Moderate Gewinne Die Wall Street stabilisiert sich
Bei insgesamt ruhigem Handel machte vor allem die Technologiebörse Nasdaq heute wieder etwas Boden gut. Unterdessen warten die Anleger gespannt auf neue Daten vom Arbeitsmarkt.
Die Wall Street hat sich vor den mit Spannung erwarteten offiziellen Daten vom US-Arbeitsmarkt stabilisiert. Vor allem der Index der Technologiebörse Nasdaq gewann 0,76 Prozent auf 12.087 Stellen, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte 0,74 Prozent vor.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte am Ende nahezu unverändert bei 33.485 Punkten. Er hatte sich zuletzt aber besser entwickelt als seine New Yorker Indexkollegen, wie ein Wochenplus von 0,6 Prozent zeigt. Der breiter gefasste S&P 500 rückte um 0,36 Prozent auf 4105 Zähler vor. Damit machten die US-Börsen einen Teil ihrer Verluste nach zuletzt schwachen Wirtschaftszahlen wieder wett.
Im Fokus standen heute die am Freitag anstehenden offiziellen Daten vom Arbeitsmarkt. "Fallen die Zahlen zum Beschäftigungszuwachs und den Stundenlöhnen zu hoch aus, könnten wieder Inflations- und Zinssorgen aufkommen. Sind die Daten den Anlegern dagegen zu schwach, dürfte die Rezessionsangst wieder die Runde machen", sagte Analyst Christian Henke vom Broker IG im Hinblick auf die kommenden Daten vom Arbeitsmarkt. Trotz der Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten am Karfreitag werden die US-Börsen geschlossen bleiben und erst am Montag wieder öffnen.
Zwar war es heute ein ruhiger Handelstag, die US-Anleger sind derzeit aber alles andere als entspannt. Denn die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigen nunmehr genau die Abschwächung der Konjunktur an, die nach den drastischen Zinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zu erwarten war und mit denen die Bank die Inflation in den Griff bekommen will. Neben den stetigen Zins- und Inflationsängsten kommen damit nun auch noch Rezessionsängste hinzu.
Auch andere Wirtschaftsdaten aus den USA hatten zuletzt Konjunktursorgen geschürt und die Börsen-Rally ausgebremst. Nach dem Auftragsminus der US-Industrie hatte auch der Einkaufsmanagerindex aus dem US-Dienstleistungssektor die Erwartungen verfehlt.
Zudem ist heute die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe höher als gedacht ausgefallen. Insgesamt stellten vergangene Woche 228.000 US-Amerikaner einen Antrag auf staatliche Stütze, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Ökonominnen und Ökonomen hatten lediglich mit 200.000 gerechnet. "Die letzten Stützpfeiler der Wirtschaft beginnen zu schwächeln, und das ist ein Zeichen für eine Rezession", sagte Peter Cardillo, Chefökonom beim Investitionsberater Spartan Capital Securities.
"Wir sehen diese Woche, dass sich die Zinserhöhungen zum ersten Mal auf die Gesamtwirtschaft auswirken", kommentierte Roger Lee, Aktienstratege bei Investec.
Bei der Bekämpfung der Inflation ist die Fed aus Sicht eines führenden Währungshüters derweil noch längst nicht am Ziel. "Wir haben noch einen langen Weg vor uns und ich denke, die Inflation wird in Zukunft zäh bleiben", sagte der Chef des Fed-Bezirks St. Louis, James Bullard, heute in Little Rock im Bundesstaat Arkansas. Es werde schwierig, die Teuerungsrate auf den Zielwert der Notenbank von 2,0 Prozent zu drücken. "Daher müssen wir dran bleiben."
Ob die Fed den Leitzins Anfang Mai über das jetzige Niveau der Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent hinaus weiter anheben wird, ist angesichts der derzeit unsicheren Konjunkturaussichten offen. Die US-Währungshüterin Loretta Mester sagte Bloomberg TV, für eine Einschätzung sei es noch zu früh.
Mit Spannung blicken Investoren daher schon auf die am Mittwoch nach Ostern anstehenden Inflationsdaten für März. "Wenn die US-Inflationszahlen in der kommenden Woche niedriger ausfallen als erwartet, könnte das den Gedanken nähren, dass die Fed nun am Ende ihres Zinserhöhungszyklus ist", meint Mark Dowding, Chef-Anleger des Vermögensverwalters BlueBay. In ihrem Ausblick hatten die US-Währungshüter im März im Mittel allerdings ein Zinsniveau von über fünf Prozent zum Jahresende angepeilt.
