Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Wall Street erholt Deeskalation an der Börse

Stand: 06.08.2024 22:17 Uhr

Rund um den Globus haben sich die Aktienmärkte von den jüngsten Kurseinbrüchen erholt. Das bedeutet allerdings noch keine Entwarnung.

War es das mit den Börsenturbulenzen? Erfahrungsgemäß bleiben die Kursschwankungen in einem Fall wie diesem für mehrere Tage hoch. Doch ein Anfang ist gemacht. Mit einem Plus von 0,76 Prozent auf 38.997 Punkte schlug der Dow Jones einen Erholungskurs ein, wobei er in den letzten Handelsminuten noch einen erheblichen Teil seines Tagesgewinns einbüßte.

Noch stärker erholten sich die Technologietitel. Der Auswahlindex Nasdaq 100 ging ein Prozent höher bei 18.077 Punkten aus dem Handel. Damit folgten die Märkte dem bekannten Kursmuster des "Turnaround Tuesday". Häufig gehen Aktienmärkte nach Kursverlusten an Freitagen, die sich in einem "Panic Monday" fortsetzen, zu einer Kurserholung am Dienstag über.

Stützend wirkten aktuelle Konjunkturdaten: Die US-Exporteure haben die erste Jahreshälfte mit einem Wachstum abgeschlossen. Im Juni legten die Ausfuhren um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu. Im Mai hatte es noch einen Rückgang von 0,5 Prozent gegeben. Die Importe wuchsen diesmal um 0,6 Prozent, nachdem sie im Vormonat noch um 0,3 Prozent geschrumpft waren.

Am Montag hatte der Dow Jones noch ein Minus von 2,6 Prozent verbucht. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 3,0 Prozent, der technologielastige Nasdaq büßte 3,4 Prozent ein. Ein unerwartet schwacher US-Arbeitsmarktbericht hatte vor dem Wochenende die Furcht vor einer Rezession in Amerika befeuert und die Aktienkurse auf Talfahrt geschickt.

Viele Analysten an der Wall Street bezeichneten die Reaktion der Börsianer als übertrieben. Die Rezessionssorgen seien etwa bereits am Montagnachmittag durch positive Daten aus dem US-Dienstleistungssektor gemildert worden. "Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die starken Bilanzen der privaten Haushalte und Unternehmen eine Rezession unwahrscheinlich machen", sagte Seema Shah, Chefstrategin beim Vermögensverwalter Principal. Doch die Expertin mahnte zur Vorsicht: "Die Risiken nehmen zu."

Am deutschen Markt war vom "Turnaround Tuesday" noch wenig zu spüren. Der DAX konnte nach einer wechselhaften Sitzung nur 0,1 Prozent Plus auf 17.354 Punkte einfahren.

Nach dem Einbruch des deutschen Börsenbarometers um bis zu fast 1.500 Punkte in nur drei Handelstagen bleiben die Marktteilnehmer verunsichert. Am Montag war der DAX zeitweise auf den tiefsten Stand seit Februar abgesackt.

Wie geht es jetzt an den Märkten weiter? Die Stimmung an den Börsen bleibe angeschlagen, warnte Jürgen Molnar, Stratege bei RoboMarkets. "Die Nervosität auf den Börsenparketts dieser Welt dürfte nach dem Schwarzen Montag erst einmal hoch bleiben, und mit ihr die Schwankungen in den Indizes in den kommenden Tagen und vielleicht auch Wochen." Vor allem ein Angriff des Iran auf Israel könne jederzeit die Panik auf das Parkett zurückholen.

Einen Rekordsprung legte der Nikkei-Index hin, nachdem der japanische Leitindex am Montag den größten Tagesverlust seit dem Schwarzen Montag 1987 eingefahren hatte. Vor allem Rezessionsängste in den USA sowie Sorgen um die Abwicklung von Yen-finanzierten Investitionen hatten am Montag den Kurseinbruch von 12,4 Prozent ausgelöst. Dem steilen Absturz folgte mit einem Plus von mehr als zehn Prozent ein ähnlich steiler Anstieg. Besonders Technologieaktien erholten sich.

Aus der deutschen Konjunktur gab es am Morgen positive Nachrichten. Erstmals seit sechs Monaten sind die Aufträge der Industrieunternehmen wieder gestiegen. Die Bestellungen wuchsen überraschend stark um 3,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Zuvor hatte es fünf Rückgänge in Folge gegeben. Dennoch fielen die Aufträge im zweiten Quartal um 1,4 Prozent niedriger aus als in den ersten drei Monaten des Jahres.

"Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Der Auftragszuwachs im Juni übertraf alle Erwartungen, und das selbst ohne Großaufträge", sagt Jens-Oliver Niklasch von der LBBW-Bank zu den Zahlen. Im aktuell dunkelgrauen Mosaik der Konjunkturzahlen sei das aber bloß ein einzelnes hellgrünes Steinchen. "Um wirklich mal Zuversicht für die Industrie zu schöpfen, muss noch mehr zusammenkommen. Der Abwärtstrend ist damit nicht gebrochen."

