Händler an der New York Stock Exchange.
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Spekulationen auf US-Zinswende Tech-Rally treibt die Börsen an

Stand: 08.07.2024 22:15 Uhr

Den Anlegern steht in den USA eine ereignisreiche Woche bevor, an deren Anfang sie noch einmal kräftig an den Börsen zugriffen. An den europäischen Märkten blieben Anleger dagegen eher vorsichtig.

Die Aussicht auf fallende Zinsen hat US-Anleger einmal mehr vor allem zu Tech-Aktien greifen lassen. Zum Auftakt einer ereignisreichen Woche in den USA mit wichtigen Inflationszahlen und dem Start der Berichtssaison erreichten sowohl der breit aufgestellte S&P 500 als auch der Technologie-Indizes Nasdaq 100 Höchststände.

Halten konnten die US-Börsen die anfänglichen Gewinne allerdings nur bedingt: Der technologielastige Nasdaq 100 rückte 0,2 Prozent auf 20.439 Zähler vor und der breit gefasste S&P 500 schloss leicht im Plus bei 5.572 Stellen. Der Dow Jones hat am Montag stagniert. Der US-Standardwerteindex blieb fast unverändert bei 39.344 Punkten.

Getragen wurden die Indizes vor allem von den großen Technologiewerten: Die Aktien des Computerkonzerns Apple, des Online-Riesen Amazon und der Facebook-Mutter Meta erreichten im Tagesverlauf jeweils Rekordhochs. Und das vor allem dank neu entfachter Zinshoffnungen jenseits des Atlantik: Aus Sicht von Börsianern haben sich nämlich die Hinweise auf eine Zinswende im September weiter verdichtet, nachdem die Arbeitsmarktzahlen vom Freitag auf eine Konjunkturabkühlung hindeuteten. "Sie haben jetzt die Möglichkeit für eine Senkung, wenn sie wollen", sagte Thomas Hayes von Great Hill Capital mit Blick auf die US-Notenbank Fed.

Am Dienstag könnte es dazu neue Hinweise geben - dann steht Fed-Chef Jerome Powell in einer Kongress-Anhörung den Senatoren im Bankenausschuss Rede und Antwort. Mit Spannung erwarten Anleger am Donnerstag auch die US-Verbraucherpreise für Juni, um Signale für einen möglichen nachlassenden Preisdruck zu erhalten.

Im Fokus bei den Unternehmen steht unterdessen der Auftakt der Bilanzsaison, der traditionell von den großen US-Banken eingeleitet wird. Am Freitag präsentieren unter anderem die Bank of New York Mellon, Citigroup und JP Morgan ihre Ergebnisse für das zweite Quartal.

"Die Unternehmensgewinne des zweiten Quartals in den USA werden einer der entscheidenden Faktoren für die Stimmung am Aktienmarkt für den Rest des Jahres sein", sagte Stratege Marc Ostwald von ADM Investor Services International.

Die Anleger am deutschen Aktienmarkt bleiben zum Wochenstart dagegen vorsichtig und die frühen Gewinne im DAX verflüchtigten sich bis Handelsschluss. Der deutsche Leitindex, der am Morgen noch über 18.600 Punkte gestiegen war, beendete den Handel letztlich mit minus 0,02 Prozent auf 18.472 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 und der französische Cac 40 schlossen ebenfalls etwas tiefer.

Nach dem überraschenden Wahlsieg der Linken droht Frankreich nun ein Patt im Parlament und politische Instabilität. Eine handlungsfähige Mehrheit sei weit und breit nicht in Sicht. "Die 'Lame Duck' in einem Kernland der Europäischen Union ist nicht gerade vertrauenerweckend und mit Perspektiven für Investoren verbunden", schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets.

Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank konstatierte, dass eine Regierung unter Jean-Luc Mélenchon, dem Führer der Linkspartei, "für die EU ein Schreckgespenst" wäre. Denn der EU-Gegner würde den Stabilitäts- und Wachstumspakt wohl konsequent ignorieren. Das bereits nicht EU-konforme Staatsdefizit könnte sich damit noch ausweiten und die zweitgrößte EU Volkswirtschaft Frankreich "zu einem destabilisierenden Faktor werden".

Nicht gerade Euphorie entfachend wirkte denn auch die Aussage des niederländischen Notenbankchefs Klaas Knot, dass derzeit noch offen sei, wann es von der Europäischen Zentralbank (EZB) die nächste Zinssenkung geben wird. In der kommenden Woche werde die EZB die Füße aller Voraussicht nach stillhalten. Die Inflationsaussichten rechtfertigten eine Senkung um einen viertel Prozentpunkt nicht mehr, sagte das EZB-Ratsmitglied dem "Handelsblatt" in einem Interview.

Ein deutliches Schwächesignal kam heute auch von der deutschen Konjunktur, sind die Exporte doch so stark gesunken wie seit Dezember nicht mehr. Die Ausfuhren schrumpften im Mai um 3,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 131,6 Milliarden Euro. Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang von 1,9 Prozent gerechnet. "Nach zwei guten Vormonaten ist der Exportsektor auf dem Boden der Tatsachen zurück", sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

Der Euro hat am Montag etwas zugelegt. Die Gemeinschaftswährung kostete am Abend 1,0829 US-Dollar. Am Morgen hatte sie noch etwas niedriger notiert. Der Euro knüpfte so an seine jüngsten Kursaufschläge an. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0835 (Freitag: 1,0824) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9229 Euro.

