Zinsängste kehren zurück Ausverkauf an der Wall Street
In New York haben die Anleger das Weite gesucht. Es herrschte viel Skepsis darüber, ob die Notenbank bei ihrem moderaten Zinserhöhungskurs bleibt - oder vielleicht die Gangart doch noch verschärft.
Die Angst der Anleger vor immer größeren Zinsanhebungen der US-Notenbank ist am Donnerstag wie ein Bumerang an die US-Börsen zurückgekehrt und hat die Wall Street auf Talfahrt geschickt. Der Dow-Jones-Index verlor mehr als 1000 Punkte oder 3,12 Prozent auf 32.997 Punkte. Im Tagestief war der Index bis auf 32.685 Punkte abgerutscht. Der breiter gefasste S&P 500 fiel um 3,56 Prozent auf 4146 Zähler.
Der Index der Technologiebörse Nasdaq rauschte um 4,99 Prozent auf 12.317 Punkte in die Tiefe und erlebte seinen schwärzesten Börsentag seit Juni 2020. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor in der gleichen Größenordnung und ging bei 12.850 Punkten ebenfalls sehr schwach aus dem Handel.
Am Mittwoch hatten die Börsen noch mehr als drei Prozent gewonnen, nachdem die Notenbank die Zinsen erwartungsgemäß um 50 Basispunkte angehoben hatte. Fed-Chef Jerome Powell schloss eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte in einer bevorstehenden Sitzung ausdrücklich aus.
Dennoch flackerte die Angst der Anleger vor einer aggressiven Straffung der Geldpolitik angesichts der hohen Inflation schnell wieder auf. "Ich würde sagen, dass die Märkte der Fed ihre Zurückhaltung nicht abkaufen", sagte Callie Cox, US-Investmentanalystin beim Broker eToro.
Denn einige Fed-Mitglieder hätten bereits darauf gepocht, dass die Zinsen schneller steigen müssten und das sofort, sagte Cox. "Es macht also Sinn, dass die Anleger an diesen Ort der Angst zurückkehren, dass die Fed viel mehr tun könnte, als sie sich vorgestellt hatten, um die Inflation geldpolitisch zu bekämpfen."
Für Verunsicherung sorgte auch die Tatsache, dass die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen mit 3,09 Prozent deutlich über die drei-Prozent-Marke stieg.
Neben dem Nachklang zur Zinserhöhung blicken die Märkte schon auf die offiziellen April-Arbeitsmarktdaten, die morgen erwartet werden. Sie sind ein weiterer wichtiger makroökonomischer Mosaikstein für die weitere Geldpolitik der Fed.
Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind derweil in der vergangenen Woche überraschend gestiegen. Die Zahl sei um 19.000 auf 200.000 geklettert, teilte das Arbeitsministerium mit. Experten hatten im Schnitt mit 180.000 Anträgen gerechnet. Das Niveau der Hilfsanträge bleibt trotz des Anstiegs im längeren Vergleich niedrig.
Elon Musk hat sich für seinen angestrebten 44 Milliarden Dollar teuren Twitter-Kauf zusätzliche Mittel von Investoren wie dem Oracle-Mitgründer Larry Ellison gesichert. Insgesamt sollen so laut einer US-Börsenmitteilung vom Donnerstag rund 7,14 Milliarden Dollar (6,8 Mrd Euro) zusammenkommen sein.
Zu den Geldgebern zählen neben Milliardär Ellison die Wagniskapitalfirma Sequoia und die Krypto-Börse Binance. Zudem will der saudische Prinz Alwaleed bin Talal seine bereits bestehende rund 1,9 Milliarden Dollar schwere Beteiligung an Twitter einbringen. Er hatte Musks Übernahmepläne zunächst abgelehnt. Musk ist darauf angewiesen, dass ihm genug Aktionäre ihre Anteile abtreten. Wenn ihm dies gelingt, will der Tesla-Chef Twitter von der Börse nehmen.
