Tech-Aktien und Jobdaten im Fokus Wall Street macht Boden gut
Die US-Anleger haben sich zum Wochenschluss wieder etwas aus der Deckung gewagt. Im Vorfeld der Präsidentenwahl und der Zinssitzung der Notenbank kommende Woche herrschte vorsichtiger Optimismus.
In New York gingen die großen Aktienindizes nach den teils deutlichen Verlusten des Vortages allesamt mit Gewinnen aus dem Handel. Der Leitindex Dow Jones stieg um 0,69 Prozent auf 42.052 Punkte, die Technologiebörse Nasdaq gewann 0,8 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 0,72 Prozent und der S&P 500 stieg um 0,41 Prozent. Überwiegend schwach aufgenommene Zahlen der großen Tech-Riesen in dieser Woche hatten die Nasdaq-Indizes zuletzt überproportional belastet.
Hauptthemen des Tages waren die mit Spannung erwarteten Daten vom Arbeitsmarkt aus dem Oktober, aber auch der Nachgang der am Vorabend vorgelegten Quartalszahlen der Tech-Größen Apple, Amazon und Intel, die unterschiedlich aufgenommen wurden.
Überraschenderweise wurden auf dem US-Arbeitsmarkt im Oktober nur 12.000 neue Stellen geschaffen. Experten hatten mit 113.000 neuen Jobs gerechnet, nach revidiert 223.000 (ursprünglich 254.000) im Vormonat. Die Lage am Arbeitsmarkt wurde allerdings durch Sonderfaktoren getrübt. Dazu zählen die Folgen von Hurrikans sowie Auswirkungen von Streiks in der Luftfahrtindustrie. Diese Ereignisse könnten Expertenschätzungen zufolge mindestens 100.000 Stellen gekostet haben. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte im Oktober bei 4,1 Prozent.
"Die Zahl der netto neugeschaffenen Stellen sank deutlich stärker als erwartet und lässt Sorgen vor einer konjunkturellen Schwäche aufkommen, wenngleich möglicherweise Sonderfaktoren wie Streiks und Hurrikans für die Enttäuschung mitverantwortlich sind. Die Arbeitslosenquote liegt aber erwartungsgemäß und unverändert bei 4,1 Prozent. Ungeachtet der Sonderfaktoren werden mit diesen Zahlen die Zinssenkungserwartungen in den USA wohl wieder forciert", kommentiert Ralf Umlauf von der Helaba.
Der US-Notenbank Federal Reserve, die am Donnerstag wieder über den Leitzins entscheidet, dürften die Jobdaten dennoch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Denn ein monatliches Plus von 100.000 Stellen gilt als nötig, um die wachsende US-Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit Jobs zu versorgen. Die Notenbank, die für stabile Preise sorgen und Vollbeschäftigung fördern soll, achtet sehr stark auf die Jobdaten.
Wie es an den Märkten weitergeht, dürften die US-Wahlen am Dienstag maßgeblich bestimmen. Letzte Umfragen versprechen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der demokratischen US-Vizepräsidentin Kamala Harris und dem republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump - "mit zuletzt leichten Vorteilen für Trump", wie Strategin Claudia Windt von der Landesbank Helaba schreibt. Ungewiss sind auch die künftigen Mehrheiten in den beiden Kongresskammern Senat und Repräsentantenhaus.
Experten verweisen darauf, dass es wichtig sein wird, ob der Verlierer der Wahl seine Niederlage auch anerkennen wird. Trump hatte dies vor vier Jahren nicht getan. Ein nicht eindeutiger Wahlausgang könnte dazu führen, dass der Verlierer juristisch erneute Stimmauszählungen erzwinge, warnt Helaba-Expertin Windt. Die damit drohende politische Lähmung und Unsicherheit dürfte an den Finanzmärkten zu weiteren Umschichtungen in "sichere Anlagehäfen" wie Gold und Anleihen führen.
Der iPhone-Konzern Apple hat die Märkte mit einer schwachen Prognose enttäuscht, Apple-Aktien verloren am Ende 1,33 Prozent. Finanzchef Luca Maestri äußerte sich angesichts der anhaltenden China-Schwäche zurückhaltend über das Weihnachtsgeschäft: "Wir erwarten, dass der Gesamtumsatz des Unternehmens im Dezemberquartal im Vergleich zum Vorjahr im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen wird." Analysten hatten bislang auf ein Plus von 6,7 Prozent gehofft.
