Stimmungsindikatoren Wirtschaftsprognosen als Puzzlespiel
Regelmäßig befragen Meinungsforscher alle möglichen Zielgruppen zur Wirtschaftslage. Daraus entstehen Stimmungsbilder, wie das Konsumklima, das Geschäftsklima oder der Einkaufsmanager-Index. Doch wie zuverlässig ist das?
Oft machen Stimmungsschwankungen das Auf und Ab an der Börse aus. Eine Nachricht, eine Spekulation, und schon kann der Trend drehen. Aus einem Minus wird ein Kursplus - oder umgekehrt.
Ausgerechnet solche Stimmungen sind es auch, von denen die Finanz- und Ökonomenwelt Rückschlüsse über die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft zieht. Ob Konsumenten, Firmenchefs oder Finanzanalysten - sie alle werden Monat für Monat nach ihrer Einschätzung zur Wirtschaftslage befragt. Aus diesem Umfragen entstehen Indizes, wie das GfK-Konsumklima, das ifo-Geschäftsklima oder der ZEW-Konjunkturindex.
Daraus entwickeln Ökonomen das große Bild - auch weil man so kurzfristig kein anderes Instrument zur Hand hat. "Wir müssen uns ja vor Augen führen, dass die harten Daten, wenn sie veröffentlicht werden, ein oder zwei Monate benötigen, ehe sie verarbeitet werden", erklärt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka Bank. "Ob es die Industrieproduktion ist oder gar das Bruttoinlandsprodukt - alle berichten über eine Periode weit in der Vergangenheit. Und deshalb sind die Stimmungsindikatoren schon eine vernünftige Art, sich dem zu nähern, was gegenwärtig in der Wirtschaft passiert." So lasse sich der Blick auf die wirtschaftliche Entwicklungen der kommenden sechs Monate weiten.
Zuverlässige Konsumenten
Verbraucherinnen und Verbraucher haben meist ihre Finanzen gut im Blick. Aus ihrem Stimmungsbild lesen die Experten der Gesellschaft für Konsumforschung das GfK-Konsumklima für den kommenden Monat heraus. Dabei bestimmt das Vertrauen ins eigene Einkommen maßgeblich über zukünftige Anschaffungen und damit in Folge auch über die Einnahmen unter anderem des Einzelhandels.
Ein weiterer, sehr früh veröffentlichter Indikator ist der ZEW-Konjunkturindex, der die Stimmung an den Finanzmärkten spiegelt. Sich ausgerechnet an der schwankungsanfälligen Börse umzuhören, kann durchaus sinnvoll sein, sagt Felix Hüfner, Cherfökonom der Schweizer Großbank UBS: "Die Idee ist dabei, dass Finanzanalysten andere Indikatoren beobachten als die Unternehmen", so Hüfner. "Sie schauen auf den Ölpreis, sie schauen auf die Börse, sie schauen auf die Zinsentwicklung." Daraus lasse sich ein etwas anderer Vorlauf der konjunkturellen Entwicklung abbilden - was einen zusätzlichen Nutzen bringe.
Blick in die Unternehmen
Trotzdem gilt der Blick in die Unternehmen als der zuverlässigste Konjunkturindikator. Einkaufsmanager haben einen tiefen Einblick in ihre Firma und in die Produktionsplanung dort. Sie überwachen und leiten den Einkauf von Waren und Rohstoffen und tätigen wichtige Investitionen.
Ein einkaufsfreudiger Einkaufsmanager gilt daher als gutes Omen für die Wirtschaft - ebenso wie ein gut gelaunter Unternehmenleiter. Volkswirten halten das ifo-Geschäftsklima, den Blick in die Chefetagen der deutschen Wirtschaft, für einen der zuverlässigsten Konjunkturindikatoren, obwohl auch hier Stimmungsschwankungen an der Tagesordnung sind.
"Deswegen spricht man ja bei beispielsweise dem ifo-Geschäftsklimaindex von einer sinnvollen Aussage nur, wenn dreimal hintereinander eine gleiche Richtung eingeschlagen wird", erklärt Ulrich Kater. "Dieser Trend, der sich dann herausbildet, sagt dann schon etwas darüber, wie sich die Wirtschaft dann zukünftig verhalten wird."
Und trotzdem bleibt das Ganze ein Puzzlespiel, bis aus Stimmungsindikatoren eine solide Wirtschaftsprognose erstellt werden kann. "Es gibt natürlich auf dem Weg dahin andere Daten, die kommen, wie die Auftragseingänge oder der Einzelhandelsumsatz", sagt Felix Hüfner. "Damit kann man dann gegenchecken, ob die Signale, die von den Stimmungsindizes kommen, in die richtige Richtung gehen." Je mehr "harte" Daten, desto besser. Doch mit der Stimmung fängt und auf die Stimmung kommt es an.