Uneinheitliche Märkte Wall Street-Anleger im Wechselbad der Gefühle
Überraschend schwache Konjunkturdaten haben an der Wall Street für Ernüchterung gesorgt. Anleger fürchten nun eine größere Schwäche der Wirtschaft. Lediglich KI-Aktien trotzten der schlechten Stimmung.
Überraschend schwache Konjunkturdaten haben zum Wochenstart dafür gesorgt, dass die großen Aktienindizes anfänglich höhere Kurse nicht halten konnten. Vor allem der Dow Jones-Index, der Leitindex der Standardwerte, geriet im Verlauf unter Druck, konnte aber gegen Sitzungsende die Verluste noch eingrenzen. Am Ende stand ein Minus von 0,3 Prozent auf 38.571 Punkte.
Besser hielt sich die Technologiebörse Nasdaq, die von der Fortsetzung des KI-Booms profitierte und 0,56 Prozent höher schloss. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann knapp 0,4 Prozent.
Der marktbreite S&P-500-Index, in dem sowohl Technologie- als auch Standardaktien enthalten sind, ging bei 5.283 Zählern um 0,1 Prozent leicht höher aus dem Handel. "Nach dem kraftvollen Schluss vom Freitag ist etwas die Luft raus", sagte Analyst Bret Kenwell vom Online-Broker eToro.
Kopfzerbrechen bereitete Börsianern der überraschende Rückgang des Barometers für die Stimmung der US-Einkaufsmanager für die Industrie auf 48,7 Punkte. Dies signalisierte einen wirtschaftlichen Abschwung. Die Bauausgaben sanken ebenfalls. Diese Zahlen schürten zwar die Spekulationen auf eine baldige US-Zinssenkung, sagte Helaba-Analyst Ralf Umlauf. "Eine Lockerung bereits in diesem Monat bleibt aber unwahrscheinlich." Die Fed berät in der kommenden Woche über ihre Geldpolitik.
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat sich zum Ziel gesetzt, die Inflation zu bekämpfen, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Dieses Szenario, das bisher größtenteils aufgegangen war, erhielt heute einen Dämpfer. Auch weil die Inflation sich weiter als zäh erweist und Zinssenkungen bisher verhindert hat.
Anleger warten nach dem insgesamt positiv verlaufenen Vormonat daher gespannt auf den Arbeitsmarktbericht am Freitag. Dieser spielt eine große Rolle für die Geldpolitik der Fed. Der Markt hofft auf eine erste Zinssenkung im September.
Den geldpolitischen Unsicherheiten steht derzeit an der Wall Street der Boom um das Thema "Künstliche Intelligenz (KI)" entgegen. Mit einer neuen Generation von Spezialprozessoren für Künstliche Intelligenz (KI) will AMD den Weltmarktführer Nvidia herausfordern. "KI ist unsere oberste Priorität", sagte AMD-Chefin Lisa Su heute bei der Vorstellung des Chips "MI325X" auf der Fachmesse Computex in Taipeh. Da der Markt in rascher Folge neue Produkte erwarte, könne jährlich mit einer neuen Chip-Generation gerechnet werden.
Anleger bezweifelten allerdings, ob der Halbleiter-Konzern Nvidia größere Marktanteile abjagen kann. AMD-Papiere verbilligten sich nach Anfangsgewinnen um zwei Prozent.
KI-Platzhirsch Nvidia lag hingegen mit einem deutlichen Kursplus von 4,9 Prozent auch am Ende des Tages unverändert stabil im Plus. Bei 1.150 Dollar steht das Papier zudem nur einen Wimpernschlag entfernt vom Rekordhoch bei 1.158 Dollar.
Dies, nachdem der Chip-Konzern am Wochenende für 2026 eine neue Generation seiner KI-Hochleistungsprozessoren angekündigt hatte. Außerdem soll künftig jedes Jahr eine neue Modellfamilie auf den Markt kommen. Nvidia beherrscht etwa 80 Prozent des Weltmarktes für KI-Chips, die pro Stück mehrere Zehntausend Dollar kosten können. Seit dem Siegeszug von ChatGPT & Co reißen sich Software-Hersteller und Cloud-Anbieter um diese Prozessoren für ihre rechenintensiven KI-Programme.
Im Vorfeld des für Donnerstag anstehenden Zinsentscheids der Europäischen Zentralbank (EZB) haben die Anleger bei Aktien zugegriffen. Der Leitindex DAX gewann am Ende 0,6 Prozent auf 18.608 Punkte, der MDAX der mittelgroßen Werte rückte um 0,92 Prozent vor.
Der deutsche Leitindex eroberte damit wieder die Marke von 18.600 Punkten, womit er wieder in seinen jüngsten Seitwärtstrend zwischen 18.600 und 18.900 Punkten zurückkehrte. Dieser war zuletzt immer mal wieder unterschritten worden, was für ein wackliges Gesamtbild am Aktienmarkt sorgte. Am Freitag war der DAX knapp unter die Marke von 18.500 gerutscht. Die Tagesschwankungen lagen heute zwischen 18.503 Punkten zur Eröffnung und 18.697 Punkten im Tageshoch.
