Händler an der New Yorker Börse
marktbericht

Wall Street dreht ins Minus Ernüchterung nach Fed-Entscheid

Stand: 20.09.2023 22:14 Uhr

Die Marktteilnehmer werden wohl länger als bisher gedacht mit höheren Zinsen leben müssen. Dieses Ergebnis der Fed-Sitzung verdarb der Wall Street die Stimmung. Die US-Märkte rutschten ins Minus.

Wie weithin erwartet, ließen die amerikanischen Währungshüter den Leitzins bei ihrer heutigen Sitzung unverändert. Gleichzeitig signalisierten sie aber, dass in diesem Jahr noch eine weitere Zinserhöhung anstehen könnte. Zudem deutet die neue Zinsprojektion der US-Notenbank darauf hin, dass die Zinsen im kommenden Jahr höher sein könnten als zuvor erwartet.

Das kam an der Wall Street nicht gut an: Der Dow Jones büßte nach dem Zinsentscheid seinen Tagesgewinn schrittweise ein und ging schließlich 0,22 Prozent tiefer aus dem Handel.

Die Technologiewerte an Nasdaq gingen in die Knie. Wegen ihrer meist höheren Wachstumsdynamik und Schuldenquote gelten Technologieunternehmen als besonders zinssensitiv. Der Nasdaq 100 büßte 1,46 Prozent ein.

Während ein weiterer Zinsschritt damit noch keine ausgemachte Sache ist, stieg am Abend aber der Anteil derer, die genau dies erwarten, deutlich an. Zudem werden die Marktteilnehmer nun wahrscheinlich länger als bisher erwartet mit höheren Zinsen leben müssen.

Kurz vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank hatte der deutsche Aktienmarkt wieder etwas Boden gutgemacht. Nach zwei Verlusttagen legte der DAX fast kontinuierlich zu und schloss 0,75 Prozent höher. Rückenwind kam auch von den Ölpreisen, die nach ihrem jüngsten Höhenflug wieder zurückfielen.

Die negative Reaktion der Wall Street am Abend dürfte allerdings den Handelsstart am Donnerstag belasten.

Update Wirtschaft vom 20.09.2023

Bettina Seidl, HR, tagesschau24

Der Euro reagierte mit Verlusten auf die Fed-Aussagen. Nachdem die Gemeinschaftswährung lange oberhalb von 1,07 Dollar notiert hatte, gab sie ihre Tagesgewinne ab und notierte bei 1,0686 Dollar. Ein höheres Zinsniveau steigert tendenziell die Attraktivität des Dollar als Anlagewährung. Vor knapp einer Woche hatte die EZB ihren Leitzins zwar abermals erhöht, aber zugleich ein mögliches Ende ihres Zinserhöhungszyklus in Aussicht gestellt. Die Feinunze Gold gab ebenfalls einen Teil ihrer Gewinne ab und notierte zuletzt bei 1.940 Dollar.

Das britische Pfund hatte schon zuvor mit Kursverlusten auf den unerwarteten Rückgang der Inflation im Vereinigten Königreich reagiert. Diese schwächte sich im August gegenüber dem Vorjahresmonat auf 6,7 Prozent ab - nach 6,8 Prozent im Juli.

Schwächt sich die Teuerung ab, spricht das eher gegen weitere Zinserhöhungen. Für die morgen anstehende Zinssitzung der Bank of England rechnen Ökonomen allerdings überwiegend mit einer weiteren Zinsanhebung.

Die Ölpreise setzten ihren Höhenflug der vergangenen Tage zunächst nicht fort. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 93,29 Dollar und damit 1,3 Prozent weniger. Höhere Zinsen werden als mögliche Belastung für die Ölnachfrage angesehen. Gestern hatten die Erdölpreise angesichts anhaltender Angebotssorgen noch die höchsten Stände seit zehn Monaten markiert.

Der unerwartet deutliche Rückgang der Ölreserven in den USA stützte die Notierungen diesmal kaum. Die Bestände an Rohöl gingen im Vergleich zur Vorwoche um 2,1 Millionen auf 418,5 Millionen Barrel zurück.

Die DAX-Spitze übernahm die Aktie des Pharma- und Laborzulieferers Sartorius. Sie unternahm damit einen erneuten Stabilisierungsversuch. Starke Gewinne konnte auch die Zalando-Aktie verbuchen. Sie setzte sich von ihrem tags zuvor markierten Tief seit November 2022 nach oben ab. Im laufenden Jahr liegt sie aber immer noch über ein Viertel im Minus.

Der Immobilienkonzern Vonovia verzichtet wegen hoher Zinsen und Kosten derzeit auf den Bau Zehntausender neuer Wohnungen. "Bei uns liegen Planungen für insgesamt 60.000 Wohnungen in der Schublade", sagte Vonovia-Chef Rolf Buch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir machen alles fertig bis zum Baurecht. Und hoffen, dass sich Bauen bald wieder lohnt und rechnet. Dann wollen wir sofort wieder bauen."

