Streit über EU-Fiskalpakt Schäuble fordert Opposition zum Einlenken auf
Die Koalition erhöht den Druck auf die Opposition, ihre Bedenken gegen eine rasche Ratifizierung des EU-Fiskalpakts aufzugeben. Finanzminister Schäuble sagte, es wäre unverantwortlich, dies in den Herbst zu verschieben. Zudem signalisierte der CDU-Politiker seine Bereitschaft, Chef der Eurogruppe zu werden.
Im Streit über eine rasche Umsetzung des europäischen Fiskalpakts hat Finanzminister Wolfgang Schäuble die Opposition zum Einlenken aufgefordert. Er sei zuversichtlich, dass Bundestag und Bundesrat noch vor der Sommerpause zustimmen werden, sagte er "Welt Online".
Es wäre seiner Meinung nach unverantwortlich, die Entscheidung auf den Herbst zu verschieben und den Vertrag erst nach dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM zu verabschieden. "Das kann die Opposition nicht ernsthaft verlangen", sagte der CDU-Politiker weiter.
Für den Fiskalpakt benötigt die Regierung Zwei-Drittel-Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat, sie ist damit auf die Opposition angewiesen. Die SPD hatte zuvor eine zeitliche Verschiebung verlangt, da noch viele Fragen zu dem europäischen Projekt ungeklärt seien.
Döring warnt vor "plumpen innenpolitischen Manövern"
Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring geht nach eigenen Worten davon aus, dass der avisierte Termin für die Fiskalpakt-Abstimmung beibehalten wird. Das sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Die Entscheidung über den europäischen Fiskalpakt, der eine verbindliche Schuldenbremse enthält, würde demnach am 25. Mai im Bundestag fallen.
"Wir sind in einem Ratifizierungsverfahren, und daher kann der Vertragstext nicht mehr verändert werden", sagte er weiter. Die SPD müsse sich fragen, ob sie den Pakt tatsächlich "durch plumpe innenpolitische Manöver" verhindern wolle.
Schäuble mahnte SPD und Grüne, ihre Zustimmung nicht von der Einführung einer Finanztransaktionssteuer abhängig zu machen. Er selbst wolle sich zwar weiter für eine solche Steuer engagieren, doch dabei gebe es in Europa die Regel, dass darüber nur einstimmig entschieden werden könne. Eine Arbeitsgruppe solle nun prüfen, ob man "die Blockade durch einzelne Staaten in der EU nicht durch einen gestuften Ansatz nach dem Motto 'möglichst viel und möglichst viele' umgehen" könne.
Schulz: Finanztransaktionssteuer ist "Frage der Gerechtigkeit"
Der Präsident des Europäischen Parlaments, der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz, sagte hingegen, die Finanztransaktionssteuer müsse und werde kommen: "Das ist eine Frage der Gerechtigkeit." Der neu gewählte französische Präsident François Hollande werde ihre Einführung beim nächsten EU-Gipfel auf die Tagesordnung setzen, sagte er der "Bild am Sonntag". Der Fiskalpakt wird laut Schulz nur Bestand haben, wenn es gleichzeitig einen gleichberechtigten Wachstumspakt gebe.
Die SPD will ihre Position zum Fiskalpakt in der nächsten Woche konkretisieren. Sie will den Fiskalpakt durch Maßnahmen für mehr Wachstum in den südeuropäischen Krisenstaaten ergänzen und verlangt, dass sich die Bundesregierung geschlossen für eine Finanzmarktbesteuerung in Europa einsetzt.
In der Diskussion über EU-weite wachstumsfördernde Programme wandte sich Schäuble abermals gegen eine Lockerung des Sparkurses: "Höhere Schulden führen nicht zu mehr Wachstum", sagte er der "Welt am Sonntag". Sinnvoll sei es hingegen, "europäische Programme stärker zu fokussieren, zum Beispiel stärker zur Förderung der dualen Berufsausbildung zu nutzen". Die Berufschancen junger Menschen müssten "wichtiger sein als immer neue Autobahnen".
Eurogruppenchef? Schäuble wäre bereit
Unterdessen signalisierte Schäuble abermals seine grundsätzliche Bereitschaft, den Vorsitz der Eurogruppe zu übernehmen. "Als deutscher Finanzminister muss ich mich so oder so stark engagieren", sagte er der "Welt am Sonntag" und fügte hinzu: "Deswegen sage ich auch nicht, dass ich unter keinen Umständen den Vorsitz übernehmen kann, wie es andere getan haben." Der amtierende Chef der Eurogruppe, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, gibt seinen Posten Ende Juni ab.