Die DAX-Korrektur sei wohl beendet, ist ING-Charttechnikexperte Christian Zollner überzeugt. "Vergessen ist damit das nun bereits mehrmalige, allerdings nur kurzzeitige Abtauchen des Deutschen Aktienindex unter die Unterstützung am früheren Allzeithoch bei 18.570 Punkten", ergänzt Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. "Solange der Markt dieses Niveau am Ende weiter hält, brennt aus technischer Sicht nichts an."
Unternehmensmeldungen waren heute dünn gesät. Tagessieger unter den Einzelwerten im DAX waren RWE und Siemens Energie, die rund 2,4 Prozent zulegten. Brenntag und Sartorius Vorzüge standen am DAX-Ende.
Da die Berichtssaison der Unternehmen beendet ist, wenden sich die Anleger verstärkt den Konjunkturzahlen zu, die für die großen Notenbanken bei ihrer Geldpolitik maßgeblich sind. Sowohl die US-Notenbank als auch die EZB haben stets erklärt, "auf Sicht" zu fahren, was an den Börsen immer wieder für Verunsicherung sorgt.
An der Börse wird fest damit gerechnet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins am Donnerstag um einen Viertel Prozentpunkt auf 3,75 Prozent senken wird. Zwar habe die Inflation zuletzt wieder leicht angezogen, erläuterte Analyst Konstantin Oldenburger vom Online-Broker CMC Markets. Dennoch sei es für die EZB keine Option, wie sonst meist üblich auf einen vergleichbaren Schritt der US-Notenbank zu warten. Sonst drohe eine Rezession. Die Fed werde voraussichtlich erst im September ihre Geldpolitik lockern.
Unsicherheit herrscht allerdings, wie es danach weitergehen wird. Europas Notenbanker hatten zuletzt vor zu schnellen weiteren Zinsschritten gewarnt. Analyst Axel Rudolph vom Brokerhaus IG warnte vor möglichen Kursrücksetzern nach dem EZB-Entscheid. Schließlich sei die Zinssenkungen bereits eingepreist. Er schließe selbst eine größere Korrektur nicht aus.
Der Euro tendiert am späten Nachmittag bei 1,0890 Dollar am Tageshoch. Konjunkturdaten aus der Eurozone fielen am Vormittag positiv aus, konnten den Euro aber noch nicht nennenswert bewegen. Die Industriestimmung von S&P Global hellte sich im Mai auf und erreichte den höchsten Stand seit knapp zwei Jahren. Nach der Veröffentlichung des rückläufigen ISM-Einkaufsmanagerindex aus den USA änderte sich aber das Bild, der Euro legte deutlich zu.
Zuletzt wurde der Euro im US-Handel bei 1,0897 Dollar gehandelt und damit mehr als einen halben Cent mehr als am Morgen im europäischen Handel. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs noch auf 1,0842 (Freitag: 1,0852) Dollar fest.
Die Ölpreise haben im Verlauf ihre Verluste deutlicher ausgebaut. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent fällt um über 3,8 Prozent deutlich auf 78,47 Dollar. Auch ein Fass der US-Leichtölsorte WTI kostet über vier Prozent weniger.
Die Ölkoalition OPEC+ hatte am Wochenende ihre seit November 2022 bestehenden Produktionsbeschränkungen im Umfang von zwei Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag bis Ende 2025 verlängert. Die gut zwanzig Förderstaaten des erweiterten Rohölkartells Opec+ halten ihr Angebot weiter knapp, sie wollen einige Produktionskürzungen aber perspektivisch auslaufen lassen.
Sowohl die Opec-weiten Beschränkungen als auch ein Teil der zusätzlichen Kürzungen von acht Mitgliedern des Kartells wurden bis Ende 2025 verlängert. Letztere machen insgesamt 1,65 Millionen Barrel Rohöl aus. Ein weiterer Teil der freiwilligen Beschränkungen von Ländern wie Saudi-Arabien oder Russland soll jedoch ab Oktober schrittweise auslaufen. Dabei handelt es sich um insgesamt 2,2 Millionen Barrel Erdöl.
Die Opec sendet mit ihrem Beschluss also eine zweigeteilte Botschaft: Sie hält einerseits ihre Förderung grundsätzlich knapp. Andererseits lässt sie einen Teil der Produktionsbeschränkungen über einen Zeitraum von 12 Monaten auslaufen und signalisiert damit eine etwas lockerere Ausrichtung. Die Gaspreise ziehen hingegen stärker an. Grund hierfür war die Abschaltung einer norwegischen Pipeline wegen eines Risses in der Röhre.
