Schuldenstreit mit der EU Wenig Konkretes aus Athen
Im Schuldenstreit mit der EU wird er keine "bedingungslose Kapitulation" unterschreiben: Das machte Griechenlands Regierungschef Tsipras im Parlament klar. Nur: Die internationalen Kreditgeber wären schon froh, wenn Athen überhaupt etwas zu Papier bringen würde.
Seit vier Tagen verhandeln sie nonstop: Die früher einmal Troika genannten Gesandten des Kreditgeber-Trios Internationaler Währungsfonds, Europäische Zentralbank und EU-Kommission ringen in Brüssel und in Athen mit den Finanzexperten der griechischen Regierung.
Zwar wissen jetzt die in der sogenannten Brüssel-Gruppe sitzenden Vertreter der drei Institutionen, dass Athen eine Reihe begrüßenswerter Vorsätze hat, zum Beispiel den Treibstoff- und Zigarettenschmuggel zu bekämpfen, die Mehrwertsteuer elektronisch einzuziehen und Griechenlands TV-Sender zu verpflichten, Werbeeinnahmen zu versteuern. Auch, dass die Spitzensteuersätze erhöht und Steuern in Griechenland insgesamt konsequenter eingetrieben werden sollen, ist in Brüssel als Signal angekommen. "Die Tatsache, dass Experten seit Tagen durcharbeiten, zeigt den Willen beider Seiten sich zielführend miteinander einzulassen", betont denn auch der Sprecher der EU-Kommission, deren Chef Jean -Claude Juncker einen Austritt Griechenlands aus dem Euro immer wieder kategorisch ausgeschlossen hatte.
Doch um nicht durch staatliche Insolvenz den Verbleib im Euro zu riskieren, braucht die Athener Regierung nach Einschätzung der EU-Kommission sehr schnell sehr viel Geld. Die bisher in Brüssel vorgelegten Vorschläge sind nach Einschätzung der drei entscheidenden internationalen Griechenland-Kreditgeber aber viel zu vage und in ihren Auswirkungen zu wenig bezifferbar, um an eine Freigabe jener über sieben Milliarden Euro zu denken, die sich noch auf den diversen Konten des verlängerten zweiten Griechenland-Hilfsprogramms befinden.
"Die Lage spitzt sich weiter zu", bringt der CDU-Europaparlamentarier Herbert Reul die Situation auf den Punkt. Zwar sei man daran interessiert, Griechenland im Euro-Raum zu halten, aber "nicht um jeden Preis."
Zur Untätigkeit verdammt
Nach wie vor ist nämlich unklar, unter welchen konkreten Bedingungen Athen zum Beispiel einer Privatisierung seiner 14 Regionalflughäfen zustimmen will, an deren Erwerb und Modernisierung der deutsche Flughafenbetreiber Fraport interessiert ist. Völlig offen lässt die Tsipras Regierung auch, wie das Rentensystem saniert werden soll und an welchen Arbeitsmarktreformen sie festhalten wird. Solange aber Athen entscheidende Spar-und Reformmaßnahmen nicht zu Papier bringt, solange sind die Finanzexperten der potenziellen Kreditgeber zur Untätigkeit verurteilt. Und auch Wolfgang Schäuble, Giannis Varoufakis und die Finanzminister der anderen 17 Eurostaaten werden sich erst nach Ostern in Brüssel treffen.
Die Eurogruppe, die gehofft hatte, zu Beginn dieser Woche ein stringentes Reform-und Sparkonzept aus Athen zu bekommen, muss tatenlos zusehen, wie Griechenlands finanzieller Spielraum immer mehr gegen Null tendiert. Auch der Haushaltsausschuss des Bundestags, der über die Auszahlung weiterer Kredit-Milliarden aus EU-Töpfen informiert werden muss, kann in die Osterferien fahren.
Moskau-Besuch sorgt für Irritationen
Allerdings trägt es nicht gerade zur Beruhigung in Brüssel und Berlin bei, dass die griechische Regierung jetzt verstärkt ihre ohnehin guten Kontakte zum Kreml pflegt: Irritiert registrieren hohe EU-und NATO-Mitarbeiter in Brüssel, dass Tsipras seinen für Mai geplanten Moskau-Besuch auf den 8. April vorgezogen hat. Also auf jenen Tag, an dem Athen knapp eine halbe Milliarde Euro Kredit an den Internationalen Währungsfonds in Washington zurückzahlen muss und von dem an die Tsipras-Regierung mit dem Problem der Zahlungsunfähigkeit konfrontiert sein dürfte.