Ifo-Index tritt auf der Stelle "Der Aufschwung bleibt ein zartes Pflänzchen"
Deutschlands Wirtschaft ist und bleibt ein Sorgenkind. Zuletzt hatte sich die Stimmung in den Chefetagen etwas verbessert. Doch der ifo-Index zeigt, dass damit erst mal Schluss ist. Es gibt aber Hoffnungsschimmer in einzelnen Branchen.
Die Stimmung in der deutschen Konjunktur bleibt unverändert. Das ifo-Geschäftsklima ist im Mai überraschend auf der Stelle getreten. Der Wert verharrte auf dem April-Wert von 89,3 Punkten, wie das Münchner ifo-Institut heute zu seiner Umfrage unter rund 9.000 Führungskräften mitteilte.
Zuvor war das Barometer drei Mal in Folge geklettert. Fachleute hatten auch diesmal mit einem Anstieg gerechnet. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage schlechter als zuletzt, ihre Aussichten für die kommenden Monate jedoch günstiger. "Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich schrittweise aus der Krise heraus", sagte dazu ifo-Präsident Clemens Fuest.
Mehr Aufträge bei Dienstleistern
Bei den Dienstleistern habe sich die Auftragslage im Mai verbessert, sagt der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. In der Industrie habe der Auftragsrückgang zumindest an Geschwindigkeit verloren. "Wir sind hier noch nicht bei Optimismus angelangt, die Hoffnung kehrt aber langsam zurück", so Wohlrabe. "Aber der Aufschwung bleibt ein zartes Pflänzchen."
Wieder Licht am Ende des Tunnels würden energieintensive Industriebranchen sehen, darunter die Bereiche Chemie, Papier und Glaswaren. Diese litten nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine besonders unter den stark gestiegenen Energiekosten. Im Einzelhandel geht es zwar leicht bergauf - "er hat aber noch Luft nach oben", sagte der ifo-Umfragechef. "Die Verbraucher halten sich noch zurück." Wohlrabe zufolge verhinderte die etwas eingetrübte Lage der Dienstleister einen weiteren Anstieg des Geschäftsklimas.
Enttäuschung oder Zuversicht?
"Die Stagnation des ifo-Geschäftsklimas nach drei Anstiegen in Folge ist eine Enttäuschung", kommentiert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, die Zahlen. Die deutsche Wirtschaft dürfe im zweiten Quartal noch nicht nennenswert wachsen. "Wir rechnen erst ab der Jahresmitte mit einer nachhaltigeren Erholung des Bruttoinlandsprodukts, wobei die Aufwärtsbewegung moderat ausfallen sollte, weil die Bundesregierung die langjährige Erosion der Standortqualität nicht entschieden angeht."
Etwas optimistischer äußerte sich dagegen die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib: "Die noch vor wenigen Monaten außergewöhnlich triste Stimmung in den deutschen Unternehmen macht allmählich Platz für wieder etwas mehr Zuversicht, allerdings quälend langsam und von Rückschlägen unterbrochen wie jetzt im Mai." Zumindest hält sich das Geschäftsklima aus Sicht von Köhler-Geib aber auf einem deutlich höheren Niveau als zu Jahresbeginn. "Alles in allem dürfte das Konjunkturtal gleichwohl weitgehend durchschritten sein."
Knapp an Rezession vorbei
Die Wirtschaft ist Anfang des Jahres an einer Rezession vorbeigeschrammt. Es ging zwischen Januar und März um 0,2 Prozent bergauf und damit so kräftig wie seit einem Jahr nicht mehr. Deutschland lag damit leicht unter dem EU-Durchschnitt von 0,3 Prozent. Die Bundesbank und andere Fachleute rechnen damit, dass sich die Erholung im laufenden zweiten Quartal fortsetzt.
Getragen wurde das Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft zu Jahresbeginn von den - dank milder Witterung - gestiegenen Bauinvestitionen und einem Anziehen der Exporte. Die privaten Konsumausgaben als wichtige Konjunkturstütze sanken hingegen trotz der nachlassenden Inflation preis-, saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent. Verbraucherinnen und Verbraucher setzten den Angaben zufolge unter anderem bei Nahrungsmitteln und Bekleidung den Rotstift an.
Hoffen auf Privatkonsum
Dennoch ruhen die Hoffnungen für die kommenden Monate auf dem Privatkonsum angesichts gestiegener Löhne und der abgeschwächten Inflation. Niedrigere Inflationsraten können die Konsumlust ankurbeln.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erwartet nach einer Umfrage unter mehr als 24.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen allerdings nur eine Stagnation.