Nach der Galeria-Insolvenz Was wird aus den Staatshilfen?
Die erneute Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof hat nicht nur Folgen für Warenhäuser und Beschäftigte. Auch der Bund ist betroffen, denn er hat den Konzern mit rund 680 Millionen Euro gestützt.
März 2020: Der erste Corona-Lockdown hat massive Folgen für die Wirtschaft. Der kurz zuvor fusionierte Galeria Karstadt Kaufhof Konzern geht in die Knie. Eine erste Insolvenz übersteht der Konzern nach erfolgreichen Verhandlungen mit Gläubigern - und dank der Aussicht auf staatliche Hilfen.
Der Bund gewährt, noch zu Zeiten der Großen Koalition, einen ersten Hilfskredit in Höhe von 460 Millionen Euro. Später, in Zeiten der Ampelkoalition, steigt das Engagement des Bundes auf 680 Millionen Euro. Hilfen, von denen der Galeria-Vorstand damals sagt, aus ihnen erwachse für die Steuerzahler weder ein Risiko noch ein Nachteil. Geld, das nun aber im Feuer steht.
Bürgschaft als "once in a lifetime gift"?
Das Bundeswirtschaftsministerium verweist jedoch auf die besondere Situation, in der sich Galeria in Corona-Zeiten befunden habe. Staatshilfen seien immer eine Möglichkeit, um exogene Schocks, die Unternehmen unverschuldet in Schieflage bringen, auszugleichen, sagt Daniel Greve, Sprecher von Wirtschaftsminister Habeck. Auch die Belebung der Innenstädte habe bei der Unterstützung volkswirtschaftlich eine Rolle gespielt.
Im Zusammenhang mit der Pleite des Galeria-Investors René Benko wurde zuletzt jedoch kolportiert, der Konzern habe die staatliche Unterstützung damals gar nicht gebraucht - Benkos Team habe im Zusammenhang mit einer Bürgschaft von Bund und Ländern sogar süffisant von einem "once in a lifetime gift by the German State" gesprochen, also einem einmaligen Geschenk der deutschen Regierung, so die "Bild am Sonntag". Den Bericht will das Wirtschaftsministerium nicht kommentieren.
Der größte Teil ist abgeschrieben
Klar ist aber, dass es mit einer Rückzahlung der Staatshilfen schlecht aussieht - zum größten Teil mussten diese bereits abgeschrieben werden, erläutert Oliver Olpen vom Bundesfinanzministerium in der Regierungspressekonferenz: Schon im Rahmen des Schutzschirmverfahrens Ende 2022 habe eine Stille Einlage - aufgrund ihres Eigenkapitalcharakters - aus insolvenzrechtlichen Gründen abgeschrieben werden müssen. Von den ursprünglich 680 Millionen Euro, die aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds in verschiedenen Formen geflossen sind, stehen nur noch 88 Millionen Euro in den Büchern.
Ob der Bund von den 680 Millionen Euro also noch einen Cent wiedersieht? Ministeriumssprecher Olpen will hier keine Prognose geben: Das hänge vom Ausgang des Insolvenzverfahrens sowie von möglichen Veräußerungserlösen im Rahmen des Verfahrens ab.
Verlangsamen Hilfen nur den Strukturwandel?
Eine Debatte über die grundsätzliche Sinnhaftigkeit von Staatshilfen hat der Fall Galeria im politischen Berlin bislang aber nicht ausgelöst. Man müsse immer den Einzelfall sehen, heißt es aus den beteiligten Ministerien. Zumal der Bund darauf verweisen kann, dass andere Staatshilfen längst zurückgezahlt sind, insbesondere die milliardenschweren Hilfen an die Lufthansa und den Reisekonzern TUI. In beiden Fällen konnte der Bund, da es sich um Darlehen handelte, auch Zinseinnahmen im dreistelligen Millionenbereich erzielen.
Dass es bei der Frage, ob Staatshilfen in Krisensituationen sinnvoll sind, keine einfachen Antworten gibt, erläutert auch der Ökonom Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW). Entscheidend sei, ob "der Staat Unternehmen unter die Arme greift, die einem Schockereignis ausgesetzt sind, das erkennbar vorübergehend wirkt, wie etwa die Lockdowns während der Corona-Pandemie, oder ob man sich insgesamt gegen den Strukturwandel stemmt".
Im ersten Fall könne eine Hilfe stabilisierend wirken, sagt Kooths im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Im zweiten Fall würden nur Strukturen konserviert, die auch auf Dauer nicht wettbewerbsfähig werden können. "Damit verbrennt der Staat nur das Geld der Steuerzahler."
Es hat Warnungen gegeben
Genau davor hatten Beobachter aus der Wissenschaft, aber auch einzelne Politiker bei der zweiten Unterstützung für den Galeria-Konzern 2022 gewarnt. Es stellten sich viele kritische Fragen zur ökonomischen Perspektive der Kaufhauskette, erklärte der Grünen-Abgeordnete Sven-Christian Kindler. Handelsexperten sprachen sogar von einem "Skandal" und verwiesen sowohl auf eklatante Managementprobleme bei Galeria, als auch auf das veränderte Einkaufsverhalten, das allgemein für Probleme bei Warenhäusern sorgt.
Als Vorschlag für die Zukunft verweist der Ökonom Kooths auf einen Vorschlag des IfW für staatliche Stabilisierungsmaßnahmen: Es sollten immer nur Unternehmen unterstützt werden, die schon vor einer Krise gezeigt haben, dass sie profitabel sind. Damit könne der Staat Fehlinvestitionen weitgehend vermeiden - und damit den Verlust von Steuergeldern wie im Fall Galeria.