Leitzins erhöht Wall Street haussiert nach Zinsentscheid
Mit ihrer Zinserhöhung hat die US-Notenbank niemanden mehr überrascht. An den amerikanischen Aktienmärkten kam aber die Klarheit über den weiteren Zinspfad sehr gut an.
Was Jerome Powell nach dem mit Spannung erwarteten Zinsentscheid zu sagen hatte, beflügelte die amerikanischen Aktienmärkte. Zwar kündigte der US-Notenbankchef weitere Zinsschritte an, noch kräftigere Schritte als der heute vorgenommene würden derzeit aber nicht in Erwägung gezogen. Das nährt die Erwartung, dass es in den beiden kommenden Sitzungen im Juni und Juli maximal um weitere 0,5 Prozentpunkte nach oben gehen wird.
Das genügte, um den Standardwerteindex Dow Jones um 2,8 Prozent nach oben zu treiben. Die Technologiewerte des Nasdaq 100 verbuchten sogar ein Plus von 3,4 Prozent.
Zuvor hatte die Notenbank wie weithin erwartet den Leitzins mit einem großen Schritt von 0,5 Prozentpunkten auf die Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent erhöht, um die ausufernde Inflation zu bekämpfen. Es war die zweite Zinserhöhung nach der Anhebung um 0,25 Punkte im März. Zudem will die Fed ihre infolge der Corona-Krise aufgeblähte Bilanz rasch abbauen.
Einen Vorgeschmack auf die offiziellen Arbeitsmarktdaten am Freitag lieferten heute die Zahlen der privaten US-Arbeitsagentur ADP. Unter dem Strich haben die privaten Firmen im April nur 247.000 Jobs geschaffen. Das ist der schwächste Stellenaufbau seit April 2020, als der US-Arbeitsmarkt nach Ausbruch der Corona-Krise einbrach. Als Begründung wurde auch auf einen weit verbreiteten Personalmangel verwiesen.
Im deutschen Handel wollte vor Veröffentlichung des Zinsentscheids um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit kaum ein Anleger ins Risiko gehen. Der DAX ging nach einem schwankungsarmen Tag ein halbes Prozent tiefer aus dem Handel.
Steigende Zinsen gelten als "Gift" für die Aktienmärkte, weil Zinsanlagen relativ attraktiver werden. Zudem verteuern sich die Finanzierungskosten der Unternehmen, was die Gewinne zu schmälern droht.
Die Berichtssaison zum ersten Quartal brachte wieder eine Reihe interessanter Ergebnisse. Heute veröffentlichten aus dem DAX Volkswagen, Airbus, der Gesundheitskonzern Fresenius und dessen Dialysetochter Fresenius Medical Care und Hannover Rück ihre Zahlen für das erste Quartal. Dazu kamen viele Unternehmen aus der zweiten Reihe.
Aus der Mode scheinen die Aktien der einstigen Corona-Krisengewinner im Konsumbereich, Zalando, Delivery Hero und HelloFresh, die zu den schwächsten DAX-Titeln zählten. Mit der jüngsten Aufhebung der Corona-Restriktionen für Gastronomie und Einzelhandel ist der Branche ein wichtiger Kurstreiber verlorengegangen.
Der Euro gewann nach dem Zinsentscheid rund einen halben US-Cent auf Kurse um 1,06 Dollar. In den vergangenen Wochen hatte die Gemeinschaftswährung angesichts der Zinserhöhungserwartungen in den USA deutlich unter Druck gestanden. Aber auch am Devisenmarkt schwanden die Sorgen vor einem allzu forschen Vorgehen der Fed. Der Goldpreis zog ebenfalls kräftig auf über 1.880 Dollar pro Feinunze an.
Die Pläne eines Ölembargos der Europäischen Union trieb den Ölpreis an. Die EU-Kommission schlägt in ihrem sechsten Sanktionspaket gegen Russland ein umfassendes Ölembargo vor. Mit einer Übergangsfrist von sechs Monaten sollten sämtliche Importe von russischem Rohöl gestoppt werden, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute. Die 27 EU-Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag aber noch geschlossen zustimmen. Vor allem Ungarn hat bereits Vorbehalte angemeldet.
Rohöl der Sorte Brent zog um mehr als vier Prozent auf über 110 Dollar pro Barrel an. Die amerikanische Referenzsorte WTI kletterte auf knapp 107 Dollar pro Barrel. Auch gesunkene Rohöl- und Kraftstoffvorräte in den USA trieben die Preise.
Am Abend legte Airbus seine Quartalszahlen vor. Der weltgrößte Flugzeugbauer konnte seinen Umsatz um 15 Prozent auf 12,0 Milliarden Euro steigern. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) sprang sogar um 82 Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro. Der Nettogewinn lag mit 1,2 Milliarden Euro mehr als dreimal so hoch wie im Vorjahr. Damit verdiente Airbus deutlich mehr als von Analysten erwartet. Für das Gesamtjahr sieht Airbus-Chef Guillaume Faury den Konzern auf Kurs, wie geplant etwa 720 Verkehrsflugzeuge an seine Kunden auszuliefern. Zugleich kündigte der DAX-Konzern an, die Produktion seiner Mittelstreckenjets noch stärker auszubauen. Im Jahr 2025 sollen monatlich 75 Maschinen der Modellfamilie A320neo die Airbus-Werke verlassen.