Analyst David Vogt von UBS äußerte sich kritisch zum Ausblick auf das laufende erste Quartal. "Obwohl wir nicht ausschließen, dass die Weiterentwicklung der KI-Funktionen in den nächsten 12 Monaten die Nachfrage ankurbeln wird, haben wir bisher keine Belege dafür gesehen", monierte er. Er prognostiziert für das Geschäftsjahr 2025 nur ein iPhone-Wachstum im niedrigen einstelligen Bereich.
Der weltgrößte Online-Händler Amazon hat dank besonders starker Geschäfte mit Cloud-Produkten deutlich mehr verdient als erwartet. In den drei Monaten bis Ende September stieg das operative Ergebnis im Jahresvergleich um mehr als die Hälfte auf 17,4 Milliarden Dollar. Das ist viel mehr als Analysten erwartet hatten. Die Aktie legte in New York 6,19 Prozent zu und gehörte zu den größten Gewinnern im Dow Jones.
Der mit Verlusten kämpfende Halbleiter-Riese Intel hat die Wall Street positiv mit seiner Umsatzprognose für das laufende Quartal überrascht. Die in den vergangenen Monaten arg gebeutelte Aktie stieg am Ende deutlich um 7,81 Prozent und war damit Dow-Spitzenreiter. Intel stellte für das laufende Vierteljahr Erlöse zwischen 13,3 und 14,3 Milliarden Dollar in Aussicht. Das ist mehr, als erwartet worden war.
Der DAX hat sich nach neuen Konjunkturdaten aus den USA und nach volatilem Wochenverlauf zum Wochenschluss versöhnlich gezeigt. Überraschend schwache Daten vom US-Arbeitsmarkt, traditionell ein wichtiger Höhepunkt für die Wall Street, sorgten dort wieder für mehr Zinsfantasie. Auch US-Tech-Aktien erholten sich partiell nach einer unsteten Woche.
Der deutsche Leitindex profitierte von dieser Entwicklung und entfernte sich weiter von der Marke von 19.000 Punkten, die gestern im Handelsverlauf getestet worden war. Der Schlussstand lag bei 19.254 Punkten, ein Tagesgewinn von 0,93 Prozent. Im Tageshoch war der DAX bis auf 19.297 Punkte gestiegen, nachdem er gestern im Tief noch die Marke von 19.000 Punkten getestet hatte.
Gestern hatte der Index um 0,77 Prozent schwächer geschlossen bei 19.077 Punkten. Auf Wochensicht blieb jedoch ein Minus von rund einem Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Werte gewann 0,71 Prozent auf 26.514 Zähler.
Neben dem Rückenwind aus New York setzten die Anleger aber auch auf einen saisonalen Effekt. Denn der November gilt statistisch als einer der besten Börsenmonate, zumal in einem US-Wahljahr. Zu diesem Ergebnis kommt der Leiter Technische Analyse HSBC, Jörg Scherer. So könnten die US-Standardwerte in Wahljahren im November im Schnitt um 2,0 Prozent zulegen.
"Diese zyklische Auswertung über die letzten gut 120 Jahre zeigt, dass es sich für Anlegerinnen und Anleger lohnen könnte, erfolgreich durch die Phase der möglicherweise erhöhten Volatilität zu navigieren."
Im Devisenhandel lag der Euro zuletzt bei 1,0833 Dollar gut 0,45 Prozent im Minus. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0885 (Donnerstag: 1,0882) Dollar fest.
Die Feinunze Gold kostete heute 2.734 Dollar und damit 0,45 Prozent weniger als am Vortag. Erst gestern hatte das gelbe Edelmetall im Handelsverlauf bei 2.790 Dollar eine neue historische Bestmarke aufgestellt.
Die US-Industrie hat ihre Talfahrt im Oktober überraschend beschleunigt. Der Einkaufsmanagerindex sank um 0,7 auf 46,5 Zähler, wie aus der heute veröffentlichten monatlichen Managerumfrage des Institute for Supply Management (ISM) hervorgeht. Das ist der niedrigste Wert seit 15 Monaten.
