Eurozone in der Krise Gedankenspiele um Griechenland-Austritt
Wappnet sich die Eurozone ernsthaft für den Austritt Griechenlands aus der Eurozone? Einem Bericht zufolge gibt es Pläne, wie Spanien und Italien dann gestützt werden können. Minister Schäuble und Eurogruppen-Chef Juncker wollen die Debatte beruhigen. Neue Aufregung könnte es bald um neue Zahlen aus Athen geben.
Gedankenspiele über den Austritt Griechenlands gibt es schon lange und immer mal wieder - zuletzt spekulierten Österreichs Vizekanzler Michael Spindelegger und der finnische Außenminister Erkki Tuomioja laut über einen Zerfall der Eurozone.
Nun will auch die "Welt am Sonntag" erfahren haben, dass sich die Eurozone für einen Griechenland-Austritt wappnet. Demnach gibt es Pläne, wie die übrigen Euro-Krisenländer in einem solchen Fall vor den Auswirkungen abgeschirmt werden könnten. Der dauerhafte Rettungsschirm ESM könnte in einer Allianz mit der Europäischen Zentralbank (EZB) Staatsanleihen von Italien und Spanien kaufen und diese Länder so stützen.
Die Bundesregierung wollte zu dem Bericht keine Stellung nehmen. Nur Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich - via Twitter. Spekulationen über eine Exit-Strategie der Bundesregierung im Falle eines Scheiterns der Gemeinschaftswährung wies er zurück. "Der Euro scheitert nicht. Wir arbeiten für stabilere Eurozone", schrieb er in dem Kurznachrichtendienst.
Griechenland-Austritt? "Es wird nicht passieren"
Und noch einem passt diese Debatte überhaupt nicht: Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Er will einen Zerfall des gemeinsamen Währungsraums auf jeden Fall verhindern. In einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" machte der Luxemburger nun klar, dass er keinerlei Grund für Gedankenspiele über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone sieht. "Es wird nicht passieren. Es sei denn, Griechenland verletze alle Auflagen und hielte sich an keine Vereinbarung."
Juncker bekräftigte allerdings, ein Austritt Griechenlands aus dem Währungsraum wäre aus seiner Sicht gestaltbar. "Gemeint ist, dass er technisch gestaltbar ist, er ist aber politisch nicht gestaltbar, und er ist auch mit unabsehbaren Risiken behaftet". Schon vor gut einer Woche hatte Juncker im WDR Ähnliches gesagt und dies mit scharfer Kritik an Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler verbunden. Der FDP-Chef hatte wiederholt über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone spekuliert. Zuletzt hatte dieser im ARD-Sommerinterview gesagt, dieses Szenario habe längst seinen Schrecken verloren.
Spekulationen über einen Zerfall der Eurozone kamen zuletzt auch aus Österreich und Finnland. So liegt in der finnischen Regierung bereits ein "Handlungsplan für jede Eventualität" in der Schublade. Österreichs Vizekanzler Michael Spindelegger drang gar auf eine Handhabe zum Rauswurf von Mitgliedern des Währungsgebietes. Juncker sagte nun, die Fragen zu Griechenland verlangten eine "ruhige Hand". Sich jetzt damit zu beschäftigen, ob ein Land aus der Eurozone ausgeschlossen werden könnte, sei nicht zweckdienlich. Juncker warf Spindelegger eine "martialische Rhetorik" vor.
Westerwelle ärgert sich über Söder
Über verbale "Entgleisungen" - allerdings aus Bayern - ärgerte sich auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle. An die Adresse des bayerischen Finanzministers Markus Söder gerichtet, warnte Westerwelle im "Tagesspiegel am Sonntag", wer die "Keule der Renationalisierung" schwinge, der müsse wissen, dass sie zum Bumerang werde, der Deutschland Wohlstand koste und Arbeitsplätze gefährde. Söder hatte gefordert, dass an Athen "ein Exempel statuiert" werden müsse. Wenn er so etwas höre, schüttele es ihn, sagte Westerwelle. Er habe den Eindruck, durch derlei Debattenbeiträge würden "unsere europäischen Nachbarn mutwillig diffamiert, nur um innenpolitisch Stimmung zu machen".
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies die Euro-Skeptiker in die Schranken. "Wenn der Euro nicht zusammenbleibt, zahlen wir den höchsten Preis. Deswegen: Diejenigen, die so ein Haufen dummes Zeug reden, wissen nicht, wovon sie reden."
Braucht Griechenland noch mehr Geld?
Derweil berichtet der "Spiegel" über neue Finanzierungslücken Griechenlands. Der Regierung des Landes fehlten in den kommenden zwei Jahren nicht wie angegeben 11,5 Milliarden Euro, sondern bis zu 14 Milliarden Euro, berichtete das Magazin unter Berufung auf das Ergebnis der jüngsten Prüfungen der Gläubiger-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Ursache seien Rückschläge bei geplanten Privatisierungen und wegen der verschlechterten Wirtschaftslage ausbleibende Steuereinnahmen. Die genaue Höhe des zusätzlichen Finanzbedarfs soll demnach Anfang September ermittelt werden, wenn die Troika zu ihrem nächsten Besuch nach Griechenland kommt.
Ein drittes Hilfspaket für Griechenland wird von der Bundesregierung kategorisch abgelehnt. Dagegen dringt Frankreich offenbar zusammen mit anderen südeuropäischen Ländern darauf, Athen notfalls neue Hilfen zu gewähren, um ein Ausscheiden des Landes aus der Währungsunion zu vermeiden.