Scholz zu geplanter Aktiensteuer "Jetzt können wir den Sack bald zumachen"
In zehn EU-Staaten könnte künftig auf Aktienkäufe eine Steuer anfallen. Nach zähem Ringen kann Finanzminister Scholz nun einen "finalen Vorschlag" vorlegen. Doch dem müssen auch die EU-Partner zustimmen.
Seit 2011 wird in der EU über eine mögliche Finanztransaktionssteuer verhandelt - nun stehen die Gespräche nach Angaben des Finanzministeriums kurz vor ihrem Abschluss.
"Wir sind bei der Finanztransaktionssteuer in den letzten Wochen gut vorangekommen. Jetzt können wir den Sack bald zumachen", hieß es von Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Ein "so großes wirtschaftliches Geschehen" wie der Kauf eines solchen Wertpapieres dürfe "nicht anders behandelt werden", als das, was alle Bürger und Geschäftsleute "erleben und praktizieren", sagte Scholz in einem von seinem Ministerium veröffentlichten Statement. Denn jeder müsse im Alltag Steuern zahlen, auf Umsätze etwa. "An Börsenplätzen wie Paris und London ist das längst gang und gäbe", fügte der SPD-Politiker hinzu.
Laut Ministeriumsangaben will Scholz noch im Laufe des Tages den an den Verhandlungen beteiligten Staaten einen "finalen Vorschlag für einen Richtlinientext" zur Einführung der Steuer vorlegen. Er werbe bei seinen Amtskollegen um die abschließende Zustimmung, um das formelle Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene einleiten und rasch abschließen zu können.
Steuer gilt nur für Aktien von Milliardenunternehmen
Die Steuer soll den Plänen zufolge künftig in zehn EU-Mitgliedsstaaten erhoben werden. Personen, die Aktien großer Unternehmen kaufen, sollen eine Steuer von 0,2 Prozent des Geschäftwertes an den Fiskus entrichten. Diese gelte aber nur für Aktien von Unternehmen, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind.
In Deutschland seien das 145 Unternehmen, in den insgesamt zehn Staaten mehr als 500. Geplant sei die Steuer neben Deutschland auch in Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und der Slowakei.
Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro erhofft
Scholz hofft auf zusätzliche Einnahmen von jährlich rund 1,5 Milliarden Euro. Ein "erheblicher Teil" davon soll die geplante Grundrente finanzieren. Laut der Nachrichtenagentur Reuters soll mindestens eine Milliarde der Einnahmen durch die sogenannte Aktiensteuer für diesen Zweck verwendet werden.
Die von der Großen Koalition beschlossene Grundrente soll 2021 eingeführt werden. Mit ihr sollen Menschen bessergestellt werden, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben, aber trotzdem nur eine Mini-Rente bekommen. Die GroKo rechnet mit Kosten von bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.
Jahrelanger Verhandlungsstillstand
Die Pläne für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Europa waren seit Jahren nicht vorangekommen. In einer EU-weiten Form scheiterten sie 2013 am Widerstand Großbritanniens und Schwedens. Danach versuchte eine Gruppe aus zuletzt noch zehn Ländern einschließlich Deutschlands und Frankreichs, das Vorhaben im Rahmen der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit umzusetzen. Sie konnten sich bisher aber nicht einigen.
Kritik von FDP und Linkspartei
Und auch der nun offenbar ausgehandelte Kompromiss stößt auf Widerstand. Florian Toncar von der FDP kritisierte, dass die Steuer auch "ganz normale Kleinsparer" treffen könnte, "die Geld etwa für die Altersvorsorge oder ihre Kinder anlegen". Auch der Finanzexperte der Linkspartei, Fabio De Masi, bemängelte, dass die Pläne zu kurz griffen, da sie nur Aktiengeschäfte erfassten: "Über 90 Prozent der Transaktionen - darunter Derivate auf Rohstoffe oder Indizes - sind ausgenommen."