Nach Aktieneinbruch Warum die Credit Suisse unter Druck steht
Die angeschlagene Credit Suisse ist unter Druck geraten, weil der Großaktionär Saudi National Bank zusätzliche Unterstützung ausschließt. Die Notenbank der Schweiz bietet Stütze. Wie geht es weiter?
Was ist die Credit Suisse?
Die Credit Suisse ist eine globale Schweizer Bank und zählt zu den größten Banken weltweit. Sie bietet Dienstleistungen in den Bereichen Investmentbanking, Vermögensverwaltung und Privatkundengeschäft an und ist insbesondere für ihr Geschäft mit reichen Kunden bekannt. Die Bank hat eine lange Geschichte, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht und spielt eine wichtige Rolle in der Schweizer Wirtschaft und dem globalen Finanzsystem.
Die Credit Suisse hat aufgrund ihrer Größe und Bedeutung für die Finanzmärkte eine hohe Systemrelevanz und steht daher unter besonderer Aufsicht und Regulierung durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Finanzmarktaufsichtsbehörde Finma. Die Bank wird als "too big to fail" eingestuft, auf deutsch: "zu groß, um zu scheitern". Das bedeutet, dass eine Pleite massive Verwerfungen der Weltwirtschaft und im globalen Finanzsystem nach sich zöge. Weltweit werden 30 Banken als "too big to fail" klassifiziert.
Die Credit Suisse ist auch eine wichtige Arbeitgeberin in der Schweiz und beschäftigt weltweit Zehntausende von Mitarbeitern. In den letzten Jahren hat das Geldhaus aufgrund von Skandalen und Verlusten stark an Reputation und Marktwert eingebüßt.
Was ist gerade bei der Schweizer Bank los?
Die Credit Suisse steckt inmitten eines tiefgreifenden Konzernumbaus, der Milliarden kostet und den Abbau von 9000 Stellen umfasst. Das Ziel ist eine Bank, die sich vor allem auf das Geschäft mit Millionären und Milliardären konzentriert und nicht mehr auf das riskante Investmentbanking setzt. Doch die Bank leidet unter zahlreichen Skandalen, die das Vertrauen ihrer Kunden erschüttert haben. Insbesondere eine Spionage-Affäre im Jahr 2019 hat zu zahlreichen Rücktritten und Ermittlungen geführt.
Gestern brachen die ohnehin gebeutelten Aktien des krisengeplagten Instituts in der Spitze um mehr als 30 Prozent auf ein Allzeit-Tief von 1,55 Franken ein und zogen die Börsen weltweit ins Minus. Die Sorgen waren zunächst, dass die Schockwellen, die durch den Kollaps der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) an den Finanzmärkten ausgelöst wurden, auch die Credit Suisse treffen könnten.
Als dann auch noch der neue Großaktionär Saudi National Bank in einem Reuters-Interview ankündigte, keine frischen Mittel in die Credit Suisse einzuschießen, verschärften sich die Sorgen noch weiter. Sein Institut könne aus aufsichtsrechtlichen Gründen nicht mehr als zehn Prozent der Anteile halten, sagte Saudi-National-Bank-Präsident Ammar Al Khudairy der Nachrichtenagentur Reuters. Beschwichtigungsversuche der Konzernleitung konnten den Kursverfall der Credit Suisse nicht stoppen.
Was sind die nächsten Schritte der Credit Suisse?
Die krisengeplagte Großbank plant, sich bis zu 50 Milliarden Franken (rund 50,7 Milliarden Euro) von der Schweizerischen Nationalbank zu leihen. Das Institut gab dies in einer Ad-hoc-Mitteilung am frühen Morgen bekannt und begründete es als "entschlossene Maßnahmen zur präventiven Stärkung" der Liquidität. Die zusätzliche Liquidität würde dem Kerngeschäft und den Kunden der Credit Suisse zugutekommen und sei "vollständig durch erstklassige Vermögenswerte gesichert".
Die SNB und die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma hatten zuvor erklärt, dass sie der Bank bei Bedarf Finanzmittel zur Verfügung stellen würden. Es gebe derzeit auch keine Anzeichen für eine direkte Ansteckungsgefahr für Schweizer Institute aufgrund der Probleme der US-Banken, so die Behörden.
Zusätzlich gab die Credit Suisse bekannt, dass sie zwei Barangebote für auf US-Dollar und Euro lautende vorrangige Schuldverschreibungen im Gesamtwert von etwa drei Milliarden Franken unterbreiten wird. Bankchef Ulrich Körner betonte der Mitteilung zufolge: "Mit diesen Maßnahmen stärken wir die Credit Suisse im Rahmen unseres strategischen Wandels, um für unsere Kunden und andere Anspruchsgruppen Mehrwert zu schaffen. Wir danken der SNB und der Finma für die Umsetzung unseres strategischen Wandels."
Wie gefährlich ist die Krise bei der Credit Suisse?
Experten sagen, die Krise bei der Schweizer Großbank sei weit mehr als ein nationales Problem. Ihr Gewicht sei größer als das der mittelgroßen US-Banken, die zuvor pleitegegangen sind. Vor allem aber ist die Credit Suisse zu groß und zu eng mit der globalen Finanzwelt verflochten, um sie pleitegehen zu lassen. Eine Insolvenz hätte verheerende Folgen für das weltweite Finanzsystem und würde weitere Banken mit den Abwärtsstrudel reißen. Die Rettungsaktion der Schweizer Notenbank war daher wohlbegründet.
Andererseits sind die Probleme bei der Credit Suisse seit längerem bekannt. Es besteht also durchaus die Hoffnung, dass die aktuelle Krise weder Anleger, noch die Aufsichtsbehörden nachhaltig schockiert.
Ist die Credit Suisse ein Einzelfall?
Die Frage aber, die sich viele Beobachter stellen, ist: Stellt die Credit Suisse einen nationalen Einzelfall dar? Oder gibt es hier ein tieferliegendes globales Problem? Fakt ist: Steigende Leitzinsen verteuern ehedem günstige Kreditlinien, Zahlungsausfälle könnten sich daher häufen und schlecht aufgestellte Banken in Bedrängnis bringen - sowohl in den USA als auch in Europa.
Auch wenn die Regularien für Banken - unter anderem bezüglich der Rücklagen, die Geldhäuser bilden müssen - nach der Finanzkrise 2008 weltweit verschärft wurden, könnten hier in näherer Zukunft Probleme auftreten.