Athens Schuldenkrise Euro-Gruppe setzt Griechenland unter Druck
Experten halten es für so gut wie ausgeschlossen, dass Griechenland seine Schulden aus eigener Kraft bezahlen kann. Während also klar scheint, dass Athen bald ein zweites Hilfspaket von EU und IWF bekommen muss, baut die Euro-Gruppe noch einmal ordentlich Druck auf. Und ist in einer zentralen Frage uneins.
Der Pleitekandidat Griechenland muss nach dem Willen der Euro-Partner im laufenden Jahr mehr Tempo beim Sparen machen. Die Regierung in Athen soll unter anderem das Privatisierungsprogramm richtig ins Rollen bringen. "Die Privatisierung in Griechenland ist in Verzug, das muss sich ändern", sagte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde am späten Abend nach Beratungen mit den Finanzministern der Euro-Gruppe in Brüssel.
"Sanfte" Umschuldung oder nicht?
Unklar blieb nach dem Treffen, ob es eine neue Entwicklung in der Frage der Umschuldung gab. Lagarde zufolge sind eine "sanfte" Umschuldung oder ein sogenanntes Reprofiling vom Tisch. Gemeint sind damit etwa Laufzeitverlängerungen für Kredite oder Zinsverbilligungen. Im Gegensatz zu Lagarde sagte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, eine "sanfte" Umschuldung des Landes werde nicht mehr ausgeschlossen, und "eine Art Reprofiling" könne diskutiert werden. Eine Umschuldung im größeren Stil, bei der auch private Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten müssen, sei nicht debattiert worden, sagte Juncker.
Die EU-Kommission betonte in dieser Frage, jede Art von Umstrukturierung stehe nicht auf der Agenda. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte aber nur, es werde über Griechenland beraten, für Entscheidungen sei es aber noch zu früh.
Juncker hält auch ein neues Hilfspaket für möglich. Zu Beträgen äußerte er sich nicht; im Gespräch sind 30 bis 60 Milliarden Euro. Konkrete Beschlüsse fielen nicht - erst die Juni-Sitzung der obersten Kassenhüter dürfte mehr Klarheit bringen.
Dramatischer Appell
Juncker und EU-Währungskommissar Olli Rehn richteten einen dramatischen Appell an Athen, den Ernst der Lage zu erkennen. "Wir brauchen eine parteienübergreifende Vereinbarung, wie in Portugal", sagte Juncker. Die Minister hatten zuvor ein Hilfspaket von 78 Milliarden Euro für Schuldensünder Portugal unter Dach und Fach gebracht. Die ersten Hilfen sollen bereits Ende Mai nach Lissabon fließen.
Im Club der mächtigen Minister werden inzwischen auch radikale Maßnahmen zu Griechenland debattiert. So fordern einige Ressortchefs die Einschaltung einer unabhängigen Agentur bei den Privatisierungen. Nach ihrem Willen soll auch ein Gesetz in Athen verabschiedet werden, um die private Kapitalflucht zu unterbinden. Athen kommt nach neuesten Zahlen im laufenden Jahr auf ein Defizit von 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung, das im kommenden Jahr nur geringfügig sinken soll.