DAX im "Leerlauf" Dow Jones erstmals über 45.000 Punkten
Kurz vor Thanksgiving ist dem Dow Jones ein weiterer Höchststand gelungen. Danach gingen viele Investoren wieder in Deckung - genau wie die deutschen Anleger.
Für die Wall Street war es ein historischer Tag. Erstmals in seiner Geschichte sprang der Dow Jones über die Marke von 45.000 Punkten. Bei 45.003 Punkten war allerdings Schluss, und der US-Leitindex fiel kontinuierlich zurück. Zuletzt lag er 0,31 Prozent im Minus bei 44.722 Punkten. Seit Jahresanfang hat der bekannteste Index der US-Börse um rund 18,7 Prozent zugelegt.
Die Technologietitel hatten dagegen wegen Sorgen um den PC-Markt schon von Beginn an unter Druck gestanden. Der Nasdaq 100 ging schließlich 0,85 Prozent tiefer bei 20.744 Punkten aus dem Handel. Sein Jahresgewinn beträgt dank des KI-Booms bisher sogar über 23 Prozent.
An den New Yorker Börsen wird morgen wegen des Feiertags Thanksgiving gar nicht und am darauf folgenden Schnäppchentag Black Friday nicht so lange wie üblich gehandelt.
Wegen des Thanksgiving-Feiertags wurde die Veröffentlichung einiger US-Konjunkturdaten vorgezogen. Am stärksten wurde der PCE-Preisindex für Oktober beachtet, der die Preisentwicklung in den USA anhand der Konsumausgaben der US-Haushalte ohne Lebensmittel und Energie darstellt. Mit einem Plus von 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr fiel der Index wie erwartet aus.
Das bedeutet, dass sich die Zinssenkungserwartungen für die US-Notenbank Federal Reserve, die den PCE-Index als bevorzugtes Maß für die Inflation nutzt, kaum ändern. Die meisten Marktteilnehmer erwarten, dass die Währungshüter am 18. Dezember den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte senken werden.
Die übrigen Konjunkturdaten lieferten ein gemischtes Bild. Während der Einkaufsmanagerindex für die Region Chicago enttäuschte, deuteten die Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter, die Konsumausgaben und die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe eher auf eine robuste Verfassung der US-Wirtschaft hin.
Die deutschen Anleger haderten derweil weiter mit Donald Trumps Ankündigung neuer US-Zölle. Der DAX ging 0,18 Prozent tiefer bei 19.261,75 Punkten aus dem Handel. Der deutsche Leitindex, der zuletzt drei Börsentage in Folge gestiegen war und sich dem Rekordhoch von Mitte Oktober wieder angenähert hatte, hatte bereits am Dienstag 0,6 Prozent eingebüßt.
"Der DAX schaltet in den Leerlauf. Die Ernte für 2024 ist eingefahren", kommentierte Marktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets. Im laufenden Aktienjahr ging es für das Börsenbarometer um fast 15 Prozent nach oben. Nun sei aber wohl "Trübsal blasen" das Motto der Stunde angesichts einer konjunkturellen Flaute ohne Aussicht auf Besserung, so Molnar.
Zudem hielten sich die Anlegerinnen und Anleger vor dem morgigen US-Feiertag zurück.
Frische Daten zur Verbraucherstimmung in Deutschland deuteten auf eine anhaltend schwache Konjunktur hin: Ausgerechnet mitten im Weihnachtsgeschäft trübt sich die Kauflaune der Deutschen überraschend stark ein. Das Barometer für das Konsumklima im Dezember sank auf minus 23,3 Punkte von revidiert minus 18,4 Zählern im Vormonat und damit auf den tiefsten Stand seit Mai, wie die Marktforscher von GfK und NIM mitteilten.
"In Deutschland scheint nichts voranzugehen - außer dem Abbau von Arbeitsplätzen. Fast wöchentlich werden die Verbraucher mit Negativschlagzeilen konfrontiert", kommentierte Andreas Scheuerle, Ökonom bei der DekaBank.
Der Euro zeigte sich trotz der schwachen Daten deutlich erholt. Am späten Abend kostete die Gemeinschaftswährung mit 1,0566 Dollar 0,7 Prozent mehr als gestern. Neben den uneinheitlichen US-Daten könnten auch Aussagen von EZB-Direktorin Isabel Schnabel die Währung gestützt haben, denn die Geldpolitikerin warnte vor zu starken Zinssenkungen in der Eurozone.
