Nach Vertagung der Kredit-Freigabe Streit der Geldgeber frustriert Griechen
Für Griechenland ist die Uneinigkeit der Geldgeber bei der Freigabe der nächsten Milliardenkredite ein schwerer Schlag. Ministerpräsident Samaras bezeichnete die abermalige Verzögerung als Gefahr für das Land. Die Gegner des harten Sparkurses sprechen von einer Erniedrigung der Regierung.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Ministerpräsident Antonis Samaras ist sichtlich enttäuscht. Denn vor seinem Volk steht er nun mit leeren Händen da. Mit Engelszungen hatte Samaras auf die Abgeordneten im Parlament eingeredet, damit sie das Sparpaket und den Haushalt fürs kommende Jahr verabschieden. Denn dann, so Samaras vor einigen Tagen im Parlament, dann werden neue Hilfskredite von der EU kommen, dann werden die anderen Euro-Länder sich dazu bekennen, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Das werde Investoren anlocken, den Aufschwung bringen.
Aber: All diese Versprechungen von Samaras bleiben vorerst unerfüllt. Denn die Euro-Finanzminister haben zunächst einmal gar nichts entschieden. Und das sei gefährlich, sagt Samaras heute. Weitere Verzögerungen seien nicht nur eine Gefahr für Griechenland, sondern für die gesamte Eurozone.
Geduld der Griechen ist aufgebraucht
Viele Griechen sind mit der Geduld am Ende. Das zeigen die Proteste auf den Straßen Athens. Streng nach den Sparbeschlüssen stellten etliche Behörden Listen mit den Namen von Angestellten auf, die entlassen werden sollen. Die ersten Listen sind fertig. Die Betroffenen marschieren protestierend durch die Stadt - wie diese 37-jährige Rathaus-Angestellte: "Ich steh' auf der Liste", sagt sie. "Nach 15 Jahren im öffentlichen Dienst. Mein ganzes Leben wird auf den Kopf gestellt. Ohne Arbeit, ohne Aussicht auf neue Arbeit. Und das passiert mir, einer Mutter mit drei Kindern. Was soll ich sagen? Das sagt doch alles!"
Gewerkschafts-Chef Kostas Tsikrikas appelliert an die EU und die Troika aufzuhören, weiter solche Entlassungen zu verlangen. "Diese Entlassungen bringen unsere Gesellschaft aus dem Gleichgewicht. Wir können nicht noch mehr Arbeitslosigkeit verkraften", sagt er. Die größte Oppositionspartei Griechenlands, das Bündnis der Radikalen Linken, sieht die Politik der Regierung vollends gescheitert: Die Regierung tue immer nur das, was die Troika in Brüssel verlange - und dann lasse sich die Regierung immer wieder von Neuem erniedrigen.
EZB-Notkredite statt der versprochenen Milliardenhilfen
So muss sich Griechenland vorerst mit Notkrediten von der Europäischen Zentralbank über Wasser halten und weiter auf die zugesagten Hilfskredite in Höhe von insgesamt 45 Milliarden Euro warten. Diese Finanzspritze braucht Ministerpräsident Samaras dringend. Nicht nur, weil dann die Staatskasse wieder etwas aufgefüllt wird, sondern vor allem, weil die Hilfe der anderen Euro-Länder als Beweis dienen soll, dass es sich lohnt, Griechenland zu retten, dass Griechenland eine Zukunft hat.
Samaras betonte heute eindringlich: Griechenland habe seine Verpflichtungen erfüllt - gemeint ist der Beschluss für das Sparpaket. Nun müssten auch die Partner in der Euro-Zone ihre Verpflichtung erfüllen, nämlich endlich die nächsten Hilfskredite überweisen.