Anleger vorsichtig Inflation steigt, DAX sinkt
Nachdem gestern bereits die deutschen Inflationsdaten enttäuscht haben, zieht heute die Euro-Zone nach. Der DAX fällt, obwohl Ökonomen trotz steigender Verbraucherpreise weiter mit Zinssenkungen rechnen.
Der DAX büßt gegen Mittag rund 0,5 Prozent auf 19.158 Punkte ein. Nachdem am Dienstag ein Vorstoß auf das jüngste Rekordhoch bei knapp 19.675 Punkten gescheitert war, befindet sich der deutsche Leitindex im Korrekturmodus. Gestern hatte er 1,1 Prozent auf 19.257 Punkte verloren. Auf Sicht des nun endenden Monats steht der Leitindex inzwischen im Minus. Für das Gesamtjahr liegt der DAX aber immer noch fast 15 Prozent vorne.
Der DAX könnte noch heute Kurs auf die Unterstützungszone um 19.000 Punkte nehmen, vermutet ING-Chartexperte Christian Zoller. "In diesem Bereich sollte sich der DAX aber wohl zunächst spätestens fangen und eine Erholung einleiten", lautet seine Einschätzung.
Aus fundamentaler Sicht sind die Themen altbekannt: "Nicht nur die in wenigen Tagen anstehende US-Wahl steht im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Das Thema Zinsen und Inflation ist zum Leidwesen der Anleger zurückgekehrt. Und diese Dreierkombination schmeckt den Marktteilnehmern gar nicht", meint IG-Marktbeobachter Christian Henke. "Der DAX hat Kraft verloren".
Nachdem gestern die deutschen Inflationsdaten eher ernüchternd wirkten, dürften die Anleger auch mit den Daten der Eurozone nicht zufrieden sein: Die Inflation ist wieder auf dem Vormarsch. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im Oktober unerwartet stark um 2,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das EU-Statistikamt Eurostat mitteilte.
Was bedeutet das nun für die Geldpolitik der EZB? "Die höhere Inflationsrate ist nicht der Auftakt zu neuen Inflationssorgen", konstatierte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Die EZB dürfte die Zinsen weiter senken, mit kleinen Schritten, aber eine gewisse Inflationsvorsicht zeigen", so der Ökonom.
Die heutigen Zahlen dürften der EZB keine Kopfschmerzen bereiten, meint auch Ulrike Kastens, Volkswirtin bei der DWS, denn ein Anstieg der Inflation im vierten Quartal sei erwartet worden. "Insofern bleibt alles beim Alten: Die EZB ist weiter auf Zinssenkungskurs, und kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Mitglied des EZB-Rates über die verbesserten Inflationsaussichten spricht", so Kastens.
Heute stehen in den USA noch die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe an: "Entscheidend für die Geldpolitik ist die Entwicklung am Arbeitsmarkt, und heute liefern die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe eine weitere wichtige Indikation für den offiziellen Arbeitsmarktbericht, der morgen mit Spannung erwartet wird", so die Helaba.
Schließlich werden heute nach US-Börsenschluss die Tech-Konzerne Amazon und Apple berichten. Auch deren Zahlen haben das Zeug dazu, den Gesamtmarkt zu bewegen und über die Stimmung zu entscheiden. Aktuell deuten die US-Futures auf weitere Kursverluste an der Wall Street hin.
Frische Daten vom deutschen Einzelhandel können die Anleger derweil nicht für Aktien erwärmen, obwohl dieser den Umsatz im September überraschend kräftig gesteigert hat. Die Erlöse wuchsen um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Inflationsbereinigt (real) fiel das Plus mit 1,2 Prozent doppelt so stark aus.
Auch sinkende Importpreise lassen die Investoren kalt. Dabei sind die Preise für die von Deutschland aus aller Welt importierten Waren im September nach zuvor drei Anstiegen in Folge erstmals wieder gefallen; sie gaben um durchschnittlich 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat nach. Im August hatte es noch ein Plus von 0,2 Prozent gegeben nach einer Verteuerung von 0,9 Prozent im Juli und von 0,7 Prozent im Juni.
Ein robustes Cloud-Geschäft hat Microsoft einen erneuten Wachstumsschub beschert. Die Gesamterlöse stiegen den Angaben zufolge im abgelaufenen Quartal überraschend deutlich um 16 Prozent auf 65,6 Milliarden Dollar. Das Wachstum der Cloud-Sparte Azure fiel mit 32 Prozent in etwa doppelt so hoch aus. Der entsprechende Geschäftsbereich der Alphabet-Tochter Google war allerdings auf ein Plus von 35 Prozent gekommen.
Das auch KI-getriebene Wachstum ist für alle Cloud-Anbieter teuer erkauft. Microsofts Investitionen stiegen im Berichtszeitraum um etwa drei Viertel auf 20 Milliarden Dollar.
Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bei Online-Anzeigen verhilft Meta zu einem überraschend kräftigen Anstieg der Werbeeinnahmen. Gleichzeitig warnte die Facebook-Mutter gestern Abend vor einem "signifikanten Anstieg" der Ausgaben für diese Technologie.
Im abgelaufenen Quartal summierten sich die Investitionen den Angaben zufolge auf 9,3 Milliarden Dollar. Meta machte insgesamt bei einem Umsatz von 40,59 Milliarden Dollar einen Gewinn von 6,03 Dollar je Aktie
In den ersten neun Monaten des Airbus-Geschäftsjahres sank das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen zwar um 23 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg aber um fünf Prozent auf 44,5 Milliarden Euro. Im dritten Quartal erhöhte sich das bereinigte Ebit um 39 Prozent auf 1,41 Milliarden Euro, das waren gut 200 Millionen mehr als Analysten erwartet hatten. Auch der Umsatz war höher als erwartet. Unter dem Strich steht zwischen Juli und September ein Nettogewinn von 983 Millionen Euro, 22 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Der Autokonzern Stellantis hat im dritten Quartal wegen seiner Probleme auf dem wichtigen nordamerikanischen Markt einen massiven Umsatzeinbruch erlitten. Die Erlöse sackten im Jahresvergleich um mehr als ein Viertel auf 33 Milliarden Euro ab. Der Anbieter von Marken wie Peugeot, Citroen, Fiat, Chrysler, Jeep und Alfa Romeo hatte wie bereits bekannt im dritten Quartal nur 1,15 Millionen Autos verkauft und damit ein Fünftel weniger als ein Jahr zuvor.
Der weltgrößte Brauer AB Inbev hat auch im dritten Quartal weniger Bier verkauft. In allen Absatzregionen außer Europa gingen die Verkäufe zurück. Der Hersteller von Marken wie Beck's, Budweiser oder Corona bekam vor allem die schwache Nachfrage in China und Argentinien zu spüren. Der Umsatz sank im dritten Quartal um 3 Prozent auf gut 15 Milliarden Dollar. Unter dem Strich verdiente AB Inbev jedoch mit knapp 2,1 Milliarden Dollar über 40 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Der Technologiekonzern Siemens will sein Software-Geschäft mit einer milliardenschweren Übernahme in den USA stärken. Dabei wollen die Münchner für das Unternehmen Altair Engineering 113 Dollar je Aktie zahlen. Dies entspricht einem Unternehmenswert von ungefähr zehn Milliarden Dollar.