Twitter-Aktien legten gegen den Trend 2,57 Prozent zu auf 50,36 Dollar. Sie blieben damit aber weiter weit unter dem Angebotspreis von etwas 54,20 Dollar. Die Märkte bleiben also weiter skeptisch, dass der Deal zustande kommt.
Das war heute kein Tag für schwache Nerven. Der DAX, der im Tageshoch noch bis auf 14.315 Punkte gestiegen war, sackte im Sog einer schwachen Wall Street am Nachmittag noch deutlich unter die Marke von 14.000 Punkten. Er schloss 0,49 Prozent schwächer bei 13.902 Punkten und damit in der Nähe seines Tagestiefs bei 13.856 Punkten. Nach einem solchen Verlust hatte es lange nicht ausgesehen.
Denn die heimischen Anleger waren am Morgen zunächst der Wall Street nach oben gefolgt, die am Vortag mit deutlichen Gewinnen auf den Zinsentscheid der Fed reagiert hatten. Denn so mancher hatte wohl Schlimmeres befürchtet als die weitgehend wie erwartet ausgefallene Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Am Nachmittag setzten dann aber in New York massive Gewinnmitnahmen ein, denen sich der heimische Markt nicht entziehen konnte.
Trotzdem bleiben Aktienmärkte in Zeiten steigender Zinsen verwundbar, denn höhere Raten verteuern Kredite, erhöhen damit die Finanzierungskosten der Unternehmen und drücken somit die Gewinne der Unternehmen. Zudem rücken festverzinsliche Wertpapiere als Alternative wieder verstärkt in den Blick der Investoren.
Die Fed hat zudem keinen Zweifel daran gelassen, dass weitere Zinsschritte folgen werden in Anbetracht einer hoher US-Inflationsrate von rund acht Prozent. Außerdem will sie ihre Bilanz verkleinern, was den Märkten Liquidität entzieht. Nicht zuletzt die Geldschwemme der Notenbank(en) hat den jahrelangen Aktienboom maßgeblich angefacht. Wenn diese Perspektive sich eintrübt, werden die Zeiten rauer.
Was prinzipiell auch für die EZB gilt, die nach langer Zurückhaltung ebenfalls anfängt, lauter über Zinserhöhungen nachzudenken. Zuletzt hatte Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel deutlich gemacht, dass höhere Zinsen schon im Juli kommen könnten.
Die Zinsrunde perfekt machte heute die Bank of England, die ebenfalls an der Zinsschraube drehte. Der Leitzins steige um 0,25 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent, teilte die britische Notenbank am Nachmittag nach der Sitzung des geldpolitischen Ausschusses MPC in London mit. Nach der vierten Zinsanhebung in der Corona-Pandemie liegt der Leitzins im Königreich so hoch wie zuletzt im Jahr 2009.
Die Fachleute der Helaba wiesen auch darauf hin, dass die schnellere Gangart der Notenbanken zur Inflationsbekämpfung die wirtschaftlichen Aussichten in der Zukunft trübe. "Zudem tobt der Krieg in der Ukraine weiter und in China erscheinen die kurzfristigen Perspektiven zuletzt holpriger." Es gebe also gute Gründe, die Risiken am Aktienmarkt im Blick zu halten.
Das bestätigen auch aktuelle Konjunkturdaten: Die wirtschaftlichen Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine für die deutsche Konjunktur werden zunehmend sichtbar: Nach Exporten und Einzelhandelsumsätzen fielen im ersten Monat nach Kriegsbeginn auch die Industrieaufträge. Fachleute halten deshalb eine Rezession für immer wahrscheinlicher.
Die Ölpreise bleiben auf dem höheren Niveau, das sie gestern erreicht hatten. Antrieb kam nach Nachrichten, dass die Fördergruppe OPEC+, zu der neben den Staaten des OPEC-Kartells auch Russland gehört, an ihrer Förderpolitik unverändert festhalten wolle. Insidern zufolge einigte sich die Gruppe heute auf eine Anhebung der Quoten um weitere 432.000 Barrel pro Tag. Das entspricht dem zuvor ausgerufenen Kurs, die 2020 im Zuge der Corona-Pandemie beschlossenen Förderkürzungen schrittweise rückgängig zu machen.