Der Euro konnte von den Daten kaum profitieren und stand leicht unter Druck. Am späten Abend wird die Gemeinschaftswährung bei 1,0926 Dollar gehandelt und damit etwas tiefer als am Vorabend. Der Dollar konnte im Handel mit den meisten anderen wichtigen Währungen zulegen.

Am Ölmarkt wogen die Konjunktursorgen erneut schwerer als die Furcht vor einer Eskalation in Nahost. Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee kostet zur Stunde 76,44 Dollar pro Barrel (159 Liter).

Trotz der krisenhaften Situation konnte der Goldpreis weiterhin nicht an die Gewinne aus der Vorwoche anschließen. Am späten Abend kostete eine Feinunze (31,1 Gramm) des Edelmetalls 2.390 Dollar.

Google hat einen wichtigen Wettbewerbsprozess in den USA verloren. Dabei geht es um die Deals, dank denen die Suchmaschine von Google in Web-Browsern als Standard voreingestellt wird. Ein Richter in der Hauptstadt Washington urteilte, der Internet-Riese habe ein Monopol und schotte es gegen Konkurrenz ab. Google will gegen die Entscheidung in Berufung gehen. Geklagt gegen Google hatten das US-Justizministerium und Dutzende Bundesstaaten. Die US-Regierung argumentierte, Google habe mit der Praxis "eine Mauer um sein Suchmaschinen-Monopol erschaffen". 

BMW hat nach eigenen Angaben erstmals einen "humanoiden Roboter" in der Produktion eingesetzt. Im BMW-Werk Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina habe ein Roboter des kalifornischen Unternehmens Figure in einem mehrwöchigen Testbetrieb "erfolgreich" Blechteile für den Karosseriebau in spezielle Vorrichtungen eingelegt, teilte der DAX-Konzern mit. Nun sollen die Einsatzmöglichkeiten humanoider Roboter in der Produktion ausgelotet werden. Potenziale sieht BMW unter anderem darin, dass diese Beschäftigte des Autobauers bei ergonomisch ungünstigen sowie ermüdenden Aufgaben entlasten. Der Roboter "Figure 2" ist in der Lage, zweihändige Aufgaben zu bewältigen, die unter anderem komplexes Greifen und die exakte Koordination beider Hände erfordern. 

Der weltgrößte Flugzeughersteller Airbus hat im Juli die Auslieferungen von Verkehrsflugzeugen beschleunigt. Im abgelaufenen Monat gingen 77 Maschinen an die Kunden, wie der DAX-Konzern gestern nach Börsenschluss mitteilte. Im Juni hatten die Auslieferungen bei 67 Stück gelegen. Nach nun sieben Monaten steht Airbus bei 400 ausgelieferten Jets. Airbus-Chef Guillaume Faury hat im Gesamtjahr 770 Auslieferungen zum Ziel gesetzt. Üblicherweise nimmt das Tempo der Übergaben vor allem gegen Ende des Jahres zu. Der Konzern erhielt im Juli brutto 59 Bestellungen. Storniert wurden zwei Maschinen.

Tech-Milliardär Elon Musk zieht in seiner Fehde mit der ChatGPT-Entwicklerfirma OpenAI erneut vor Gericht. Die vergangene Klage ließ der Tesla-Chef im Juni fallen. Jetzt legte Musk bei den Vorwürfen nach: Er behauptet, dass OpenAI-Mitgründer Sam Altman und dessen "Komplizen" unter Vortäuschung falscher Absichten seine Beteiligung an dem Start-up erschlichen hätten. Seine Anwälte sprechen in der Klage von "Perfidie und Betrug von Shakespeare'schem Ausmaß". OpenAI verwies in einer Reaktion lediglich auf frühere Vorwürfe gegen Musk, wonach der Tech-Milliardär die volle Kontrolle über das Start-up angestrebt habe.

Eine weitere Klage strengt Musks Online-Plattform X gegen eine internationale Gruppe von Werbetreibenden an. Durch einen "massiven Boykott von Werbetreibenden" nach der Übernahme des damals als Twitter bekannten Kurznachrichtendiensts durch Musk seien X Einbußen in Milliardenhöhe entstanden, hieß es in der vor einem Bundesgericht in Texas eingereichten Anklageschrift, die sich gegen den Weltverband der Werbetreibenden (WFA) richtet. Musk schrieb auf X im Hinblick auf die Klage, dass "nun Krieg" herrsche, nachdem man zwei Jahre "nichts als leere Worte bekommen" habe.

Der Online-Handelskonzern Zalando hat dank einer robusten Nachfrage bei Sportbekleidung das Wachstum im zweiten Quartal beschleunigt. Niedrigere Lagerbestände und geringere Logistikkosten hätten sich zudem positiv auf die Ertragskraft ausgewirkt, teilte Europas größter Online-Modehändler mit. Der DAX-Konzern steigerte seinen Umsatz um 3,4 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Dank einer um 0,8 Prozentpunkte auf 6,5 Prozent verbesserten Marge liege das bereinigte operative Ergebnis bei 171,6 Millionen Euro.

