vizepräsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Oliver Holtemöller. Für 2024 wird wieder ein Wachstum erwartet, das mit 1,3 Prozent aber schwächer ausfallen soll als im Frühjahr mit 1,5 Prozent angenommen.
2025 soll es dann zu einem Plus von 1,5 Prozent reichen. "Die konjunkturelle Schwäche ist mittlerweile auf dem Arbeitsmarkt angekommen", schreiben die Institute. Angesichts der "notorischen und sich perspektivisch weiter verschärfenden Personalknappheit in vielen Bereichen" erwarten sie allerdings nur einen "moderaten Anstieg" auf 2,6 Millionen Personen im laufenden Jahr. Das wären etwa 174.000 mehr als 2022. "Im kommenden Jahr wird die Zahl der Arbeitslosen wohl leicht sinken", so die Prognose. 2025 soll sie dann weiter zurückgehen auf weniger als 2,5 Millionen.
Inflationsrate geht zurück
Für die Verbraucher halten die Institute eine gute Nachricht parat. "An der Preisfront entspannt sich die Lage nach und nach", heißt es in der Gemeinschaftsdiagnose, die den Titel "Kaufkraft kehrt zurück - Politische Unsicherheit hoch" trägt. Die Inflationsrate dürfte demnach im laufenden Jahr bei 6,1 Prozent liegen, 2024 aber deutlich auf 2,6 Prozent fallen und 2025 dann noch einmal auf 1,9 Prozent.
"Mittlerweile haben die Löhne auf die Teuerung reagiert, so dass die Kaufkraft der Beschäftigten wieder steigen wird", sagen die Ökonominnen und Ökonomen voraus. "Dies stabilisiert den privaten Konsum." Schwierige Zeiten werden der Baubranche vorhergesagt. Wegen gestiegener Finanzierungskosten dürften etwa die Wohnungsbauinvestitionen "bis in das nächste Jahr hinein wohl deutlich zurückgehen".
Vorerst keine großen Sprünge nach oben werden im Exportgeschäft erwartet. "Die konjunkturelle Flaute in wichtigen Absatzmärkten wie dem Euroraum und China, von denen vor allem weniger Konsum- und Vorleistungsgüter nachgefragt werden, bremst die Exporte", betonten die Institute. "Darüber hinaus belasten auch die hohen Energiekosten, insbesondere in der Chemischen Industrie, sowie der zunehmende Fachkräftemangel die deutschen Exportunternehmen." Deshalb sollen die Ausfuhren im laufenden Jahr preisbereinigt um 1,0 Prozent sinken, 2024 dann um 1,8 Prozent wachsen.
Erstellt wird die Gemeinschaftsdiagnose vom RWI in Essen, vom Ifo-Institut in München, vom Kieler IfW, vom IWH in Halle und vom Berliner DIW, das nach dem Umbau der hauseigenen Konjunkturforschung wieder mit dabei ist.