Brüderle legt Drei-Stufen-Plan vor FDP-Konzept soll Finanztransaktionssteuer verhindern
Kanzlerin Merkel will die Finanztransaktionssteuer notfalls nur in der Eurozone einführen. Ihr Koalitionspartner stemmt sich gegen diese Pläne. FDP-Fraktionschef Brüderle erarbeitete nun ein Gegenkonzept, das der ARD vorliegt. Kern ist eine Börsenumsatzsteuer.
Von Kerstin Lohse, RBB, ARD-Hörfunkstudio
Eigentlich wäre es an Parteichef Philipp Rösler, dem Nein der FDP zur Finanzmarkttransaktionssteuer inhaltlich etwas entgegenzusetzen. Doch es war sein Vorgänger im Bundeswirtschaftsministerium, der zur Feder griff. Bevor in Brüssel und Paris in den nächsten Tagen Nägel mit Köpfen gemacht werden, hat Rainer Brüderle, der die FDP-Fraktion im Bundestag anführt, eine Alternative zur Finanzmarkttransaktionssteuer erarbeitet: einen so genannten Dreistufenplan.
In dem Papier, das der ARD vorliegt, fordert Brüderle eine Ausweitung der britischen Wertpapierhandelssteuer und eine stärkere Regulierung des computergestützten Handels. Eindringlich warnt der FDP-Politiker davor, eine Finanzmarkttransaktionssteuer ohne die Beteiligung der Briten einzuführen. Dies hätte dem Papier zufolge eine "verheerende Wirkung" auf den Finanzplatz Europa und würde London zur Steueroase machen. Auf diese Weise würde der gemeinsame Finanzmarkt Europa gespalten.
"Gemeinsames Vorgehen entscheidend"
In dem Papier heißt es: "Die FDP-Bundestagsfraktion verneint nicht die mit einer Steuer auf Finanztransaktionen verbundenen Ziele. Auch wir wollen die Profiteure staatlicher Stützungsmaßnahmen im Finanzsektor an den Kosten beteiligen. Auch wir wollen den Missbrauch im computergesteuerten Börsenhandel endlich beenden. Daran gibt es keine Zweifel. Gleichzeitig aber wollen wir nicht mit Schrotgewehren auf Hasen schießen und damit alle Tiere aus dem Wald verjagen. Und wenn schon auf Hasen geschossen wird, dann müssen wir sie auch treffen. Das Entscheidende für Europa ist ein gemeinsames Vorgehen. Die europäischen Freunde müssen sich einig sein, gerade dann, wenn die Verweigerung des Einen den Erfolg der Anderen in Frage stellt."
Zum Ärger der FDP hatte sich Kanzlerin Angela Merkel kürzlich in Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy offen dafür gezeigt, die Steuer auf Börsengeschäfte zunächst nur in den Euro-Ländern einzuführen. Zu Brüderles Plan gehört es dagegen, die in Deutschland 2011 eingeführte Bankenabgabe auf andere EU-Länder auszudehnen. Die Lehre aus der Krise müsse die Einführung "gleicher Regeln" für alle sein.
Computergesteuerten Börsenhandel eindämmen
In dem Papier führt Brüderle aus: "Gezielte Regeln, die missbräuchliche Exzesse im computergesteuerten Börsenhandel eindämmen, nützen uns mehr als die Verlagerung der gleichen Geschäfte in nicht regulierte Länder. Und eine Bankenabgabe mit einem Bankeninsolvenzregime in allen Ländern der Europäischen Union sorgt dafür, dass wir die Eigner von Pleitebanken und die privaten Gläubiger für eigene Risiken haften lassen. Denn das ist der Grundpfeiler für eine erfolgreiche Marktwirtschaft."
Der Unterschied zwischen der Finanzmarkttransaktionssteuer und der Bankenabgabe ist der, dass die Finanztransaktionsteuer alle Finanzmarktgeschäfte erfassen würde, während die Bankenabgabe am Gewinn der Banken ansetzt. Die britische Börsensteuer wiederum berücksichtigt nur bestimmte Börsengeschäfte, dafür aber mit einem höheren Steuersatz.
Brüderle setzt auf Drei-Stufen-Plan
Brüderle geht es bei seiner Alternative zur Finanzmarkttransaktionssteuer um drei Schritte: Erstens eine Steuer auf den Wertpapierhandel nach britischem Vorbild, zweites strengere Vorgaben für den computergesteuerten Handel und drittens ein europäischer Krisenmechanismus für Banken einschließlich Bankenabgabe.
Es ist fraglich, ob Brüderles Papier bereits eine Rolle spielt, wenn am Nachmittag in Brüssel die Finanzminister der Eurozone zusammenkommen, um den EU-Gipfel zur Schuldenkrise Ende des Monats vorzubereiten. Einer jedoch dürfte den Drei-Stufen-Plan dann bereits kennen: Finanzminister Wolfgang Schäuble nämlich.