Seit der Amtsübernahme von Adidas-Vorstandschef Björn Gulden verabschiedet sich bereits der vierte Vorstand des Sportartikelherstellers: Der für Produktionsplanung und Beschaffung zuständige Martin Shankland werde Adidas zum Ende der Woche verlassen, teilte der Sportartikelhersteller mit. Der 52 Jahre alte Australier arbeitet seit 27 Jahren für Adidas und war 2019 in den Vorstand aufgestiegen. Sein Posten wird auf Vorstandsebene nicht nachbesetzt.

Bayer kämpft mitten in seinem von Vorstandschef Bill Anderson verordneten Konzernumbau mit schrumpfenden Gewinnen. Das Leverkusener Traditionsunternehmen vermeldete für das zweite Quartal bei einem leicht gestiegenen Umsatz von 11,1 Milliarden Euro einen Rückgang des bereinigten operativen Ergebnisses (Ebitda) um 16,5 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Der DAX-Konzern baut in erheblichem Umfang Personal ab. Rund 5.500 Stellen wurden binnen Jahresfrist gestrichen, 3.200 davon im ersten Halbjahr 2024. Das verursachte allerdings Kosten. Unter dem Strich schrieb Bayer im Quartal mit einem Minus von 34 Millionen Euro rote Zahlen.

Am Abend rutschte die Aktie von Evotec deutlich ab. Der Pharmawirkstoffforscher und -entwickler senkte seine Jahresprognosen für Umsatz und Gewinn deutlich unter die Markterwartungen. Gründe für die pessimistischere Sicht seien eine langsamer als erwartete Umwandlung von Aufträgen in Umsätze sowie ein anhaltender Margendruck aufgrund nach wie vor hoher Fixkosten, teilte das MDAX-Unternehmen mit. Beim Umsatz rechnet Evotec nun nur noch mit 790 bis 820 Millionen Euro. Das entspricht einem niedrigen bis mittleren einstelligen Wachstum im Vergleich zum Vorjahreswert von gut 781 Millionen Euro. Bisher hatte der Konzern hier ein niedrig zweistelliges Wachstum erwartet. Beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet der Konzern jetzt 50 bis 60 Millionen Euro nach knapp 65 Millionen Euro 2023. Statt eines mittleren zweistelligen Wachstums geht Evotec jetzt also von einem mittleren zweistelligen Rückgang aus.

Der Herzogenauracher Auto- und Industriezulieferer Schaeffler hat vom starken Ersatzteilgeschäft profitiert und im zweiten Quartal mehr umgesetzt. Die Erlöse legten im Frühjahr um 4,2 Prozent zu auf knapp 4,2 Milliarden Euro. Das Plus sei maßgeblich auf eine stärkere Nachfrage nach Ersatzteilen in Europa und Amerika zurückzuführen, hieß es. Vor Sondereffekten verdiente das SDAX-Unternehmen mit 209 Millionen Euro aber knapp 30 Prozent weniger als vor Jahresfrist.

Der Flughafenbetreiber Fraport hat den Gewinn im zweiten Quartal trotz eines verlangsamten Wachstums der Passagierzahlen am Hauptstandort Frankfurt gesteigert. Der Umsatz legte um 10,6 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro zu, das Betriebsergebnis stieg um knapp zehn Prozent auf 354,5 Millionen Euro, wie Fraport mitteilte. Der Nettogewinn sprang um 26 Prozent auf 148 Millionen Euro. Am Flughafen Frankfurt verlangsamte sich das Wachstum der Fluggastzahlen von April bis Juni auf 4,5 Prozent nach mehr als zehn Prozent im ersten Quartal.

Angesichts der andauernden Krawalle in britischen Städten hat die Regierung die Social-Media-Konzerne in die Pflicht genommen. Technologieminister Peter Kyle betonte nach einem Treffen mit Vertretern von Tiktok, dem Facebook-Mutterkonzern Meta, Google und X, dass die Unternehmen eine Verantwortung hätten, die Verbreitung von Fehlinformationen und Hetze zu stoppen. "Es sind enorme Mengen an Inhalten im Umlauf, mit denen die Plattformen schnell umgehen müssen."

Saudi-Arabiens staatlicher Ölkonzern Aramco hat im zweiten Quartal weniger verdient. Der Nettogewinn sei mit 29,03 Milliarden Dollar um 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen, teilte das Unternehmen mit. Ursache hierfür seien eine geringere Rohölproduktion und schwächere Margen im Raffineriegeschäft gewesen. Aramco übertraf damit jedoch Schätzungen einer selbst zur Verfügung gestellten Prognose von Analysten, die im Schnitt mit 27,7 Milliarden Dollar gerechnet hatten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 06. August 2024 um 09:00 Uhr.