Volkswagen hat im ersten Quartal trotz eines Verkaufsrückgangs und der Folgen des Ukraine-Kriegs nahezu doppelt so viel verdient wie ein Jahr zuvor. Das Ergebnis nach Steuern stieg im Jahresvergleich von 3,4 Milliarden auf 6,7 Milliarden Euro. Dank höherer Verkaufspreise lief es vor allem bei den teureren Marken gut: Obwohl der DAX-Konzern wegen des Chipmangels insgesamt gut ein Fünftel weniger Fahrzeuge auslieferte, stieg der Umsatz um 0,6 Prozent auf 62,7 Milliarden Euro - auch dank der Übernahme des US-Truckherstellers Navistar.
Bei Volkswagens Lkw- und Bus-Holding Traton haben sich wegen des Ukraine-Kriegs die Aussichten für das Jahresergebnis etwas eingetrübt. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern dürfte nur noch fünf bis sechs Prozent vom Umsatz ausmachen, teilte das SDAX-Unternehmen heute mit. Die Münchener hatten zuvor fünf bis sieben Prozent in Aussicht gestellt. Auch beim Absatz ist das Unternehmen mit den Marken MAN, Scania, Navistar und VW Caminhoes e Onibus nun etwas weniger zuversichtlich. Der Umsatz dürfte dagegen etwas besser ausfallen als zuletzt vorausgesehen. Traton steigerte im ersten Quartal den Absatz um zwölf Prozent auf insgesamt 67.767 Fahrzeuge. Der Umsatz legte um 30 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro zu.
Dem Medizin- und Krankenhauskonzern Fresenius machen die Schwierigkeiten seiner Tochter Fresenius Medical Care (FMC) weiterhin zu schaffen. Im ersten Quartal brach der Gewinn des Dialyseanbieters um fast 40 Prozent ein - erneut wegen hoher Kosten und der Übersterblichkeit seiner Patienten. Dadurch wurde auch der Jahresauftakt der Mutter überschattet. Zudem hätten auch der Krieg in der Ukraine, Engpässe in den Lieferketten und teils erheblich gestiegene Ausgaben das Quartal belastet, teilte Fresenius mit.
Der Konzern wies zwar dank Verbesserungen bei der Infusionstochter Kabi und im Klinikgeschäft für das Quartal ein Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr von acht Prozent auf rund 9,7 Milliarden Euro aus, das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis (Ebit) sank jedoch um ein Prozent auf 996 Millionen Euro. Unter dem Strich konnte Fresenius den Rückgang ausgleichen, das bereinigte Konzernergebnis zog um sechs Prozent auf 462 Millionen Euro an. Damit schlug sich die Firma besser als von Analysten erwartet. Beide DAX-Unternehmen halten an ihren Prognosen für das laufende Jahr fest.
Der Verkauf von Corona-Schnelltests beflügelt das Geschäft der Medizintechnik-Sparte von Siemens länger als gedacht. Siemens Healthineers hob seine Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr 2021/22 erneut an: Der Umsatz werde per Ende September auf vergleichbarer Basis um 5,5 bis 7,5 Prozent über dem Vorjahresniveau liegen. Bisher hatte die Siemens-Tochter mit drei bis fünf Prozent gerechnet. Allein die Antigen-Tests sollen 1,3 Milliarden Euro beisteuern, 600 Millionen mehr als gedacht. Das bereinigte Ergebnis je Aktie, an dem Siemens Healthineers seinen Erfolg misst, werde mit 2,25 bis 2,35 (bisher 2,18 bis 2,30) Euro ebenfalls höher ausfallen. Nach dem Abrutschen auf ein Tief seit Juni 2021 am Montag erholen sich die Papiere heute weiter.
Der Stahlhändler Klöckner & Co. (KlöCo) hat auch im neuen Jahr dank der drastisch gestiegenen Werkstoffpreise zugelegt. Die Erlöse seien im ersten Quartal um rund 60 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro geklettert, teilten die Duisburger mit. Das Konzernergebnis konnte auch durch den Verkauf von Immobilien und Standorten gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 172 Millionen Euro verdoppelt werden. KlöCo hatte bereits vor einem Monat mitgeteilt, das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) im Quartal auf 201 Millionen Euro nach 130 Millionen Euro vor Jahresfrist gesteigert zu haben. Für das zweite Quartal peilt der Konzern zwischen 180 bis 240 Millionen Euro an.
Hohe Belastungen durch Naturkatastrophen und den Krieg in der Ukraine haben den Gewinn des weltweit drittgrößten Rückversicherers gedrückt. Im ersten Quartal fiel das Konzernergebnis um 13,8 Prozent auf 263,6 Millionen Euro, wie Hannover Rück mitteilte. Für mögliche Belastungen aus dem Krieg bildete der Konzern eine zusätzliche Vorsorge im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Zudem hinterließen zahlreiche Naturkatastrophen und die Corona-Pandemie ihre Spuren in der Bilanz. Dennoch bestätigte Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz das Ziel, 2022 einen Nettogewinn von 1,4 bis 1,5 (Vorjahr: 1,2) Milliarden Euro zu erwirtschaften.
