Szenarien zur Zukunft Griechenlands Sanfte Umschuldung oder zurück zur Drachme?
Eines scheint klar: Griechenland wird weitere Hilfe brauchen. Das neue Zauberwort heißt "sanfte Umschuldung" - die Laufzeit der Staatsanleihen würde verlängert. Aber ist das so alternativlos, wie die Politik immer behauptet? Oder wäre es nicht besser, wenn es die Drachme wieder gäbe?
Von Stefan Wolff, ARD-Börsenstudio Frankfurt
Das Hilfspaket für Portugal ist geschnürt. Doch die Schuldenkrise ist damit noch nicht abgehakt: Weitere Hilfen für Griechenland stehen im Raum. Inzwischen ist sogar von einer "sanften Umschuldung" die Rede. Wie immer gelten in der Politik solche Schritte als "alternativlos". Allerdings sehen das die Gegner einer solchen Rettungsaktion ganz anders: Sie befürchten, dass die finanzielle Schieflage in einzelnen Schuldenstaaten ganz Europa in den Schuldensumpf ziehen könnten.
Klar ist jetzt schon: Wenn es weitere Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds gibt, so werden dies sicherlich nicht die letzten Pakete sein. Zwar wies die griechische Wirtschaft für das erste Quartal überraschend ein Wachstum von 0,8 Prozent auf, doch bedeutet dies noch lange nicht eine Rückkehr in ruhiges Fahrwasser.
Ganz im Gegenteil: Die meisten Schätzungen gehen von einem weiteren Rezessionsjahr in Portugal und Griechenland aus. Irland dagegen könnte mit einem einmaligen Hilfspaket geholfen sein.
"Haircut" statt harte Prüfung?
Ansonsten entwickeln sich die Sparauflagen zu einer härteren Prüfung als gedacht. Denn Kürzungen bei Ausgaben und Investitionen bremsen das Wachstum und erhöhen schon rein rechnerisch die Schuldenquote, die eigentlich gesenkt werden soll. Schließlich bemisst sich die Neuverschuldungsquote ebenso am Bruttoinlandsprodukt (BIP) wie die Quote der Gesamtschulden. Das bedeutet, dass diese Quote steigt, selbst wenn der Schuldenstand gleich hoch bleibt, weil eben das BIP sinkt.
Und so gibt es nicht wenige Stimmen, die eine Umschuldung für Griechenland fordern. Im Falle eines Schuldenschnitts - eines so genannten "Haircuts" - würden die Gläubiger nur einen Teil ihrer zum Beispiel als Anleihen eingezahlte Summe zurück erhalten. Die Gläubiger - das sind in diesem Falle vornehmlich Banken, Versicherer und Pensionsfonds. Kein Wunder, dass sich die Finanzbranche massiv gegen solche Pläne wehrt.
Banken gegen Schuldenschnitt
Es ist sogar schon von einer neuen Bankenkrise die Rede. Doch Analysten wiegeln ab: Sie gehen davon aus, dass die Großanleger den gesunkenen Wert ihrer Papiere erkannt und bereits abgeschrieben haben. Die weiche Variante gegenüber dem Schuldenschnitt wäre, die Laufzeit der Anleihen zu verlängern. Damit würden die Bücher der Anleger auch nicht mit einem Mal belastet - sondern über einen längeren Zeitraum.
Die Europäische Zentralbank könnte dabei sanften Druck ausüben, indem sie die Anleihen mit verlängerten Laufzeiten als Sicherheit akzeptiert und die alten eben nicht mehr. Auf gleiche Weise könnte so die Zinshöhe gedeckelt werden.
Beide Varianten würden aber nicht das Ende der Hilfen bedeuten. Es steht zu vermuten, dass ein teilweiser Schuldenerlass nur mit begleitenden Konjunkturpaketen zum gewünschten Erfolg führte. Vor allem aber gewänne Griechenland Zeit.
Last Exit Exitus?
Gäbe es keine Rettungspakete mehr, wäre Griechenland von einer auf die andere Minute zahlungsunfähig. Bis zu 16 Prozent Zinsen - wie sie der Markt verlangt - kann eine angeschlagene Volkswirtschaft wie die griechische nicht zahlen. Der Schuldenberg würde ganz oder zu einem erheblichen Teil auf die Gläubiger übergehen. Auch für diesen Fall gibt es zwei Varianten.
Erste Variante: Wenn Griechenland in der Euro-Gemeinschaft verbliebe, müsste ein Moratorium ausgehandelt werden. Der "harte" Schuldenschnitt wäre Realität, ebenso der Verlust zumindest eines Teils der verliehenen Gelder. Griechenland wäre über Jahre von den Kapitalmärkten abgeschnitten, ähnlich wie Argentinien vor fast zehn Jahren.
Zweite Variante: Würden die Hellenen zur Drachme zurückkehren, könnte man erstmals mit Fug und Recht von einer "Eurokrise" sprechen. Griechenland hätte dann die Wahl, ob es seine Schulden in Euro belässt oder in die neue Weichwährung konvertiert. In beiden Fällen würden die Gläubiger wenig von ihrem Geld wiedersehen. Denn mit dem Ausstieg der Griechen aus dem Euro würde die Inflation anspringen und schnell die Marke von zehn Prozent überspringen. Die Drachme würde dramatisch an Wert verlieren.
Billige Oliven und begrabener Euro
Der Vorteil: Griechische Oliven und griechischer Wein würden zu Import-Billigschlagern. Urlaub in Griechenland wäre für Deutsche ein Schnäppchen.
Doch das Projekt "Euro" könnte getrost begraben werden. Nach und nach würde der Währungsraum ausfransen. Die Portugiesen bekämen über kurz oder lang den Escudo wieder und wir unsere gute alte D-Mark - mit allen Nachteilen, die monetäre Kleinstaaterei für eine Exportnation mit sich brächte.