Parlament will Einschnitte beschließen Wütende Griechen stemmen sich gegen Sparpaket
Am Abend will das griechische Parlament ein weiteres Sparpaket mit Lohnkürzungen und Steuererhöhungen beschließen. Zehntausende wütende Demonstranten protestieren dagegen. Sie wollen den Abgeordneten den Weg ins Parlament versperren. Am Rande soll es wieder Krawalle gegeben haben.
Von Oliver Neuroth, ARD-Hörfunkstudio Istanbul, zzt. Athen
"Papandreou lässt das Land herunterkommen, um sich zu retten", titelt eine rechtsgerichtete griechische Zeitung. Ein konservatives Blatt schreibt: "Die politische Führung streitet sich, während das Volk angstvoll ist." Und eine Boulevardzeitung bringt es so auf den Punkt: "Der große Zorn - Menschenmeer in Athen" - und spielt damit auf die eskalierte Protestkundgebung gestern Nachmittag an. Linksextreme warfen Brandsätze in Richtung Polizei. Diese reagierte mit Tränengas und Schlagstöcken. Mehr als 20 Menschen wurden verletzt.
Behörden fürchten weitere Krawalle
Die Behörden rechnen damit, dass es auch heute zu Krawalle kommen kann. Vor dem Parlamentsgebäude in der Athener Innenstadt versammelten sich am Vormittag wieder zehntausende Menschen. Sie riefen laut "Diebe" in Richtung des Parlaments. Die Straßen rund herum sind gesperrt.
"Wir protestieren, weil die Regierung uns alle Arbeitnehmerrechte nehmen will, die wir uns über Jahre erkämpft haben. Außerdem wollen sie bei der Sozialversicherung kürzen", sagt ein Demonstrant. Ein anderer ergänzt: "Ich hoffe, der Protest bringt etwas. Aber auch wenn nicht, wir müssen einfach Flagge zeigen und wollen das auch weiterhin tun!"
Entscheidung über Sparpaket im Parlament
Das Parlament wird voraussichtlich am Nachmittag damit beginnen, über die einzelnen Paragraphen des Sparpakets zu entscheiden. Die endgültige Abstimmung ist für den Abend geplant. Eine Gewerkschaft, die der kommunistischen Partei Griechenland nahesteht, will die Abgeordneten daran hindern, ins Parlament zu kommen. "Heute versuchen wir, das Parlament zu umzingeln, weil heute das Spargesetz verabschiedet wird, mit all den Maßnahmen gegen den privaten Sektor, gegen den öffentlichen Dienst und gegen die Beamten und Rentner", sagt ein Sprecher der Gewerkschaft. "Es ist also ein sehr wichtiger Tag für die Arbeiterbewegung Griechenlands."
Regierung legt Liste mit Steuerbetrügern vor
Vor den letzten Beratungen über das Sparpaket legte das griechische Finanzministerium den Abgeordneten im Parlament am Morgen eine Liste mit Steuersündern vor. Darauf stehen die Namen von fast 2500 Griechen, die ihr Geld unversteuert ins Ausland geschafft haben oder dem Staat große Summen schulden. Es gehe um Menschen aller Klassen - vom Klempner bis zum Chefarzt.
In einem Fall soll ein Bürger in seiner Steuererklärung ein jährliches Einkommen von 42.000 Euro angegeben, dabei aber ein Vermögen von 104 Millionen Euro im Ausland gehabt haben. Ein Unternehmer schulde dem Staat noch Steuern in Höhe von 636 Millionen Euro. Die Namen der Steuersünder wurden nicht veröffentlicht.