Neue Grenzwerte für Feinstaub Lohnt sich die Nachrüstung alter Kaminöfen?
Mehrere Millionen Kaminöfen dürfen wegen neuer Schadstoffgrenzwerte ab Jahresende nicht mehr betrieben werden. Müssen Besitzer also einen neuen Ofen kaufen? Dazu gibt es eine Alternative.
Aus holzbefeuerten Kaminöfen steigt bundesweit mehr Ruß und Feinstaub in die Luft als aus allen Diesel-Fahrzeugen zusammen. Axel Friedrich, 30 Jahre lang Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, Fachmann für Messung von Luftschadstoffen und entscheidend an der Aufdeckung des Dieselskandals beteiligt, misst seit Jahren auch Abgase von Kaminöfen. Er stellt fest: In ländlichen Gemeinden ist die Luft im Winter oft stärker mit Feinstaub belastet als an Hauptverkehrsstraßen von Großstädten.
Darum hat schon die schwarz-gelbe Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2009 beschlossen: Jeder Hersteller muss im Labor nachweisen, dass sein Gerät neue Grenzwerte für Feinstaub einhält. Geräte ohne diese Typprüfung müssen Ende 2024 stillgelegt werden.
Blauer Engel für umweltfreundliche Verbrennung
Laut Daten des Branchenverbrandes HKI erzeugen moderne Öfen, die seit 2010 verkauft werden, im Labor im Schnitt rund halb so viel Feinstaub wie ihre Vorgänger - eine relativ kleine Verbesserung. Gleichzeitig hat nicht nur das in Straubing ansässige Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in unzähligen Studien und Publikationen nachgewiesen, dass die Werte in der alltäglichen Praxis, abhängig von eingestellter Luftzufuhr und Holzqualität, deutlich höher liegen als im Labor.
Friedrich zufolge ist laut seinen Messungen fraglich, ob es in der Praxis überhaupt Verbesserung gibt. Um Feinstaub wirklich deutlich zu reduzieren, benötige man spezielle Öfen, heute noch selten zu finden und weitaus teurer als klassische Modelle. Diese seien ausgezeichnet mit dem blauen Engel für besonders umweltfreundliche Verbrennung. Sie schaffen das demnach mit technischen Maßnahmen, vor allem einem Feinstaubabscheider im Abgasrohr. Aber so ein Gerät kann man an jedem Kamin installieren und so auch alte Öfen deutlich sauberer machen als neue Modelle ohne diese Technik.
Eine sauberere Alternative
Solch ein Staubabscheider schaltet sich ein, sobald im Kamin warme Luft aufsteigt. Er verbraucht nur rund 30 Watt Strom, der ein elektrisches Feld erzeugt. Feine Staubpartikel werden darin statisch geladen. Sie klumpen zusammen, lagern sich an der Kaminwand ab und können beim regelmäßigen Kaminkehren entfernt werden.
Experte Friedrich hat in einer Vielzahl von Messungen nachgewiesen, dass aktuelle Abscheider mindestens 90 Prozent des Feinstaubes zurückhalten, meist mehr als 95 Prozent. Das Abgas eines alten Ofens wird dadurch viel sauberer.
Wie Fachgeschäfte reagieren
Ein Reporter von ARD Plusminus gab sich bei unterschiedlichen Kaminfachgeschäften als normaler Kunde aus und fragte, ob man ihm so einen Staubabscheider verkaufen könne. Nur einer bot das an. Die anderen erklärten, ein neuer Ofen sei auf jeden Fall besser, eine Nachrüstung ohnehin zu teuer. Es gibt vier Hersteller, doch sie verkaufen aktuell nur kleine Stückzahlen, weitgehend in Handarbeit produziert. Dadurch sind Abscheider noch vergleichsweise teuer. Inklusive Installation kosten sie ähnlich viel wie ein neuer Ofen ohne blauen Engel, rund 2.500 Euro.
Abgasexperte Friedrich verweist allerdings darauf, dass die ersten Katalysatoren für Pkw in den Anfangsjahren Tausende von Euro kosteten und mit Beginn der Massenproduktion viel günstiger wurden. Auch von ARD Plusminus befragte Hersteller bestätigen: Wenn bei Stückzahlen von jährlich 'zigtausenden Geräten echte Massenproduktion in Gang käme, könne sich der Preis auf jeden Fall halbieren. Damit wäre eine solche Lösung nicht nur sauberer als ein neu gekaufter Ofen, sondern auch eindeutig preiswerter.
Ministerium: Keine Förderung geplant
Bei ähnlichen neuen Umwelttechnologien fördert das Bundesumweltministerium (BMU) bislang fast immer die Markteinführung durch finanzielle Anreize. Würde der Staat für die ersten 10.000 Geräte etwa den halben Kaufpreis als Zuschuss zahlen, würde das wenige Millionen Euro kosten, aber eine Massenproduktion in Gang bringen. Auf Anfrage teilte das BMU allerdings mit, eine solche Förderung sei nicht geplant, weil man von der Wirksamkeit dieser Technologie nicht überzeugt sei.
Indes sind für größere mit Holz befeuerte Anlagen exakt solche Abscheider teilweise vorgeschrieben und werden staatlich gefördert. Plusminus liegen zahlreiche Messungen vor, die eindeutig belegen, dass die Nachrüstung eines Feinstaubabscheiders auch bei kleinen Holzkaminen deutlich bessere Feinstaubwerte bringt als der Kauf eines neues Ofens. Auch die Sprecherin der deutschen Schornsteinfegerinnung erklärt, falls ein alter Ofen noch technisch intakt sei, würde sie auf jeden Fall die Nachrüstung eines Feinstaubabscheiders empfehlen.