G20-Gipfel Ein Aktionsplan, Mahnungen - und viel Kritik an Europa
Ein "Aktionsplan für Wachstum und Beschäftigung" und eine Aufwertung der Schwellenländer: Trotz der Griechenland-Krise versucht der G20-Gipfel, sein Programm zu absolvieren. Doch konkrete Schritte enthält der Entwurf der Abschlusserklärung kaum - auch nicht zur Transaktionssteuer.
Die USA, China und Russland haben die Europäer in der G20-Gruppe zu einem entschlossenen Handeln in der Schuldenkrise ermahnt.
US-Präsident Obama machte in einem bilateralen Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich, mit der Lösung der europäischen Schuldenprobleme gehe es nicht nur um die Stabilität in Europa, sondern der ganzen Welt. Damit sei auch die Unterstützung der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer nötig. Denn es komme darauf an, die Welt auf einen kräftigen Wachstumspfad zurückzubringen und dafür zu sorgen, dass die Menschen wieder zurück in Arbeit kommen können.
Der US-Präsident äußerte die Sorge, dass die Folgen der Krise um Griechenland auch sein Land erfassen könnten. Er erwarte einen Erfolg der europäischen Lösungsbemühungen. Er habe zwar den Eindruck, als seien die Europäer vorangekommen. Aber Einzelheiten seien noch unklar. "Wir müssen die Situation in Europa klären", sagte Obama.
China und Russland erwarten zügiges Handeln
Auch Chinas Präsident Hu Jintao und sein russischer Kollege Dimitri Medwedjew erwarten ein zügiges Handeln ihrer Partner. Europa solle sich zunächst selbst helfen, die Europäische Union habe alle Mittel dafür, sagte Medwedjew. Hoch verschuldete Euro-Staaten müssten ihre öffentlichen Finanzen dringend sanieren.
Länder der Währungsgemeinschaft, die als sicher gelten, sollten den schwächeren das Leben erleichtern und die wirtschaftliche Nachfrage fördern. Er sagte aber zu, dass Russland auch weiterhin an Programmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Stützung der Euro-Zone teilnehmen werde. Hu attestierte der Europäischen Union "die Weisheit und die Mittel", eine Lösung der Schuldenkrise zu stemmen. "Zugleich sollte aber auch die Welt Unterstützung und Hilfe leisten", erklärte er.
"Aktionsplan" - aber wenig Konkretes
Das Abschlusskommunique soll G20-Vertretern zufolge im Hinblick auf die Griechenland-Krise eine längere Passage enthalten, in der die Europäer aufgefordert werden, alles für eine schnelle Lösung der Krise zu tun. Ansonsten werde die Erklärung "keine großen Überraschungen aufweisen". Ein Punkt des Textes, dessen bisheriger Entwurf mehreren Nachrichtenagenturen vorliegt, ist ein "Aktionsplan für Wachstum und Beschäftigung".
Er soll dafür sorgen, dass die Länder enger zusammenarbeiten. Das globale Wachstum sei in den vergangenen zwölf Monaten zurückgegangen, die Arbeitslosigkeit bewege sich auf einem Niveau, das nicht hingenommen werden könne, heißt es in dem Entwurf. "Um den unmittelbaren Herausforderungen der Weltwirtschaft zu begegnen, streben wir eine Koordination unserer Aktionen und unserer Politik an", heißt es - konkrete Maßnahmen enthält das Papier aber offenbar nicht.
Finanztransaktionssteuer vom Tisch
Keine Fortschritte gibt es beim Thema Finanztransaktionssteuer. Im bisherigen Entwurf wird das Projekt nur in einem Nebensatz erwähnt. "Wir erkennen die Initiativen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in einigen unserer Staaten an", heißt es dort. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen zu Jahresbeginn als eines seiner großen Ziele für seine G20-Präsidentschaft genannt.
"Hier gibt es leider die Positionen, die wir schon kennen. Einige sind dafür, andere sind nicht dafür", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Deutschland und Frankreich hätten sich "sehr intensiv" für die Steuer eingesetzt. Länder wie die USA und Großbritannien lehnen die Steuer mit Rücksicht auf ihre Finanzzentren ab. Deutschland und Frankreich wollen die Steuer nun gegebenenfalls im Euroraum einführen, wo sie nicht auf die Zustimmung Londons angewiesen sind.
Auflagen für 29 wichtigste Banken
Wesentlich konkretere Beschlüsse streben die Staats- und Regierungschefs bei systemrelevanten Finanzinstituten (SIFIs) an. Gemeint sind damit Großbanken und andere Finanzkonzerne, die ihre Geschäfte über Landesgrenzen hinweg betreiben und so groß sind, dass ihr Zusammenbruch das weltweite Finanzsystem ins Wanken bringen könnte. Auf dem Gipfel soll eine Liste mit 29 dieser systemrelevanten Banken veröffentlicht werden - Versicherungen und Fonds werden später einbezogen.
Auch flexiblere Wechselkurse und eine Reform des internationalen Währungssystems stehen beim G20-Gipfel auf der Tagesordnung. Die Staats- und Regierungschefs wollen den Weg zu einem System ebnen, das die Dominanz der bisherigen Leitwährung US-Dollar verringert. Künftig sollen die Währungen wichtiger Schwellenländer wie China und Brasilien mehr Bedeutung bekommen.
Die "Gruppe der 20" wurde 1999 ins Leben gerufen, um die Kooperation in Fragen des internationalen Finanzsystems zu verbessern. Zunächst trafen sich die G20-Staaten ausschließlich auf Ebene der Finanzminister, erst 2008 kamen erstmals die Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel zusammen.
Der G20 gehören alle Mitglieder der Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) an: USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Hinzu kommen Russland und China sowie die großen Schwellenländer Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika; außerdem Argentinien, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien, Südkorea, die Türkei und die Europäische Union.