Die Deutsche Bank will die Probleme bei ihrer Tochter Postbank rasch in den Griff bekommen. Man habe Kunden bei der Postbank zuletzt sehr enttäuscht, sagte Vorstandschef Christian Sewing heute auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt. "Wir sind hier unserer Verantwortung nicht gerecht geworden." Die Deutsche Bank müsse jetzt umso härter dafür arbeiten, die Probleme schnell vollständig zu beheben und das Vertrauen zurückzugewinnen. Der Chef der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Mark Branson, hatte zuletzt auf eine schnelle Behebung der IT-Probleme gepocht.

Die Commerzbank rechnet im laufenden Jahr wegen der kräftig gestiegenen Zinsen offenbar mit einem noch etwas größeren Zinsüberschuss. Wie die Finanzchefin des Konzerns, Bettina Orlopp, gestern auf einer Finanzkonferenz sagte, dürfte der Zinsüberschuss auf acht Milliarden Euro steigen. Zuletzt hatte der Konzern mindestens 7,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

BMW-Chef Oliver Zipse steht laut einem Zeitungsbericht vor einer vorzeitigen Vertragsverlängerung. Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf Kreise berichtete, soll sein Vertrag auf einer Aufsichtsratssitzung kommende Woche um weitere zwei Jahre bis Sommer 2026 verlängert werden.

Der Chemikalienhändler Brenntag verstärkt sich im Bereich Lebensmittelinhaltsstoffe mit der Übernahme der US-Firma Colony Gums. Mit dem Zukauf sichere sich Brenntag das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von zuletzt 38 Millionen Dollar, teilte der DAX-Konzern mit. Colony Gums hat sich auf Stabilisatormischungen, Mischlösungen und Hydrokolloide spezialisiert. Finanzielle Details des Deals wurden nicht bekanntgegeben. Der Abschluss der Übernahme ist für das vierte Quartal geplant.

Der Versicherungskonzern Talanx hat seinen Höhenflug am Aktienmarkt zur ersten Kapitalerhöhung seit dem Börsengang vor elf Jahren genutzt. Die Erhöhung des Streubesitzes um 400 Millionen Euro soll den Handel mit Talanx-Aktien ankurbeln. Bei den Anlegern kam das aber nicht gut an, die Aktie rauschte um rund zehn Prozent in die Tiefe ans MDAX-Ende.

Dagegen war die Aktie von Delivery Hero gefragt. Die Titel des Essenslieferanten zogen um über fünf Prozent an. Das MDAX-Unternehmen ist in fortgeschrittenen Gesprächen über einen Verkauf seiner Aktivitäten unter der Marke Foodpanda in den Ländern Singapur, Kambodscha, Malaysia, Myanmar, Philippinen und Thailand. Am Nachmittag bestätigte Delivery Hero einen entsprechenden Bericht der "Wirtschaftswoche".

Zuvor hatte bereits ein Analystenlob die Aktie beflügelt. Die Analysten von Hauck Aufhäuser Investment Banking nahmen die Bewertung mit "Kaufen" auf und setzten ein Kursziel von 65 Euro. Sie rechnen für 2023 mit einem positiven operativen Ergebnis (Ebitda) bei Delivery Hero, was "einen Wendepunkt für die Aktie" darstellen sollte, hieß es zur Begründung.

Die Aareal Bank nimmt nach 21 Jahren Abschied von der Börse. Die drei Finanzinvestoren, die knapp 90 Prozent an dem Wiesbadener Immobilienfinanzierer halten, kündigten am Nachmittag an, den Finanztitel vom Kurszettel zu nehmen. Die verbliebenen Aktionäre erhalten vorher noch einmal die Chance, ihre Anteile zu verkaufen - für 33,20 Euro, das sind 20 Cent mehr als Advent, Centerbridge und CPP Investments bei der Übernahme geboten hatten. Vorstand und Aufsichtsrat der Aareal Bank stellten sich hinter die Delisting-Pläne. Die Bank war 2002 nach der Abspaltung von der Depfa an die Börse gebracht worden, vor einem Jahr übernahmen die Finanzinvestoren nach zähem Ringen die Mehrheit.

Der Festnetztelefon- und Smartphone-Hersteller Gigaset ist pleite. Das Unternehmen aus Bocholt mit 850 Mitarbeitern kündigte gestern einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit für die börsennotierte Muttergesellschaft an und will die operative Tochter Gigaset Communications GmbH in Eigenregie sanieren.

Grund für die Pleite sei "ein unerwarteter und erheblicher Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr". Die Nachfrage habe sich weiter abgeschwächt, Gigaset sei daher das Geld ausgegangen. Die Gigaset-Aktie - ohnehin seit Jahren nur noch ein "Pennystock" - bricht um über 70 Prozent ein.

Das Neurotechnologie-Unternehmen Neuralink von Tesla-Chef Elon Musk will mit der klinischen Studie mit seinem Hirnimplantat starten. Neuralink habe von einem unabhängigen Prüfungsausschuss die Genehmigung für die Rekrutierung von Patienten für die erste Studie mit seinem Gehirnimplantat für gelähmte Menschen erhalten, teilte das Unternehmen mit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 20. September 2023 um 09:00 Uhr.