Aufruf der Gewerkschaften Neuer Streiktag gegen griechische Rentenreform
Aus Protest gegen die Rentenreform der Regierung sind erneut Tausende Griechen dem Aufruf der Gewerkschaften zu neuen Protesten gefolgt. Schulen, Banken und Ämter bleiben geschlossen. Fährverbindungen und Inlandsflüge wurden gestrichen.
Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Die gute Nachricht des Streiktags: Die großen internationalen Flughäfen des Landes sollen den ganzen Tag geöffnet bleiben. Dieses Zugeständnis konnte die griechische Tourismusindustrie den Gewerkschaften abringen. Kleinere Flughäfen dürften aber trotzdem bestreikt werden.
Vor allem Fährreisende müssen heute geduldig sein. Am zentralen Hafen der Stadt Piräus Nahe Athen wollen Gewerkschaftsaktivisten Insel-Fähren blockieren. Das hatten sie bereits Ende vergangener Woche gemacht und damit ein Chaos ausgelöst. Die Fähren konnten nicht zu den Ägäis-Inseln auslaufen, Tausende Touristen saßen in Piräus fest.
Gewerkschaften erwarten drei Millionen Streikteilnehmer
Generell rechnen die beiden Gewerkschaftsdachverbände damit, dass sich heute rund drei Millionen Griechen an dem Streik beteiligen, und zwar sowohl Angestellte des privaten als auch des öffentlichen Sektors.
Betroffen sind auch der Bahnverkehr, die öffentliche Verwaltung, Banken und einige Industriebetriebe. In vielen Krankenhäusern wird nur ein Notdienst angeboten. Da auch die meisten griechischen Journalisten die Arbeit niederlegen wollen, fallen heute viele Radio- und Fernsehsendungen aus, auch in etlichen Zeitungsredaktionen wird nicht gearbeitet.
Fünfter Großstreik binnen weniger Monate
Der landesweite Streik heute ist die fünfte große Streikaktion innerhalb weniger Monate. Die beiden Gewerkschaftsdachverbände GSEE und ADEDY protestieren damit gegen die Rentenreform, die von der Regierung Ende vergangener Woche beschlossen wurde. Sie sieht unter anderem vor, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, von heute durchschnittlich 61,3 auf künftig 65 Jahre. Außerdem soll es schwieriger werden, in Frührente zu gehen. Die Rentenhöhe wird darüber hinaus gesenkt.
Mehrheit der Griechen gegen Rentenreform
Dass die Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou die Reformpläne in den kommenden Tagen auch durch das Parlament bekommt, steht so gut wie fest. Die regierende PASOK-Partei verfügt im Parlament über eine breite Mehrheit. Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Renten-Sparpläne nach den neuesten Umfragen allerdings ab.
Die griechische Regierung hat versprochen, in den kommenden zweieinhalb Jahren rund 30 Milliarden Euro zu sparen. Das Versprechen war Voraussetzung für die Rettungskredite des Internationalen Währungsfonds IWF und der Euro-Länder. Diese Kredite haben den griechischen Staat vor der Pleite bewahrt.
IWF erwartet wachsende Wirtschaft ab 2012
Der IWF-Beauftragte für Griechenland, Thomsen, betonte in der Tageszeitung "To Vima", das Land sei mit dem Sparprogramm der Regierung Papandreou auf dem richtigen Weg. Die griechische Wirtschaft werde dieses Jahr zwar um vier Prozent schrumpfen, im übernächsten Jahr aber wieder wachsen.