Der Bitcoin hat zur Wochenmitte wieder angezogen. Auf der Handelsplattform Bitstamp legte der Kurs der bekanntesten Kryptowährung auf über 97.200 Dollar zu. Damit rückt die Schallmauer von 100.000 Dollar wieder in Reichweite, nachdem der Bitcoin zuletzt die längste Verlustphase seit der Rekordjagd nach dem Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen hinnehmen musste. Es bleibt unklar, wie hoch Kryptowährungen auf der politischen Agenda des neuen Präsidenten stehen. Ob es für einen neuen Anlauf bis zur Marke von 100.000 Dollar reicht, sei fraglich, schrieb Marktanalyst Timo Emden. Der Sprung in die Sechsstelligkeit wäre insbesondere aus psychologischer Sicht ein Befreiungsschlag.
Die Ölpreise setzten ihre jüngste Schwächephase fort. Am späten Abend kostet ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 72,30 Dollar, rund 0,2 Prozent weniger als gestern. Dabei sind die Ölreserven in den USA in der vergangenen Woche stärker gesunken als erwartet. Die Rohölvorräte fielen um 1,8 Millionen auf 428,4 Millionen Barrel. Analysten hatten mit einem Rückgang von einer Million Barrel gerechnet.
Zu den größten Verlierern im US-Technologiesektor gehörten Dell und HP. Die beiden Anbieter von Desktops und Laptops hatten am Dienstagabend enttäuschende Zahlen und zurückhaltende Ausblicke vorgelegt. Der erhoffte KI-Boom bei PCs lässt auf sich warten und die ausgebliebene Erholung bei der PC-Nachfrage verdirbt den beiden Konzernen das Geschäft.
Volkswagen hat sein umstrittenes Werk in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang verkauft. Der Standort stand wegen Menschenrechtsverletzungen an Mitgliedern der Uiguren-Minderheit lange in der Kritik. Der deutsche Autokonzern ging den Vorwürfen mit einer Untersuchung nach. Volkswagen hatte das Werk zusammen mit dem staatlichen Autobauer SAIC als Joint Venture betrieben. Als Grund für den Verkauf wurden wirtschaftliche Gründe genannt. Neuer Inhaber ist offenbar ein chinesischer Staatsbetrieb aus Shanghai.
Nach Börsenschluss hob Uniper seinen Ergebnisausblick für 2024 an. Grund hierfür sei eine Rückstellungsauflösung nach Beilegung von langjährigen Rechtstreitigkeiten, teilte der fast vollständig verstaatlichte Energiekonzern mit. Uniper erwartet nun ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in einer Bandbreite von 2,5 bis 2,8 Milliarden Euro (Vorjahr: 7,164 Milliarden Euro). Zuvor hatte Uniper zwischen 1,9 und 2,4 Milliarden Euro anvisiert. Der bereinigte Nettogewinn dürfte 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro betragen. Zuletzt war das Unternehmen von höchstens 1,5 Milliarden Euro ausgegangen.
Zu den größten DAX-Gewinnern zählten die Konsumgüterkonzerne Henkel und Beiersdorf. JPMorgan-Analystin Celine Pannuti blickt in ihrem Branchenausblick generell optimistischer auf Hersteller von Haushalts- und Körperpflegeprodukten. Konsumgüteraktien gelten in wirtschaftlich unsicheren Zeiten als relativ krisenfest.
Im MDAX gewann die Aktie von Aroundtown über neun Prozent. Der Gewerbeimmobilien-Spezialist hat sich im dritten Quartal dank gestiegener Mieteinnahmen und wieder etwas höheren Zinsen weiter stabilisiert. Der Verlust konnte in den ersten neun Monaten im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert werden. Unter dem Strich habe das Minus bis Ende September 154 Millionen Euro betragen im Vergleich zu fast 1,4 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Das operative Ergebnis sank allerdings um knapp acht Prozent auf 236 Millionen Euro.
Der britische Billigflieger Easyjet hat in seinem Ende September abgeschlossenen Geschäftsjahr wie erwartet deutlich zugelegt und mehr verdient. Der Konzernumsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent auf gut 9,3 Milliarden britische Pfund (11,1 Milliarden Euro). Mit 610 Millionen Pfund blieb dem Ryanair-Konkurrenten vor Steuern gut ein Drittel mehr Ertrag als noch im Vorjahreszeitraum.