Auslöser der Kursgewinne vom Mittwoch war die Aussicht auf ein EU-Embargo auf russisches Rohöl. Die EU-Kommission schlägt vor, den Bezug russischen Erdöls als Sanktion wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine innerhalb eines halben Jahres auslaufen zu lassen. Die EU-Länder müssen dem Vorschlag aber noch einstimmig zustimmen, was alles andere als sicher ist. Einige Länder wollen nicht mitziehen.
Der Euro handelt derweil im US-Handel bei 1,0548 knapp 0,7 Prozent schwächer. Er war im Tief zuletzt bis auf 1,0471 Dollar gefallen. Hauptgrund für die Dollar-Stärke sind die hohen US-Zinserwartungen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0568 (Mittwoch: 1,0531) Dollar fest.
Der Immobilienkonzern Vonovia ist nach einem Rekordjahr und der Übernahme des kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen mit Zuwächsen ins Jahr gestartet. In den ersten drei Monaten erhöhte sich der Gewinn aus dem operativen Geschäft - getrieben durch die Übernahme der Deutschen Wohnen - um 44,4 Prozent auf 564 Millionen Euro. Wird die Übernahme herausgerechnet, ergibt sich ein Plus von 7,7 Prozent auf 420 Millionen Euro."
BMW hat im ersten Quartal im Tagesgeschäft etwas besser abgeschnitten als gedacht. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern legte um 12,1 Prozent auf 3,39 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich fuhr BMW einen Nettoüberschuss von fast 10,2 Milliarden Euro ein und damit mehr als dreimal so viel wie vor einem Jahr. Das lag vor allem an einem Bewertungseffekt der bisher schon gehaltenen BBA-Anteile in Höhe von vorläufig 7,7 Milliarden Euro. BMW hatte das chinesische Gemeinschaftsunternehmen mehrheitlich übernommen.
Bei Europas größtem Mode-Onlinehändler Zalando ging der Umsatz im ersten Quartal um 1,5 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro zurück. Es sei erwartbar gewesen, dass das Niveau "aus dem außergewöhnlich starken Vorjahresquartal" nach der Pandemie nicht zu halten sei, sagte Co-Chef Robert Gentz. Zudem fiel Zalando in die roten Zahlen. Von Januar bis März wies das Unternehmen einen bereinigten Betriebsverlust (Ebit) von knapp 52 Millionen Euro aus. Im Vorjahreszeitraum stand noch ein Betriebsgewinn von 93 Millionen Euro in der Bilanz. Die Aktie gab deutlich nach und stand am DAX-Ende.
Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hofft auf eine Zulassung von angepassten Covid-19-Impfstoffen - etwa gegen die Omikron-Variante - bis zum September. "Unsere Priorität ist es, sicherzustellen, dass angepasste Impfstoffe spätestens im September zugelassen werden, um für die Einführung neuer Impfkampagnen in der EU im Herbst vorbereitet zu sein", sagt Marco Cavaleri, Leiter der Impfstoffstrategie bei der EMA.
Bei der Entwicklung angepasster Vakzine sind die Hersteller BioNTech/Pfizer und Moderna am weitesten fortgeschritten. Cavaleri erwartet Studiendaten in den nächsten Monaten. Nach Angaben der EMA sind etwa die Hälfte aller EU-Bürger vollständig geimpft und geboostert, während 15 Prozent der über 18-Jährigen nicht geimpft sind.
Der Flugzeughersteller Airbus überrascht mit einem unerwarteten Milliardengewinn im ersten Quartal: Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 15 Prozent auf zwölf Milliarden Euro. Der um Sonderfaktoren bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) sprang sogar um 82 Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro in die Höhe. Die Zahlen kamen gut an, die Airbus-Aktie führte den DAX mit einem Gewinn von über sechs Prozent an.
