Frankfurt und Aschaffenburg So entsteht die größte Volksbank Deutschlands
In Frankfurt am Main entsteht die größte deutsche Volksbank, deren Geschäftsgebiet sich über hundert Kilometer erstreckt: von Weilburg in Mittelhessen bis Weibersbrunn im bayerischen Spessart.
Es entsteht die größte deutsche Volksbank: Mittwochabend hat die Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg beschlossen, ihr Geschäft rückwirkend zum Jahresanfang in die Volksbank Frankfurt einzubringen. Aschaffenburg steuert gut 3,5 Milliarden Euro Geschäftsvolumen bei ("Bilanzsumme"). Die Frankfurter Volksbank hat Ende vergangenen Jahres für 15,5 Milliarden Euro Geschäft gebucht.
Aschaffenburger Geschäftsmodell
Die bisherige Aschaffenburger Genossenschaftsbank leidet unter hohen Kosten und hatte Belastungen aus schlechten Wertpapieren und faulen Krediten zu verbuchen. Weil sie sehr stark Bau- und Immobiliengeschäfte finanziert, sehen Wirtschaftsprüfer "strukturelle Risiken", die durch sinkende Hauspreise und schwache Baunachfrage nicht besser werden.
Vor vier Jahren waren durch aufwändige Umbuchungen 9,2 Millionen Euro stille Reserven gehoben worden, was den seinerzeit schlechten Betriebsgewinn von nur 8,2 Millionen Euro deutlich förderte.
Das vergangene Jahr lief wieder ordentlich, doch war Vorstand und Aufsichtsrat klar, dass die Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg aus eigener Kraft nicht überleben kann. Es wurden keine modernen Leistungen für junge Digitalkunden entwickelt. Die immer höheren Anforderungen der Staatsaufsicht stellten neue Hürden dar, und die Attraktivität als Arbeitgeber schien zweifelhaft.
Ungleiche Partner
Während die Frankfurter Volksbank deutlich besser abschneidet, bezeichnet ein Gutachten die Ertrags- und Vermögenslage der Aschaffenburger Genossenschaftsbank nur als "ausreichend". Gleichwohl nannte Aschaffenburgs bisheriger Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Georg Florig die Geschäftslage "erfreulich". Vorstandsvorsitzender Claus Jäger sagte, beide Partner seien gesund, "Frankfurt noch etwas gesünder".
Das Schicksal der Aschaffenburger Bank ist typisch. Aktuell geben jährlich vierzig Volksbanken auf und schlüpfen bei stärkeren Nachbarn unter. Gab es vor zehn Jahren noch tausend Genossenschaftsbanken, sind es derzeit 700. Bei den Sparkassen sieht es ähnlich aus: Die 420 Institute vor zehn Jahren sind auf 350 zusammengeschmolzen.
Heimatnähe - ein dehnbarer Begriff
In internen Abteilungen und unter den Mitgliedern in der ländlichen Umgebung von Aschaffenburg gab es Widerstand gegen die Übergabe des Geschäfts, für das die Bank mit "Wir sind heimatverliebt" wirbt.
"Heimat ist für mich Franken", rief ein Mitglied bei der Versammlung am Mittwochabend, "Heimat ist nicht Frankfurt und Hessen." Doch folgten die knapp zweihundert Vertreter dem Vorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand mit nur fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung. Die Frankfurter Volksbank will vor Ort weiter unter der alten Firma "Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg" auftreten.
Es geht um Geld und Vorstandsposten
Das Aschaffenburger Management machte die Geschäftsübergabe gegenüber Personal und Mitgliedern mit besseren Aussichten schmackhaft. Es seien Garantien für Arbeitsplätze und die zahlreichen Filialen vereinbart, zudem winken höhere Einkommen, bessere Berufschancen, höhere Dividenden und mehr Zuschüsse für regionale Aktivitäten.
Schon kommendes Jahr sollen die gemeinsamen Kosten des Zusammenschlusses um fast zehn Millionen Euro sinken, was sich auf 15 Millionen Euro jährlich steigern soll. Woher diese Einsparungen kommen sollen, wurde nicht erörtert.
Die vier Vorstände der bisherigen Aschaffenburger Bank werden zu Vorständen der Frankfurter Volksbank berufen, die bisher fünf Vorstandsmitglieder hat. Legt man die veröffentlichten Gesamtbezüge zugrunde, dürften die Aschaffenburger ihr Einkommen verdoppeln - auf geschätzt eine gute halbe Million Euro jährlich für einfache Vorstandsmitglieder. Die beiden Banken lehnten Stellungnahme ab.