Banken weiter im Fokus Nervosität an der Wall Street
An der Wall Street stand die jüngste Bankenkrise weiter im Fokus und zügelte den Risikoappetit der Anleger. Die Kurse erholten sich aber im Verlauf, auch weil die Tech-Börse Nasdaq Stärke zeigt.
Die Unsicherheit im Bankensektor hat die Anleger an der Wall Street auch zum Wochenschluss umgetrieben. Im Zuge fallender europäischer Bankenwerte geriet auch der US-Sektor unter Druck.
Am Vortag hatte US-Finanzministerin Janet Yellen ihre Bereitschaft erklärt, bei Bedarf weitere Maßnahmen zum Schutz von Bankeinlagen zu ergreifen. Zuvor hatte sie einer "pauschalen" Einlagensicherung zur Stabilisierung des US-Bankensystems noch eine Absage erteilt. Die Unsicherheit hält indes weiter an: So bleibt der über die US-Notenbank Fed gedeckte Liquiditätsbedarf der Banken vergleichsweise hoch.
Anleger griffen hingegen zu Energie- und Konsumwerten, was den Gesamtmarkt stützte. Die Aussicht auf ein baldiges Erreichen des Zinsgipfels kommt derzeit auch den Technologieaktien zugute, die sich in der Bankenkrise bisher besser halten.
Trotzdem blieb das Handelsgeschehen von Vorsicht und Nervosität geprägt. Der Markt konnte anfänglich höhere Verluste aber aufholen und drehte im Verlauf ins Plus. Für eine dynamische Trendwende, zumal vor dem Wochenende, reichte es jedoch nicht. Der Leitindex Dow Jones, der in dieser Woche eine regelrechte Berg- und Talfahrt erlebte, schloss am Ende bei 32.237 Punkten, ein moderater Tagesgewinn von 0,41 Prozent.
Die Tech-Börse Nasdaq, die sich in dieser Woche recht gut behauptete, schloss leicht um 0,3 Prozent höher, auch der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte in der gleichen Größenordnung vor. Der S&P-500-Index stieg um 0,56 Prozent auf 3970 Zähler.
Aktien von JP Morgan, Citigroup und Goldman Sachs fielen um bis zu 1,9 Prozent. Morgan Stanley gaben 2,2 Prozent nach. Die angeschlagene Regionalbank First Republic Bank sackte weitere 1,4 Prozent nach unten. Titel der Western Alliance und PacWest drehten ins Plus und gewannen 5,7 und 3,2 Prozent.
"Die Tatsache, dass wir bei den überverkauften Regionalzahlen einen kleinen Aufschwung bekommen, macht Sinn, weil wir wahrscheinlich näher am Ende dieses Mini-Bank-Dramas sind als am Anfang", sagte Art Hogan, Marktstratege beim Vermögensverwalter Riley Wealth.
Der Abschluss der Handelswoche an der Frankfurter Börse stand ganz im Zeichen der Rückkehr der Bankenkrise. Zwar grenzten sowohl der DAX als auch Bank-und Immobilienaktien am Ende ihre Verluste noch etwas ein, die Sorgen der Anleger bleiben aber nach dem Banken-Beben der jüngsten Zeit in den USA und in der Schweiz auch hierzulande groß. Entsprechend zogen sie sich heute vom Markt zurück. Das Rätselraten um die Folgen der Probleme bei einzelnen Geldhäusern für das ganze Finanzsystem sei längst nicht vorbei, schreiben Experten der Helaba.
Am Ende schloss der DAX bei 14.957 Punkten um 1,66 Prozent schwächer. Der deutsche Leitindex unterschritt dabei auch die Marke von 15.000 Punkten und fiel im Tief bis auf 14.809 Zähler. Die Wochenbilanz des deutschen Leitindex ist mit plus 1,3 Prozent aber weiter positiv. Der MDAX mit den mittelgroßen Börsenwerten schloss am Freitag um 2,86 Prozent tiefer auf 26.484Zähler.
Aktien der Deutschen Bank sackten im DAX im Tief bis auf 7,94 Euro oder rund 15 Prozent ab und damit so stark wie seit dem Corona-Crash im Februar 2020 nicht mehr. Am Ende verlor das Papier der führenden deutschen Privatbank 8,5 Prozent und ging bei 8,54 Euro aus dem Handel.
Preise für die Versicherungen gegen Zahlungsausfälle, sogenannte "Credit Default Swaps" (CDS), bei Anleihen der Deutschen Bank stiegen stark, der Anstieg setzte sich heute bis auf ein Vierjahreshoch fort. Ansteigende CDS-Prämien gelten am Markt als ein Alarmsignal. Im Gegenzug sanken die Kurse von einigen Deutsche-Bank-Anleihen, weil sich mancher Investor lieber von ihnen trennen wollte.
Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist Befürchtungen über eine mögliche Schieflage der Deutschen Bank entgegengetreten. "Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen", sagte Scholz heute zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel unter Anspielung auf den zeitweise eingebrochenen Börsenkurs des Instituts. "Die Deutsche Bank hat ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert und neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank", betonte der Kanzler.
