EU-Gipfel zu Finanzmarkt "Bankensystem in Europa ist stabil"
Inflation, taumelnde Banken, fallende Aktienkurse. Der Finanzmarkt steht vor Herausforderungen. Beim EU-Gipfel verbreiteten Kanzler Scholz und andere Regierungschefs die Botschaft, dass das System stabil sei.
Angesichts der in Schieflage geratenen Banken in den USA und in Europa haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten bei ihrem Gipfel in Brüssel um eine Beruhigung der Finanzmärkte bemüht. Sie betonten demonstrativ die Krisenfestigkeit des Systems. Das Bankensystem in Europa sei sehr stabil und widerstandsfähig, erklärte Bundeskanzler Scholz nach dem Treffen in Brüssel. Die EU habe strenge Regeln für die Aufsicht etabliert.
Strenge Regeln nach der Finanzkrise
Der Deutschen Bank sprach der Bundeskanzler demonstrativ sein Vertrauen aus, nachdem die Aktien um mehr als elf Prozent abgestürzt waren. "Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen", sagte Scholz. Die Deutsche Bank habe ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert, neu organisiert und "ist sehr profitabel".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron machte "Spekulanten" für die jüngste Talfahrt an den Börsen verantwortlich und betonte: "Die Eurozone ist die Region, in der die Banken am solidesten sind." Man habe aus vergangenen Krisen gelernt, so der französische Präsident.
Ähnlich äußerte sich auch die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, die am EU-Gipfel teilnahm. Der Bankensektor sei stark und widerstandsfähig, wozu auch die nach der globalen Finanzkrise eingeleiteten Reformen der Bankenaufsicht beigetragen hätten, so Lagarde nach Angaben von Teilnehmern. Der Instrumentenkasten sei zudem voll ausgestattet, um nötigenfalls den Geldhäusern mit Liquiditätshilfen unter die Arme zu greifen, so die EZB-Präsidentin.
Stabilität kann schnell in Schieflage geraten
Auch der belgische Premierminister Alexander De Croo betonte vor dem Gipfel, man sehe momentan keinen Grund zur Sorge. "Aber natürlich konnte sich vor einigen Wochen auch niemand von uns vorstellen, dass die US-amerikanische Silicon Valley Bank und die Credit Suisse in der Schweiz in solch gravierende Schwierigkeiten geraten könnten", sagt er.
Das zeige, dass die Finanzstabilität schnell in eine Schieflage geraten könne. Auch wenn die Banken mit ihren Kapital- und Liquiditätspositionen im Moment gut aussähen - niemand wisse, was noch passieren könne, so der Belgier weiter.
Forderung nach Umsetzung der Bankenunion
Möglicherweise werden die zunehmenden Turbulenzen im Bankensektor einem seit langem debattierten Projekt Aufwind geben. Es geht um die europäische Bankenunion. Da brauche es nun endlich Fortschritte, verlangte Paschal Donohoe, der als Chef der sogenannten Eurogruppe alle EU-Staaten mit der Gemeinschaftswährung vertritt.
Der Bankensektor stelle sich dank der bisherigen Maßnahmen als sehr widerstandsfähig dar. Daran müsse angesichts der Herausforderungen angeknüpft werden. "Vergangenen Sommer hat die Eurogruppe vereinbart, die Bankenunion zu vollenden. Ich erwarte, dass die EU-Kommission da sehr bald entsprechende Pläne vorlegen wird. Wir müssen jetzt umsetzen, was wir vereinbart haben."
Die Bankenunion könne den Unterschied bei der Stärkung des Bankensystems im Euroraum machen, so Donohoe weiter. Bisher scheiterten die Pläne zur Bankenunion am gemeinsamen europäischen Einlagensicherungssystem, gegen das sich auch Deutschland ausgesprochen hat.
Mit Informationen von Matthias Reiche, ARD-Studio Brüssel.