Sarkozy kündigt Einschnitte an Konjunktur zwingt Frankreich zum Sparen
Mit einem Fernsehinterview hat der französische Präsident Sarkozy seine Landsleute auf weitere Milliardeneinsparungen eingestimmt. Er begründete dies auch mit einem geringeren Wirtschaftswachstum 2012. Der Auftritt galt als Start in den Präsidentschaftswahlkampf.
Von Johannes Duchrow, WDR-Hörfunkstudio Paris
Die wichtigste Nachricht für die Franzosen: Ihr Staat muss den Gürtel noch enger schnallen. Nicolas Sarkozy brauchte 42 Minuten, um die Katze aus dem Sack zu lassen. "Um seriös zu bleiben, werden wir die Wachstumsprognose wie unsere deutschen Freunde anpassen: auf ein Prozent im kommenden Jahr", sagte er. "Das heißt auch, dass wir den Haushalt anpassen werden: Wir müssen dabei sechs bis acht Milliarden Euro finden."
Seit einigen Tagen wurde deshalb auch spekuliert, ob die Regierung die Mehrwertsteuer erhöhen könnte. Doch nach einer Umfragekrise wegen einer Soft-Getränke-Steuer ist das für Sarkozy ausgeschlossen. "Es wird auf keinen Fall eine allgemeine Erhöhung der Mehrwertsteuer geben", betonte der Präsident. "Aus einem einfachen Grund: Es würde die Kaufkraft der Franzosen belasten, der Konsum würde sinken, und das wäre ungerecht."
Schulstunde für das französische Volk
Das Interview mit dem Staatspräsidenten war angekündigt worden als Schulstunde für das französische Volk, um den Menschen die allgemeine Lage und vor allem die Euro-Beschlüsse zu erläutern. Deshalb redete der Präsident auch lange über den Rettungsfonds EFSF, die mögliche Abhängigkeit von China, die er nicht sieht, und über die Aufgabe der europäischen Familie, Griechenland und damit Europa zu retten.
Die Inszenierung wird in Frankreich allgemein als Einstieg Sarkozys in den Präsidentschaftswahlkampf gesehen. Immer wieder gab es Sätze wie diesen: "Wissen Sie, weshalb Deutschland 2,3 Prozent und Frankreich schon drei Prozent an Zinsen zahlt? Weil man den Franzosen 1983 erläutert hat, dass man das Rentenalter von 65 auf 60 Jahre senken konnte. Deutschland hat das Gegenteil gemacht." Sarkozy fügte gleich noch ein weiteres Beispiel für seinen Vergleich mit Deutschland an: "2001 wurde die 35-Stunden-Woche eingeführt, die die Wettbewerbsfähigkeit des Landes ruiniert hat." Der damalige Bundeskanzler Schröder habe das Gegenteil getan.
Detailgenaue Inszenierung
Vor französischer und europäischer Flagge, in einem gold getäfelten Raum des Elysées, hatten die Kommunikationsfachleute für den Auftritt des Präsidenten alles vorgeschrieben: den Zeitpunkt des Interviews, die zwei Journalisten, die Fragen stellten, die Produktionsgesellschaft aus dem Firmenimperium eines engen Freundes des Präsidenten. Seine Partei, die UMP verstand die Nachricht: Von den sage und schreibe fünf Pressemitteilungen, die die UMP nach dem Interview verschickte, hatten drei den Titel "Ansprache des Präsidenten".
Für seine Gegner war denn auch nach dem Fernsehauftritt die größte Kritik eine, die die rechtsextreme Marine Le Pen am spitzesten formulierte. "Ich würde es natürlich vorziehen, wenn er offiziell Kandidat würde", sagte sie. "Denn eine Biltzkampagne ab Februar bedeutet, dass er den Wahlkampf bis dahin in den Kleidern des Präsidenten macht. Das ist nicht sehr loyal." Sarkozy ficht solche Kritik nicht an. Er sei auch nicht da, um seine schlechten Umfrageergebnisse zu kommentieren, sondern um Dinge zu entscheiden.