Bilanz des Athen-Besuchs Die Troika ist zufrieden mit den Griechen
Im September will die Troika erneut nach Athen reisen. Von ihrem Bericht hängt ab, ob Griechenland weitere Hilfen erhält. Am Ende ihres aktuellen Besuchs zeigen sich die Experten von EU, IWF und EZB zufrieden. Weitere zwölf Milliarden Euro will Athen sparen - unter anderem bei Rentnern.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
"Es wurden Fortschritte registriert. Alles ist gut gelaufen." Poul Thomsen, der Vertreter des Internationalem Währungsfonds (IWF), hat mit diesen Worten eine knappe Bilanz der entscheidenden Gesprächsrunde zwischen Athen und der so genannten Troika gezogen. Die Vertreter von IWF, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) sind offenbar zufrieden mit dem vorgelegten neuen Programm. 11,5 Milliarden Euro sollen 2013 und 2014 zusätzlich eingespart werden.
"Griechenland auf den Beinen halten"
Die Hellenen hätten keine Alternative, sagt Entwicklungsminister Kostis Hatzidadis. "Unsere Priorität ist, Griechenland im Euro und auf den Beinen zu halten. Wir müssen Strukturreformen voranbringen. Darum geht es jetzt als erstes. Wir werden Erfolg damit haben", so der Minister.
Wo genau gespart werden soll, lässt die Athener Koalitionsregierung weiter offen. Einzelheiten sollen im September mitgeteilt werden. Zunächst einmal sollen IWF, EU und EZB grünes Licht für neue Zahlungen aus dem 130 Milliarden Euro schweren Rettungspaket geben.
Nach übereinstimmenden Informationen der griechischen Presse sieht das Sparprogramm eine weitere Verschlankung des Staates vor - sprich Entlassungen - und erhebliche Kürzungen bei Renten sowie im Sozialbereich.
- Für die Staatsbediensteten soll eine Milliarde Euro weniger ausgegeben werden.
- Bei den Angestellten staatlicher Unternehmen - wie z.B. der Elektrizitätsgesellschaft - soll ebenfalls rund eine Milliarde Euro eingespart werden.
- Den Angestellten des staatlichen Bereichs sollen fast alle Zuschüsse gestrichen werden. Auch dies soll Minderausgaben von etwa einer Milliarde Euro einbringen. Nur das Kindergeld und Hilfen für Schwerbehinderte sollen weiter ausgezahlt werden.
- Bei den Renten sollen 2,6 Milliarden Euro eingespart werden.
- Die Aufwendungen für Kliniken und staatliche Versicherungen sollen um zwei Milliarden Euro zusammengestrichen werden.
- In der Verwaltung sollen 1,5 Milliarden Euro zusätzlich eingespart werden, Städte und Gemeinden erhalten eine Milliarde Euro weniger.
- Der Verteidigungshaushalt wird um eine Milliarde Euro gekürzt.
- Außerdem sollen die Ausgaben für die Bildung um 500 Millionen Euro sinken.
"Aber was muss, das muss"
"Das wird schmerzhaft für die Menschen", meint die Angestellte Anna Kakava in Athen. "Aber was muss, das muss. Wir können nicht nur rumsitzen und darüber reden. Das muss aufhören." Dieser Meinung ist auch die Rentnerin Soula. "Wenn sie nichts tun, kann nichts besser werden. Sie mussten eine Entscheidung treffen."
Die linke Opposition sieht das ganz anders. Deren Chef, Alexis Tsipras, hat Proteste und heftigen Widerstand für den Herbst angekündigt. Es droht ein heißer Herbst zu werden, glaubt Giorgos Kouveos in Athen, nicht nur wegen der neuen Einsparungen, von denen er keinen Durchbruch erwartet. "Ich glaube nicht, dass mit diesen 11,5 Milliarden eine Lösung gefunden werden kann. Ich glaube auch nicht, dass die beschlossenen Einschnitte umgesetzt werden und es wirklich voran geht", so Kouveos.
Bis zu 15.000 Staatsbedienstete sollen entlassen werden
Mehr Sparen und mehr Einnehmen - mit diesem Rezept will die Regierung in Athen liquide bleiben. Deshalb sollen bis zu 15.000 Staatsbedienstete entlassen und staatliche Unternehmen privatisiert werden - zum Beispiel mehrere Banken. Deren Angestellte gehen seit Tagen auf die Straßen.
"All diese Beschäftigten müssen zu einer neuen Bank wechseln", sagt der Gewerkschafter Bobbis Passas von der ATE-Bank. "Sie verlieren angestammte Rechte und Garantien. Es wird weitergehen, das kann man sagen. Aber unter welchen Bedingungen, das ist völlig offen."
Der gesamte Bankensektor in Griechenland werde schrumpfen, ergänzt Ektoras Kavvadias von der Postbank-Gewerkschaft. Am Ende werde von den 62.000 Beschäftigten griechischer Banken nur noch die Hälfte übrig bleiben. Den anderen droht bei der gegenwärtigen Wirtschaftlage in Griechenland die Arbeitslosigkeit.
Momentan steht die Arbeitslosigkeit bei 24 Prozent. Bis Jahresende droht sie auf knapp 30 Prozent zu steigen. Im September wollen die Vertreter der Troika nach Athen zurückkehren, um ein abschließendes Urteil über die Umsetzung der Spar- und Reformvorgaben zu treffen. Fällt es positiv aus, bekommen die Griechen weiter Geld.