Jährliches Notenbanker-Treffen Alle Augen auf Jackson Hole
Von heute an treffen sich die wichtigsten Notenbanker der Welt in Jackson Hole in den USA. Börsianer hoffen auf neue Hinweise zum Kurs der Währungshüter: Hat die Zinsrally ihren Höhepunkt erreicht?
In einem kleinen Tal im ehedem Wilden Westen der USA, in den Rocky Mountains, liegt Jackson Hole - bekannt für seine Nationalparks und Wintersport. Doch einmal im Jahr wird die Einöde im US-Bundesstaat Wyoming zum wohl wichtigsten Ort der Finanzbranche.
"Da kommen alle großen und die wichtigsten Notenbanken der Welt zusammen, um über geldpolitische Strategien, geldpolitische Ausrichtungen zu diskutieren", erklärt Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel. Börsianer hätten hohe Erwartungen an das, was dort in den nächsten drei Tagen besprochen werde.
Unterschiede zwischen USA und Eurozone
Das große Thema des Treffens ist die Inflation. In den vergangenen Monaten haben die Notenbanken ihre Leitzinsen erhöht, um die Teuerung zu bekämpfen. Der Preisdruck hat deutlich nachgelassen. Doch die Folgen der schnellen Zinserhöhungen machen sich jetzt bemerkbar - wenn auch sehr unterschiedlich.
Während sich in Europa die Wirtschaft deutlich abschwächt und Deutschland in eine Rezession rutschen könnte, sind die Bremsspuren in den USA weniger stark. Zuletzt lag die Inflationsrate dort sogar bei 3,2 Prozent - also nahe des Zwei-Prozent-Ziels.
"All der Gegenwind ist noch da"
Geht also der Plan der US-Notenbank Fed auf, und eine Rezession bleibt in den Vereinigten Staaten aus? Das sei die Billionen-Dollar-Frage, sagt der US-Volkswirt Brett Ryan von Deutsche Bank Research: "Was uns überrascht hat, ist die heutige Stärke der Wirtschaft", sagt er. "All der Gegenwind, auf den wir seit Monaten hingewiesen haben, ist immer noch da. Aber die bisherige Dynamik erhöht sicherlich die Wahrscheinlichkeit einer sanften Landung."
Im Mittelpunkt der Notenbanker-Konferenz steht Fed-Chef Jerome Powell. Bereits im vergangenen Jahr gab sich Powell in Jackson Hole entschlossen und betonte einen langen Atem. Umfragen unter Ökonomen sehen den Höhepunkt der Zinserhöhungen erreicht. Powell selbst hat bislang offen gelassen, ob eine weitere Straffung ansteht oder die US-Notenbank im September eine Pause einlegen wird.
Zinspause auch in Europa?
Angesichts zuletzt schlechter Konjunkturdaten aus der Eurozone könnte auch die Europäische Zentralbank im September eine Zinspause machen, vermutet Volkswirt Mumm: "Ich denke, dass die Notenbanken von sich aus alles dafür tun, ihre Entschlossenheit zu untermauern. Das liegt daran, dass die Inflationserwartungen der wesentliche und wichtige Faktor sind, den die Notenbanken bekämpfen."
Es geht also um Glaubwürdigkeit - und die Frage, ob Investoren den Notenbanken zutrauen, für Preisstabilität zu sorgen. Ob auch von der Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, klare Aussagen zu deren weiterem Kurs kommen, sei fraglich, meint Edgar Walk, Chefvolkswirt vom Bankhaus Metzler. "Meine Erwartung ist eigentlich, dass sowohl Powell als auch Lagarde sich alle Optionen offen halten werden", mutmaßt er.
Notenbanker mit Fingerspitzengefühl
Walk erwartet eher, dass die beiden Notenbank-Chefs sagen: "'Wir schauen nur auf die Daten, wir werden jede Konjunkturzahl, jede Inflationszahl anschauen bis zur nächsten Sitzung und uns erst dann entscheiden'."
Auf die mächtigen Notenbanken wartet die nächste schwere Aufgabe. Sie müssen angesichts einer hartnäckigen Inflation ihre Politik nachjustieren - feiner und genauer -, um die Kontrolle zu behalten. Vielleicht ist die Einöde in Jackson Hole im Mittleren Westen der USA genau der richtige Ort dafür.