Commerzbank-Papiere gaben ebenfalls deutlich um 5,4 Prozent nach. Auch Immobilienaktien waren betroffen, sie leiden schon länger unter der Zinswende, die sich bereits negativ auf das Neugeschäft der Branche auswirken. Im DAX sackten Vonovia deutlich um 4,7 Prozent ab.
Vor allem der Zahlungsausfall nachrangiger Anleihen der Credit Suisse beschwört derzeit Sorgen über höhere Refinanzierungskosten von Banken herauf. Die Experten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sehen den Bankensektor zwar weit besser aufgestellt als zur Finanzkrise vor rund 15 Jahren, schließen aber nicht aus, dass nach der Credit Suisse demnächst ein weiteres Geldinstitut Probleme bekommen könnte.
"Dabei versuchen die wichtigsten Notenbanken zwar einerseits die Finanzstabilität möglichst sicherzustellen, geben andererseits jedoch dem Kampf gegen die Inflation weiterhin den Vorrang über den Schutz der Konjunktur", hieß es von der LBBW, die deshalb beim Bankensektor weiter zur Vorsicht rät.
"Das Bankensystem basiert auf Vertrauen, daher müssen wir die zukünftigen Entwicklungen sehr genau beobachten", sagte Frederique Carrier, Leiter Investmentstrategie beim Vermögensverwalter RBC.
Angesichts der Sorgen um den Finanzsektor griffen viele Anleger beim Dollar zu, der gern in Krisenzeiten als "sicherer Hafen" angesteuert wird. Auch Gold notierte mit 1976 Dollar je Feinunze auf hohem Niveau. Der Euro, der am Donnerstag noch ordentlich zugelegt hatte, gab zeitweise ein Prozent auf 1,0720 Dollar nach und grenzte zuletzt im US-Handel bei 1,0759 Dollar seine Verluste etwas ein. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0745 (Donnerstag: 1,0879) Dollar fest.
Ebenfalls gefragt waren Staatsanleihen, die ihre Anfangsgewinne mittlerweile aber größtenteils abgegeben haben. Die Kurse der zehnjährigen deutschen Bonds notierten nahezu unverändert bei einer Rendite von 2,14 Prozent. Im Tageshoch fiel deren Rendite bis auf 1,99 Prozent - nach 2,18 Prozent am Donnerstag. Die Ölpreise geben nach.
Der Touristikkonzern TUI hat angekündigt, die in der Corona-Krise bezogenen staatlichen Hilfen in Kürze gänzlich zurückzuzahlen. Der Konzernvorstand habe zu diesem Zweck einer Kapitalerhöhung in Höhe von 1,8 Milliarden Euro zugestimmt. "Mit dem Erlös aus der Kapitalerhöhung setzen wir um, was wir zugesagt haben: die vollständige Rückzahlung der staatlichen Corona-Hilfen", erklärte Vorstandschef Sebastian Ebel.
Die Vonovia-Tochter Deutsche Wohnen hat im vergangenen Geschäftsjahr keine großen Sprünge gemacht. Das Ergebnis aus dem operativen Geschäft (Group FFO) belief sich auf 593,6 Millionen Euro nach 594,3 Millionen Euro im Vorjahr. Die Leerstandsquote habe sich weiter auf einem niedrigen Niveau bei 1,9 Prozent bewegt. Rund 87 Prozent der Deutsche Wohnen sind in Händen des Mutterkonzerns Vonovia, der diese 2021 nach mehreren vergeblichen Anläufen übernommen hatte.
Der zuletzt schwächelnde Batteriekonzern Varta hat sich mit den Banken und seinem Mehrheitseigner auf einen weitreichenden Umbau geeinigt. Dabei gehe es um eine Anpassung von Produktions- und Strukturkosten sowie um Investitionen in Wachstumsfelder wie Energiewende und E-Mobilität, teilte die im SDAX gelistete Gesellschaft am Abend in Ellwangen mit.
Das Konzept für den Umbau wurde auf Basis eines Sanierungsgutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erarbeitet. Der darin identifizierte kurzfristige Finanzierungsbedarf sei durch die gerade abgeschlossene Kapitalerhöhung gedeckt, hieß es weiter. Damit hatte Varta in dieser Woche brutto rund 51 Millionen Euro hereingeholt.
Die US-Behörden überprüfen einem Medienbericht zufolge unter anderem die Credit Suisse und UBS im Zusammenhang mit etwaigen Hilfen für russische Oligarchen bei der Umgehung von Sanktionen. Das Justizministerium befasse sich neben den beiden Großbanken auch mit Mitarbeitern einiger US-Finanzinstitute, meldete die Agentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Die entsprechenden Schreiben mit Bitten um Auskunft seien dabei vor der Übernahme der Credit Suisse versandt worden.
Die Polizei in Montenegro hat den flüchtigen Kryptowährungs-Gründer Do Kwon festgenommen. Kwon hatte in Singapur die Kryptowährungen Terra und Luna kreiert. Das System Terra-Luna brach jedoch im Mai vorigen Jahres spektakulär zusammen. Die Anleger gingen leer aus. Die Pleite soll Verluste in Höhe von 40 Milliarden Dollar verursacht haben.