Damit entfernt sich das Barometer weiter von der Wachstumsschwelle von 50 Zählern, die nun schon seit mehr als einem halben Jahr verfehlt wird. Befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem leichten Anstieg auf 47,6 Punkte gerechnet. Der Industriesektor macht in den USA etwa zehn Prozent der Wirtschaftsleistung aus.
"Die Sorgen vor einer konjunkturellen Schwäche in der Industrie werden größer", kommentierte Helaba-Experte Ulrich Wortberg die Entwicklung. Etwas Hoffnung macht, dass die Aufträge nicht mehr so stark zurückgegangen sind. Dieses Barometer legte um 1,0 auf 47,1 Zähler zu.
Die Ölpreise sind im Verlauf ins Minus gedreht, nachdem sie zuvor deutlich zugelegt hatten. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 1,3 Prozent, Öl der US-Sorte WTI 1,4 Prozent weniger. Der Ölmarkt reagiert derzeit sensibel auf Berichte, wonach der Iran in den kommenden Tagen einen Vergeltungsschlag gegen Israel von irakischem Gebiet aus vorbereitet.
Gestiegene Fördermengen haben bei den US-Ölmultis Chevron und Exxon die Einbußen durch fallende Ölpreise abgefedert. Die beiden US-Ölkonzerne gaben heute vor Börsenstart Quartalsgewinne über Markterwartungen bekannt. Daraufhin stiegen ihre Aktien, vor allem Dow-Mitglied Chevron legte unter Tageshoch um knapp drei Prozent zu. Exxon gaben anfänglicher Gewinne allerdings wieder ab.
Bei Chevron schrumpfte der Gewinn im abgelaufenen dritten Quartal den Angaben zufolge zwar um etwa eine Milliarde Dollar auf 4,53 Milliarden Dollar. Analysten hatten allerdings einen drastischeren Rückgang befürchtet.
Gleiches galt für Exxon, die im dritten Quartal unter dem Strich 8,61 Milliarden Dollar verdienten. Der Konzern steigerte seine Produktion im Berichtszeitraum unter anderem dank einer Übernahme um ein Viertel auf 4,6 Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag. Bei Chevron lag das Plus bei sieben Prozent auf 3,36 Millionen Barrel pro Tag.
Im MDAX thronten Aktien von Hellofresh weiter mit einem Plus von über fünf Prozent an der Indexspitze. Die US-Investmentbank JP Morgan hat die Titel auf "Overweight" von "Neutral" hochgestuft und das Kursziel von sieben auf 14 Euro erhöht.
Dagegen leiden Lufthansa-Aktien unter einer Herunterstufung. Die Bank HSBC setzte die Bewertung für die Papiere auf "Hold" von "Buy" nach unten. Das Kursziel kappten sie um einen Euro auf sieben Euro. Die Aktie gab rund zwei Prozent nach.
Die Optikerkette Fielmann kann mit ihren Quartalszahlen nicht überzeugen. Die im SDAX notierten Papiere rutschen um über sechs Prozent schwächer. Fielmann habe zwar die Prognose bestätigt, im dritten Quartal aber beim Umsatz aus eigener Kraft aufgrund des trüben Konjunkturumfelds die Erwartungen klar verfehlt, sagte ein Börsianer.
Indonesien will große internationale Konzerne dazu bringen, mehr im Land zu investieren - und erhöht deshalb deutlich den Druck. Die Regierung in Jakarta kündigte ein Verkaufsverbot für die Pixel-Smartphones von Google an. Am Dienstag hatte sie bereits den Vertrieb des iPhone 16 verboten. Die Regierung hat ein Gesetz erlassen, das es Herstellern vorschreibt, Mobiltelefone zu 40 Prozent aus Komponenten aus Indonesien herzustellen.
Boeing macht den nächsten Anlauf, den Streik Zehntausender Arbeiter mit einem besseren Angebot zu beenden. Der kriselnde Flugzeugbauer bietet nun unter anderem eine Einkommenserhöhung von 38 Prozent über eine Laufzeit von vier Jahren. Die Gewerkschaft IAM will ihre rund 33.000 Mitglieder am Montag über den Vorschlag abstimmen lassen.