Monti gibt künftigen Kurs Italiens vor "Wir wollen die Finanzen sanieren"
Italiens designierter Ministerpräsident Monti hat angekündigt, den maroden Staatshaushalt zu sanieren. Auf diese Weise will er Glaubwürdigkeit wieder gewinnen - sowohl an den Finanzmärkten, als auch bei seinen Landsleuten. Die müssen sich aber auf harte Einschnitte gefasst machen.
Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom
Es waren knappe, aber deutliche Worte, die Italiens künftiger Regierungschef Mario Monti von sich gab, nachdem ihn Staatspräsident Giorgio Napolitano mit der Regierungsbildung beauftragt hatte: "Ich habe vor, diese Aufgabe mit großer Verantwortung wahrzunehmen und verstehe das als Dienst für unser Land."
In einem Moment, in dem Italien große Schwierigkeiten habe, auch weil europäische und weltweite Zusammenhänge gestört seien, "muss das Land gegen die gewinnen, die von uns Lösegeld fordern." Eine deutliche, aber sehr realistische Kritik an den Finanzmärkten, die - motiviert durch die zögerliche Politik der Regierung Berlusconi - dazu beitrugen, das Land in die Krise zu treiben.
Überparteiliches Kabinett geplant
Monti, der 68-jährige Ex-EU-Kommissar, akzeptierte die Aufgabe nur unter Vorbehalt. Zunächst will er sehen, ob es ihm gelingt, eine Regierung zu bilden, sprich ein tragfähiges Kabinett zusammen zu bekommen. Dieses soll, wie zu hören ist, radikal verknappt werden. Die wichtigsten Ressortposten sollen durch überparteiliche Fachleute besetzt werden.
Monti selbst bezeichnete aber alle im Umlauf befindlichen Namen als reine Fantasie und will sich auch zeitlich gesehen nicht unter Druck setzen lassen. Er werde gewissenhafte Gespräche führen, dann werde man sehen, sagte er. Aber es ist davon auszugehen, dass seine Regierung noch diese Woche vorgestellt wird.
Zu seinen Aufgaben sagte der designierte Ministerpräsident: "Unsere Anstrengungen gelten der Sanierung der Finanzen. Wir wollen den Weg des Wachstums wieder einschlagen, mit großer Aufmerksamkeit auf soziale Ausgewogenheit." Das sei seine Regierung "unseren Kindern schuldig", denen "eine Zukunft in Würde und Hoffnung" ermöglicht werden solle.
Spekulationen über Nachtragshaushalt
Dies bedeutet, dass auf die Italiener harte Zeiten zukommen, die Grundsteuer soll wohl wieder eingeführt werden, die Vermögenssteuer auch, die Rentenregelung dürfte noch mal verschärft werden. Auch beim Kündigungsschutz könnte es Änderungen geben. All das bedeutet, dass in Italien eine Periode der Unsicherheit zu erwarten ist, in denen auch mit Streiks gerechnet werden muss. Gerüchteweise ist auch ein weiterer Nachtrags-Sparhaushalt noch im Dezember im Gespräch.
Präsident Napolitano, der sich in den vergangenen Wochen als hochkompetenter und verantwortungsbewusster Staatsmann erwiesen hatte, ließ keine Zweifel daran, warum er Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt ablehnt und eine Übergangsregierung einsetzen will: "Es geht jetzt nicht darum, das Ergebnis der Wahlen von 2008 auf den Kopf zu stellen oder unsere alternierende Demokratie geringzuschätzen, oder den freien Wettbewerb bei Wahlen abzuschaffen", sagte er.
Dreieinhalb Jahre nach Beginn der Legislaturperiode gehe es nur darum, "eine Regierung ins Leben zu rufen, die mit einem Kraftakt verschiedene politische Kräfte einen kann." Dies erfordere die aktuelle finanzielle und wirtschaftliche Notlage.
Um alle Zweifel auszuräumen, wies Napolitano erneut darauf hin, dass Italien in den nächsten fünfeinhalb Monaten etwa 200 Milliarden Euro Staatsschulden über die Märkte erneuern müsse. Daher sei es nötig gewesen, ein Machtvakuum zu vermeiden.
Berlusconis melodramatische Botschaft
Auch der, um den sich in den vergangenen Tagen alles drehte, Silvio Berlusconi, meldete sich noch mal zu Wort - in einer recht peinlich-melodramatischen Videobotschaft. Berlusconi bezeichnete darin seinen Rücktritt als verantwortungsvolle und großmütige Geste, beteuerte seine Liebe zu Italien und sprach erneut von den großen Reformen, die er vorhabe.
Er gab aber keinerlei Fehler zu und übernahm nicht einmal einen kleinen Teil der Verantwortung für die aktuelle Lage, in die das Land unter seiner Führung geraten ist. Stattdessen kündigte er an, sich nicht zurückziehen zu wollen: "Denen, die der Meinung sind, ich würde jetzt die politische Bühne verlassen, will ich sagen, dass ich ab morgen meine Anstrengung im Parlament und in den Institutionen verdoppeln werde, um Italien zu erneuern." Er erwarte keine Anerkennung, "aber ich werde mich nicht ergeben, bis wir Italien modernisiert haben", ergänzte er.
Berlusconi traf übrigens seinen designierten Nachfolger am Abend erneut. Bei einem weiteren Arbeitsessen dürften wohl Details der Amtsübergabe besprochen worden sein. Während Monti heute mit der Regierungsbildung beginnt und weiter mit allen Parteien verhandelt, wartet Italien vor allem darauf , ob die internationalen Börsen das Signal aus Rom so annehmen, wie erhofft.