Teamviewer hat im ersten Quartal unter anderem dank Fortschritten im Geschäft mit großen Unternehmen operativ mehr verdient als erwartet. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ging im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar um acht Prozent auf 83,2 Millionen Euro zurück, wie der Softwareanbieter mitteilte. Experten hatten allerdings mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. Die sogenannten Billings legten um zwölf Prozent auf 163,5 Millionen Euro zu. Dabei handelt es sich um die in Rechnung gestellten Umsätze der kommenden zwölf Monate. Die Prognose für das Gesamtjahr wurde bestätigt. Die im MDAX und TecDAX notierte Aktie gewann mehr als acht Prozent.
Dank eines starken Autogeschäfts auf dem amerikanischen Kontinent ist der Verbindungstechnik-Spezialist Norma im ersten Quartal weiter gewachsen. Das SDAX-Unternehmen steigerte seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,3 Prozent auf 304 Millionen Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank um knapp 18 Prozent auf 30,3 Millionen Euro. Seine Prognose für dieses Jahr bestätigte das Unternehmen. Die Norma-Aktie gehörte zu den besten Werten im Nebenwerteindex. Damit machte das Papier zumindest etwas Boden gut, nachdem es im laufenden Jahr knapp 30 Prozent an Wert verloren hat.
Nach einer möglichen Übernahme von Twitter erwägt Tech-Milliardär Elon Musk, Gebühren für den Online-Dienst einzuführen. "Twitter wird für gelegentliche Nutzer immer kostenlos sein, für gewerbliche/staatliche Nutzer aber vielleicht ein wenig kosten", twitterte er. Musk will Twitter übernehmen und hat dem US-Kurznachrichtendienst vorgeworfen, die Redefreiheit auf der Plattform zu stark einzuschränken. Musk einigte sich mit dem Verwaltungsrat auf einen rund 44 Milliarden Dollar schweren Deal, ist aber darauf angewiesen, dass ihm genug Aktionäre ihre Anteile abtreten. Twitter und Musk wollen die Übernahme bis Jahresende abschließen.
Die Containerreederei Maersk hat dank hoher Frachtraten und günstigerer Vertragsabschlüsse das beste Ergebnis in einem Quartal erzielt. "Während die globalen Lieferketten nach wie vor erheblich unter Druck stehen, beweisen wir weiterhin unsere große Fähigkeit, Kunden bei der Bewältigung logistischer Herausforderungen zu unterstützen", erklärte Konzernchef Soren Skou. So schnellte der Umsatz im ersten Quartal auf 19,3 (Vorjahr: 12,3) Milliarden Dollar, das operative Ergebnis (Ebitda) stieg von 4,0 auf 9,1 Milliarden. Der Vorstand bekräftigte seine bereits angehobene Jahresprognose, die ein Ebitda von rund 30 Milliarden Dollar vorsieht.
Der Modekonzern Hugo Boss sieht sich auf Rekordkurs. "Wir sind mit einem Rekordumsatz im ersten Quartal sehr gut in das Geschäftsjahr 2022 gestartet", sagte Firmenchef Daniel Grieder. Die Erneuerung der Marken Hugo und Boss habe mehr Kunden angelockt. Der Umsatz schnellte in den ersten drei Monaten währungsbereinigt um 52 Prozent auf 772 Millionen Euro hoch. Das operative Ergebnis (Ebit) übertraf mit 40 Millionen Euro den Vorjahreswert von einer Million deutlich. Wegen der positiven Entwicklung bekräftigte Grieder seine Jahresziele, die ein Wachstum von zehn bis 15 Prozent auf 3,1 bis 3,2 Milliarden Euro vorsehen. Die Anleger reagierten mit Gewinnmitnahmen auf die Zahlenvorlage.
Airbnb erlebt nach dem Geschäftseinbruch in der Corona-Krise ein starkes Comeback. Im ersten Quartal 2022 wuchsen die Erlöse im Jahresvergleich um 70 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar, wie das Unternehmen gestern nach US-Börsenschluss mitteilte. Unterm Strich erlitt der Apartment-Vermittler zwar einen Verlust von 19 Millionen Dollar, verbesserte sich damit jedoch stark gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das Unternehmen rechnet im Sommer mit boomenden Buchungszahlen.
Ein vorsichtigerer Ausblick von Cancom auf 2022 hat die Aktie heute auf Talfahrt geschickt. Mit einem Einbruch von mehr als 16 Prozent war sie das abgeschlagene Schlusslicht im MDAX und sackte auf den tiefsten Stand seit November 2020. Der IT-Spezialist blickt wegen größerer Lieferkettenprobleme und der Konjunkturaussichten weniger positiv auf das laufende Jahr. Der Umsatz werde nur noch deutlich wachsen, hieß es gestern Abend. Zuvor war der Vorstand von einem sehr deutlichen Erlösplus ausgegangen.