Am Rohstoffmarkt verbilligte sich Rohöl der Nordseesorte Brent um 1,0 Prozent auf 85,67 Dollar je Barrel (159 Liter). Experten befürchten jedoch Versorgungsengpässe, da die wichtigsten Häfen in Texas geschlossen wurden, bevor der Tropensturm "Beryl" - vermutlich zu einem Hurrikan verstärkt - auf Land treffen sollte.

Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA hat Inspektionen in mehr als 2.600 Boeing-737-Maschinen in den USA wegen möglicher Probleme mit den Sauerstoffmasken angeordnet. Die Fluggesellschaften müssen innerhalb von 120 bis 150 Tagen überprüfen, ob sich die Sauerstoffmasken richtig funktionieren, wie die FAA am Montag mitteilte.

Zugleich bekannte sich der Flugzeugbauer bekannte heute schuldig, die US-Regierung betrogen zu haben, um einem Gerichtsprozess um zwei tödliche Abstürze von Maschinen des Typs 737 Max zu entgehen.

Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus hat bei den Auslieferungen von Jets im Juni 67 Maschinen an die Kunden übergeben, wie der DAX-Konzern am Montagabend in Toulouse mitteilte. Airbus will im Gesamtjahr noch um die 770 Maschinen ausliefern, bis zur Mitte des Jahres sind es bisher 323. Der Konzern erhielt im Juni Bestellungen über 73 Jets. Stornierungen von Aufträgen gab es dagegen keine.

Der traditionsreiche Hollywood-Konzern Paramount bekommt einen neuen Besitzer. Filmproduzent David Ellison und seine Partner nehmen für die Übernahme mehr als acht Milliarden Dollar in die Hand. Der 41-jährige Ellison wird nach Abschluss des Deals neuer Paramount-Chef.

Die EU-Kommission leitet eine Untersuchung zu den milliardenschweren Staatshilfen für die Lufthansa während der Corona-Pandemie ein. Damit soll geklärt werden, ob die Hilfen im Einklang mit europäischen Regeln waren.

Im Streit um die Nutzung von Rohren, in denen Internetkabel liegen, hat die Deutsche Telekom eine Niederlage vor Gericht kassiert. Das Unternehmen müsse dem Konkurrenten Deutsche Glasfaser Zugang zum öffentlich geförderten Netz gewähren, teilte das Verwaltungsgericht Köln mit und verwies dabei auf eine entsprechende Verpflichtung im Telekommunikationsgesetz. Ein Eilantrag der Telekom sei abgelehnt worden.

Nach Angaben des US-Versandhändlers Amazon sollen in Dummerstorf bei Rostock 1.000 neue Stellen entstehen. Amazon plant nach eigenen Angaben an dem Standort im Herbst ein neues Logistikzentrum zu eröffnen. Rund 450 Menschen sollen dieses Jahr eingestellt werden, weitere 550 dann im nächsten Jahr.

Der Autobauer Mercedes-Benz bündelt die Forschung und Entwicklung von E-Auto-Batterien in Stuttgart. "Es ist unser Anspruch, auch beim elektrischen Fahren eine technologisch führende Rolle zu übernehmen", sagte Vorstandschef Ola Källenius bei der Eröffnung des eCampus, der sich auf dem Gelände des Werks in Stuttgart-Untertürkheim befindet. "Die Arbeit, die hier geleistet wird, wird dazu beitragen, die Batteriekosten in den nächsten Jahren um mehr als 30 Prozent zu senken".

Im Zollstreit zwischen China und der Europäischen Union hat der Münchner Autobauer BMW die EU-Komission darum gebeten, den Fall Mini noch einmal aufzurollen, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. Ziel sei es, dass der Mini in die Gruppe der "kooperierenden Unternehmen" aufgenommen wird, für die ein Zollsatz von 20,8 Prozent gilt.

Die dänische Reederei Maersk warnt vor Verspätungen auf Routen vor der südafrikanischen Küste und setzt damit ihre Aktie unter Druck. Die Papiere bröckeln an der Börse in Kopenhagen im Tagesverlauf um gut fünf Prozent. Das Unternehmen hat mitgeteilt, dass Schiffe in der Region in den nächsten Tagen wegen extremer Wetterbedingungen Schutz suchen oder ihren Kurs ändern müssten.

Die Aktie von Delivery Hero hat nach einem Kurseinbruch von zeitweise mehr als 17 Prozent am Abend mit einem Minus von rund sieben Prozent geschlossen. Den Essenslieferdienst werden potenzielle Verstöße gegen das EU-Kartellrecht voraussichtlich deutlich mehr Geld kosten als bisher gedacht. Die entsprechende Buße könnte bei über 400 Millionen Euro liegen, teilte das Berliner Unternehmen am Sonntagabend mit. Bisher hatte Delivery Hero für den Konflikt nur 186 Millionen Euro zurückgelegt.

Der chinesische Elektroautobauer BYD baut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge ein Werk in der Türkei für eine Milliarde Dollar. Das Unternehmen habe einen entsprechenden Vertrag mit der türkischen Regierung unterzeichnet, berichtete Anadolu am Montag. Das Werk solle eine Kapazität von 150.000 Fahrzeugen jährlich haben. Geplant sei zudem ein Entwicklungszentrum.

Beim weltweit führenden Chiphersteller Samsung Electronics legt nach Gewerkschaftsangaben ein Großteil der Beschäftigten die Arbeit nieder. Die Gewerkschaft National Samsung Electronics Union (NSEU) rief ihre rund 28.000 Mitglieder ab heute zu einem dreitägigen Streik auf. Analysten gehen davon aus, dass der Streik kaum Auswirkungen auf die Chipproduktion haben wird, da diese weitgehend automatisiert ist.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 08. Juli 2024 um 09:00 Uhr in "Update Wirtschaft".