Die bundeseigene Förderbank KfW will sich erneut von Telekom-Aktien trennen und damit eine Milliardensumme sichern. 110 Millionen Aktien des DAX-Konzerns sollen an institutionelle Investoren verkauft werden, wie die Bank am Abend nach Börsenschluss in Frankfurt mitteilte. Gemessen am Xetra-Schlusskurs wären das fast 2,5 Milliarden Euro. Auf der Handelsplattform Tradegate ging es nachbörslich für die Telekom-Aktie leicht bergab.
Mit dem geplanten Verkauf dürfte der Anteil des Bundes an der Telekom direkt und indirekt über die KfW auf 27,8 Prozent sinken. "Die KfW und der Bund bleiben die größten Aktionäre der Deutsche Telekom AG", hieß es weiter. Im zweiten Quartal hatte die KfW bereits 22,4 Millionen Aktien über den Markt veräußert. Stand Ende 2023 hielt der Bund gemeinsam mit der KfW noch gut 30 Prozent an der Telekom. Der japanische Softbank-Konzern war zu dem Zeitpunkt noch mit 4,5 Prozent an den Bonnern beteiligt.
Die Deutsche Bank hat wie angekündigt ihr Kernkapital mit der Ausgabe einer zusätzlichen Nachranganleihe gestärkt. Wie der DAX-Konzern aus Frankfurt am Nachmittag bekannt gab, seien AT1-Papiere im Nennwert von 1,5 Milliarden Euro herausgegeben worden. Der fixe Zinskupon liege bis zum 30. April 2030 bei 8,125 Prozent. AT1-Anleihen kann sich das Geldhaus als zusätzliches Kernkapital anrechnen. Die AT1-Papiere sollen erstmals zum 30. Oktober 2029 kündbar sein.
Die Aktien von Delivery Hero legten zum Wochenstart deutlich zu und standen in der Spitzengruppe des MDAX. Dies nach einem positiven Analystenkommentar der Schweizer Großbank UBS. Analyst Jo Barnet-Lamb schrieb zum Wochenstart, dass sich Delivery Heros koreanische Tochter Baemin Marktanteile in einem wachsenden Markt zurückhole.
Der Experte stützte sich dabei auf Lieferdaten für April. Investitionen des MDAX-Unternehmens begännen sich auszuzahlen. Barnet-Lamb empfiehlt weiterhin den Kauf der Delivery-Hero-Aktien und sieht deutliches Kurspotenzial.
Im MDAX gehörte auch die Nemetschek-Aktie zu den gefragtesten Werten. Rückenwind kam von den überraschend starken Quartalszahlen des Software-Herstellers Autodesk. Diese hoben die Stimmung in der Branche, sagte ein Händler. Sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn pro Aktie im ersten Quartal konnte Autodesk nach vorläufigen Zahlen die Schätzungen übertreffen.
Bei der am Mittwoch anstehenden Überprüfung der Index-Zusammensetzungen der Deutschen Börse müssen sich SMA und Morphosys voraussichtlich aus dem MDAX verabschieden. Dem Datenanbieter LSEG zufolge reichen die jeweiligen Marktkapitalisierungen nicht für einen Verbleib im deutschen Nebenwerte-Index.
Im SDAX standen Aktien von Borussia Dortmund unter Druck. Die Papiere büßten über sieben Prozent ein, nachdem der erhoffte Triumph im Champions-League-Finale gegen Real Madrid ausgeblieben ist. Der Fußballclub hatte das Endspiel der Königsklasse am Samstag mit 0:2 verloren.
AP Möller-Maersk hat seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr zum zweiten Mal innerhalb eines Monats angehoben. Die dänische Reedereigruppe und Hapag-Lloyd-Konkurrent verwies auf die anhaltend starke Nachfrage im Containermarkt. Es zeichneten sich zudem weitere Hafenstaus ab, insbesondere in Asien und im Nahen Osten. Erwartet werde nun ein Ergebnis zwischen sieben und neun Milliarden Dollar. Zuvor lag die Schätzung bei vier bis sechs Milliarden.
Die Aktien des Videospielhändlers Gamestop behaupten nach einem anfänglichen Kurssprung von 75 Prozent ein Plus von 21 Prozent auf 28,00 Dollar. Die Papiere kosteten zum US-Handelsschluss am Freitagabend noch 23,14 Dollar.
Für Auftrieb sorgte ein unter Spekulanten thematisiertes Posting von Keith Gill. Gill, alias "Roaring Kitty", hatte mitgeteilt, 5 Millionen Gamestop-Aktien für insgesamt 116 Millionen Dollar gekauft zu haben. Vor gut drei Jahren hatte Gill einen Gamestop-Hype ausgelöst und für heftige Kurskapriolen gesorgt. Nachdem die Aktien 2020 zeitweise nur ein Pennystock waren, trieb Gill den Kurs im Januar 2021 kurzzeitig knapp über 120 Dollar - ebenso deutlich gab das Papier dann aber auch wieder nach.