Unter den Einzelwerten haben besonders die Aktien einiger großen Tech-Riesen vor dem langen Osterwochenende für eine positive Wende an der Nasdaq-Börse gesorgt. Papiere einiger Unternehmen, die von Anlegern als wichtige Profiteure des Megatrends "Künstliche Intelligenz" (KI) angesehen werden, gehörten zu den Garanten dafür, dass der Nasdaq 100 aus besonders deutlichen Anfangsverlusten noch klare Gewinne machte.
Microsoft, Meta und Alphabet zogen bis zu 3,7 Prozent an. Alle drei verbuchten damit den höchsten Stand seit mindestens einem halben Jahr. UBS erhöhte für Meta das Kursziel deutlich auf 280 US-Dollar, was noch etwa 30 Prozent Kurspotenzial verspricht. Analyst Lloyd Walmsley begründete dies mit nachgebenden Kosten. Die Meta-Aktie bleibe für dieses Jahr seine Top-Empfehlung im Sektor.
Vor den anstehenden Osterfeiertagen haben sich die Anlegerinnen und Anleger am heimischen Aktienmarkt nicht mehr weit aus dem Fenster gelehnt, was allerdings nicht unüblich ist. Im Vorfeld der bis einschließlich Montag andauernden Handelspause meiden sie neue Risiken. Der DAX notierte am Ende des Tages um 0,5 Prozent höher bei 15.597 Punkten und machte damit die Verluste des Vortages wieder wett.
Nach Einschätzung von Helaba-Aktienstratege Markus Reinwand will der DAX nach oben. Die verbesserten deutschen Fundamentaldaten - zuletzt die Auftragseingänge und die Industrieproduktion - gäben das auch her, zumal die Bewertung weiterhin moderat sei. "Eher als Bremse erweisen sich dagegen bislang die Leitindizes Dow Jones Industrial und S&P 500.
Der DAX habe auch in der Karwoche sein hohes Niveau gehalten, auf das er sich erholt habe, nachdem die Bankenkrise erst einmal abgesagt worden sei, schrieb Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Hintergrund seien gute Konjunkturdaten aus Deutschland. Gleichwohl halte der Bankenstress an, da die Zinsen weiter steigen.
Fundamentaler Rückenwind für den Index kam von Daten zur deutschen Industrieproduktion. So hat die deutsche Industrie die Produktion im Februar deutlich gesteigert. Im Monatsvergleich habe die Gesamtproduktion um 2,0 Prozent zugelegt, teilte das Statistische Bundesamt mit. Analysten wurden von der Entwicklung überrascht. Sie hatten im Schnitt mit einem leichten Rückgang um 0,1 Prozent gerechnet.
Nach Einschätzung des Chefvolkswirts der ING Bank, Carsten Brzeski, kann dank der jüngsten Entwicklung eine technische Rezession in Deutschland vermieden werden. Ökonominnen und Ökonomen sprechen davon, wenn die Wirtschaft zwei Quartale in Folge schrumpft. Bereits am Vortag hatten sich führende Wirtschaftsforschungsinstitute positiver geäußert und ihr Rezessionsszenario zurückgezogen.
Der Kurs des Euro hat sich ei ruhigem Handel leicht nach oben bewegt. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde zuletzt im US-Handel bei 1,0922 Dollar wieder etwas höher gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0915 (Mittwoch: 1,0940) Dollar fest.
Starke Zahlen aus der deutschen Industrie stützten den Euro nicht nachhaltig. Der Devisenmarkt reagierte zuletzt vor allem auf die schwächeren Wirtschaftsdaten aus den USA, was den Dollar belastete.
Die Ölpreise sanken heute leicht. Marktbeobachterinnen und Marktbeobachter sprachen von einer Gegenbewegung am Ölmarkt, die am Vortag einsetzte und sich nun fortsetzte. In der ersten Wochenhälfte waren die Notierungen für Rohöl noch deutlich gestiegen, und auch auf Wochensicht ging es mit den Ölpreisen stark nach oben.
Seit Montag hat sich Rohöl aus der Nordsee um mehr als vier Dollar je Barrel verteuert. Hintergrund ist eine überraschende Drosselung der Fördermenge durch Staaten des Ölverbunds OPEC+, die am Wochenende angekündigt wurde.