Die Lufthansa hat zum Jahresauftakt dank einer Erholung der Nachfrage und höherer Ticketpreise den Umsatz verdoppelt und den Verlust fast halbiert. Von Januar bis März verbesserten sich die Erlöse gegenüber dem coronabedingt sehr schwachen Vorjahreszeitraum auf 5,4 Milliarden Euro. Operativ flog die Airline-Gruppe einen Verlust von 591 Millionen Euro ein nach rund einer Milliarde vor Jahresfrist.
Der Agrarkonzern Baywa hat im ersten Quartal einen Gewinnsprung gemacht. Baywa erzielte einen operativen Gewinn (Ebit) von knapp 145 Millionen Euro nach gut 45 Millionen vor Jahresfrist. Der Umsatz kletterte um 54 Prozent auf rund 6,3 Milliarden Euro. Baywa profitierte vor allem von einer starken Entwicklung im Segment Regenerative Energien, wo die anhaltend hohe Nachfrage nach Solarmodulen sowie der Verkauf von zwei Großprojekten in den USA zu einem deutlichen Ergebnisanstieg führte. Daneben kamen Baywa die kräftigen Preisanstiege bei Agrarerzeugnissen und Düngemitteln zugute.
Der Windturbinenhersteller aus dem TecDAX wird wegen eines Hacker-Angriffs seinen Geschäftsbericht für das erste Quartal wohl verschieben. Der für den 12. Mai vorgesehene Bericht werde voraussichtlich erst Mitte Juni veröffentlicht, teilte Nordex mit. Als Grund für die Verschiebung führte die Gesellschaft ein Cyber-Angriff Ende März an. Vorsorglich seien damals IT-Systeme in unterschiedlichen Geschäftsbereichen abgestellt worden. Dies habe zu Verzögerungen in den internen Abläufen geführt.
Der Ölkonzern Shell hat zum Jahresstart dank hoher Ölpreise und trotz Abschreibungen durch den Rückzug aus dem Russland-Geschäft einen Milliardengewinn erzielt. Unter dem Strich blieben 7,1 Milliarden US-Dollar hängen. Das ist ein Viertel mehr als vor einem Jahr, aber mehr als ein Drittel weniger als im Schlussquartal 2021. Allerdings hatte der Konzern wegen des Überfalls Russlands auf die Ukraine beschlossen, seine Geschäftstätigkeiten in Russland einzustellen, wofür nun Abschreibungen von 3,9 Milliarden Dollar notwendig wurden.
Der Autokonzern Stellantis hat im ersten Quartal trotz gesunkener Auslieferungen infolge des Chipmangels deutlich mehr Geld eingenommen. Der Umsatz stieg auf vergleichbarer Basis um zwölf Prozent auf 41,5 Milliarden Euro, wie der Vielmarkenkonzern (Peugeot, Fiat, Chrysler, Jeep) mitteilte. Dabei hatte Stellantis insgesamt 1,37 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert und damit wegen Problemen in der Belieferung mit Elektronikchips zwölf Prozent weniger als vor einem Jahr. Das Umsatzplus sei höheren Preisen und einem günstigen Absatzmix hin zu lukrativeren Autos zu verdanken, aber auch Wechselkurseffekten.
Nach dem Internet-Shopping-Boom während der Corona-Pandemie laufen die Geschäfte bei der Online-Handelsplattform ebay deutlich schlechter. Im ersten Quartal fielen die Erlöse gegenüber dem Vorjahreswert um sechs Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar. Der Gewinn sank um 16 Prozent auf 625 Millionen Dollar. Auch der Ausblick auf das laufende Vierteljahr fiel mau aus. ebay rechnet mit einem weiteren Umsatzrückgang auf 2,35 Milliarden bis 2,4 Milliarden Dollar. Die Aktie geriet nachbörslich mit rund sechs Prozent ins Minus.