Der Bundesadler auf einer 1 Euro-Münze.
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Aus für spezielle Anleihen Bund wird Inflationsschutz zu teuer

Stand: 23.11.2023 10:47 Uhr

Deutschland zieht sich aus dem Markt für inflationsgeschützte Anleihen zurück. Für Privatanleger auf der Suche nach sicheren Anlagemöglichkeiten ist das eine schlechte Nachricht - oder etwa doch nicht?

Eine Analyse von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Langweilig und wenig renditeträchtig: dieses Image haftete inflationsindexierten Bundesanleihen lange Zeit an. Von emsigen Bankberatern mit Vorliebe als sichere Anlagen beworben, warfen sie für Anleger in Zeiten niedriger Inflationsraten nur wenig ab. Das hatte sich mit der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg jedoch schlagartig geändert. Seither schossen die Inflationsraten in Deutschland rasant in die Höhe - und machten auch die inflationsindexierte Bundesanleihe plötzlich begehrt.

Doch nun soll Schluss sein mit dem Inflationsschutz für Bundesanleihen. Wie die Deutsche Finanzagentur gestern Abend mitteilte, sollen ab 2024 keine weiteren inflationsindexierten Bundeswertpapiere neu ausggegeben oder bereits ausstehende Papiere aufgestockt werden. Bereits emittierte Papiere sollen aber weiterhin am Markt handelbar sein: Diese vier Papiere haben ein Gesamtvolumen von 66,25 Milliarden Euro, die Restlaufzeiten liegen zwischen rund 2,5 und 22,5 Jahren. Warum aber zieht der Bund jetzt ausgerechnet bei diesen speziellen Bundesanleihen die Reißleine?

Inflationsindexierte Bundesanleihen kosten Bund Milliarden

Einen Grund nannte die Finanzagentur zwar nicht - und doch liegt er auf der Hand: Der Inflationsschutz dürfte dem Bund schlicht zu teuer geworden sein. Bereits im Juni 2022 sprach Finanzminister Christian Lindner in diesem Zusammenhang von "einer Steilwand, die sich vor uns auftut" und zeigte mit dem Finger auf frühere Regierungen, die inflationsgesicherte Staatsanleihen ausgegeben hatten. "Da haben wir früher Geld mit verdient, jetzt zahlen wir Milliarden dafür."

2022 legte der Bund als Folge der hohen Inflation 2,2 Milliarden Euro zusätzlich für einen Fonds zurück, aus dem die inflationsindexierten Bundesanleihen zurückgezahlt wurden. Das geht aus einem Dokument des Haushaltsausschusses des Bundestages hervor, in das die Nachrichtenagentur Reuters Einsicht erhielt.

Wenn der Staat das Inflationsrisiko übernimmt

Woher aber kommen diese hohen Kosten? Dazu muss man verstehen, wie eine inflationsindexierte Bundesanleihe funktioniert. Im Finanzjargon werden solche Anleihen übrigens auch als "Linker" bezeichnet - kurz von "inflation-linked-bond". Dabei handelt es sich um ein hochkomplexes Finanzprodukt. Ziel ist es, dem Anleger einen fixen Realzins zu bieten. Der Realzins ist der Nominalzins abzüglich der Inflationsrate.

Dabei ist der Kupon, also der Zins der Anleihe, fix. So weit, so gewöhnlich. Doch bei einer inflationsindexierten Bundesanleihe wird der Kupon mit einem Koeffizienten multipliziert, der die Inflationsentwicklung abbildet, der sogenannten "Index-Verhältniszahl". Steigt die Inflation, wird die "Index-Verhältniszahl" größer - und damit auch die tatsächliche Zinszahlung. Bei einem Linker übernimmt also der Emittent, in diesem Fall der deutsche Staat, das Inflationsrisiko, das sonst beim Anleger liegt.

Inflationsschutz mit Haken

Doch der eingebaute Inflationsschutz hat einen Haken: Damit Linker sich lohnen, muss die tatsächliche Inflation die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer übertreffen. Nur dann machten Anleger mit inflationsgeschützten Anleihen gute Geschäfte. Liegt die Inflation unter den Erwartungen, wären klassische Anleihen die bessere Wahl gewesen.

Nach dem Aus für inflationsindexierte Bundesanleihen gibt es aber weiterhin Alternativen für Privatanleger, die auf Inflationsschutz bedacht sind. So begeben andere Länder, etwa in der Eurozone oder auch die USA, durchaus weiterhin solche speziellen Staatsanleihen. Wer also an dieser Anlageform Interesse hat, kann darauf zurückgreifen, sollte aber die speziellen Konditionen berücksichtigen.

ETF, Aktien und Immobilien als Alternativen für Anleger

Zudem gibt es aktiv gemanagte Rentenfonds, die in mehrere inflationsgeschützte Staatsanleihen weltweit investieren und so das Risiko streuen. Wer es kostengünstiger haben will, kann auch auf entsprechende ETF - etwa auf inflationsgeschützte US-Anleihen - zurückgreifen. Hier gilt es, das Währungsrisiko zu beachten.

Den perfekten Schutz vor Inflation - den bieten inflationsindexierte Anleihen aufgrund ihrer besonderen Berechnungsweise allerdings nicht. Nur unter ganz bestimmten Bedingungen lohnt sich ein Investment in dieses hochkomplexe Finanzprodukt. Wer Inflationsschutz sucht, der findet ihn auch weiterhin in realen Anlagegütern wie Immobilien und Aktien.