Wachsende Sorgen vor einer Rezession in den USA trieben den Goldpreis zuletzt deutlich in Richtung Rekordhoch. Im Verlauf der Woche fehlte nicht mehr viel zur Marke von 2075 Dollar je Feinunze aus dem Sommer 2020. Zeitweise wurde das Edelmetall an der Börse in London für 2031 Dollar gehandelt, zuletzt waren es 2007 Dollar. Damit bleibt das Edelmetall so teuer wie seit mehr als einem Jahr nicht mehr.
Ein wesentlicher Treiber für die steigende Nachfrage nach Gold ist die Kursentwicklung am Devisenmarkt. Wegen der zuletzt enttäuschenden US-Konjunkturdaten und wegen jüngster Turbulenzen im Bankensektor nach der Pleite von mehreren Regionalbanken in den USA hat der Dollar an Wert verloren. Die Folge: Das in Dollar gehandelte Gold wird auf dem Weltmarkt günstiger, was die Nachfrage verstärkt.
Zu den schwächsten Einzelwerten im DAX gehörte die Telekom, dies aber nur optisch. Der Dividendenabschlag nach der gestrigen Hauptversammlung lag bei 0,70 Euro und wurde heute schon zu mehr als der Hälfte wieder aufgeholt.
Siemens gaben nach einem negativen Analystenkommentar von Barclays nach. Die Unternehmen aus dem europäischen Investitionsgütersektor dürften unter dem Strich solide Zahlen für das erste Quartal vorlegen, schrieb Analyst Lars Brorson in einem Sektorausblick. Die Investoren könnten allerdings nach den jüngsten Kursgewinnen die Aktien verkaufen, da sich der Ausblick eintrübe. Tagessieger waren Vonovia in einer deutlichen Gegenbewegung auf die jüngsten Verluste.
Die Finanzaufsicht BaFin registriert immer mehr Beschwerden über Banken und Finanzinstitute. 2022 stieg die Zahl der Reklamationen um ein Fünftel auf 15.000, wie aus Reuters vorliegenden Erhebungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hervorgeht. Verbraucherinnen und Verbraucher beklagten sich demnach am häufigsten über Kontosperrungen oder -schließungen, Probleme mit Karten und über zivilrechtliche Fragen.
Auch Verbraucherschützer berichten von zunehmenden Anfragen und einer Verunsicherung der Kunden etwa wegen der Turbulenzen um die Schweizer Großbank Credit Suisse.
Rund 1000 Manager der in Schieflage geratenen Schweizer Großbank Credit Suisse müssen teilweise oder ganz auf Bonuszahlungen verzichten. Das entschied die Schweizer Regierung gestern, nachdem die rettende Übernahme der Bank durch die UBS mit Milliarden an staatlichen Garantien und Liquiditätshilfen der Schweizerischen Nationalbank im März beschlossen wurde. Die Regierung ordnete zudem an, dass Boni bei der UBS künftig an risikobewusstes Management und die Nichtinanspruchnahme der Staatsgarantien geknüpft werden.
Der Öl- und Gaskonzern Shell sieht bislang ein anhaltend gutes Gasgeschäft im laufenden Jahr. So laufe der Gashandel weiterhin robust und dürfte etwa auf dem Niveau des starken vierten Quartals 2022 liegen, teilte das Unternehmen mit. Und dies, obwohl die europäischen Gaspreise derzeit weit unter ihren Hochs vom vergangenen August notieren.
Der Bericht des Öl- und Gaskonzerns deute auf eine gute Leistung, sinkende Betriebskosten und einen starken Beitrag des Handelsgeschäfts im laufenden Quartal hin, notierte Jefferies-Analyst Giacomo Romeo. Alles in allem wiesen die Zahlen darauf hin, dass Shell die vierteljährlichen Aktienrückkäufe in unveränderter Höhe beibehalten dürfte.
Der für die Pharma- und Kosmetikindustrie produzierende Spezialverpackungshersteller Gerresheimer sieht sich nach einem dynamischen Jahresauftakt auf Rekordkurs. "Wir sind mit einem starken ersten Quartal gestartet und haben bei Umsatz und Ergebnis erneut ein zweistelliges Wachstum erzielt", sagte Finanzvorstand Bernd Metzner. Die Auftragsbücher seien sehr gut gefüllt. Im ersten Quartal legte der Umsatz organisch um 21 Prozent auf rund 458 Millionen Euro zu und das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) um ein Viertel auf 78 Millionen.